Müssen/Sollen Sport-Kommentatoren heute noch im Stadion sein? Oder geht aus Studios und Boxen inzwischen eh viel mehr? Außerdem: Quoten des Eishockey-Deutschland-Cups, der HBL im Ersten und den ATP-World-Tour-Finals in London.
Sporthighlights der kommenden Woche
- täglich: ATP World Tour Finals aus London (Day-Session 15 Uhr, Night-Session 21 Uhr. Finale Sonntag, 19 Uhr Sky)
- Montag, 20.45 Uhr: WM-Quali, Play-Off-Runde Italien-Schweden (Nitro)
- Dienstag, 20.45 Uhr: Fußball Testspiel Deutschland-Frankreich (ZDF)
- Freitag, 20.30 Uhr Bundesliga Stuttgart - Dortmund (Eurosport 2Xtra)
- Samstag, 13.30 Uhr: Fußball Premier League Arsenal - Tottenham (DAZN)
- Samstag, 15.30 Uhr Bundesliga Konferenz u.a. FC Bayern-Augsburg und Leverkusen-Leipzig (Vorberichte ab 13 Uhr)
- Samstag, 20.45 Uhr: Fußball La Liga Atletico Madrid - Real Madrid (DAZN)
Zwei Ereignisse haben die deutsche Sportproduktionslandschaft in den zurückliegenden Jahren erheblich geprägt: Der inzwischen 15 Monate zurückliegende Markteintritt von DAZN und das den «ranNFL»-Übertragungen zu Grunde liegende Konzept. Beide Projekte haben sich mit einer abgrenzenden Ansprache an das Publikum gewandt, beide zielten dabei auf eine besonders junge Zielgruppe ab. Es gibt nicht allzu viele Zahlen von DAZN, mitgeteilt wurde aber einmal in einem Interview, dass in Österreich rund zwei Drittel der DAZN-Nutzer zwischen 18 und 25 Jahren alt sind. Abgesehen von der jugendlichen Ansprache waren beide Dienste aber Vorreiter und quasi Tester im Bereich von produktionellen Dingen, wie sich dieser Tage wieder ganz gut zeigt.
Haben «ran» und DAZN etwa den Studio-Kommentar salonfähig gemacht? DAZN lässt alle seine Übertragungen vom Ismaninger Plazamedia-Gelände aus kommentieren. Das spart massiv Kosten, da keine Reisehonorare anfallen. Bei US-Sport ist das vielleicht noch verständlich, bei dem jüngst in Augsburg abgehaltenen Deutschland-Cup (Eishockey) oder der Heim-WM der Kufencracks hingegen schon weniger. Kritik gab es dafür bisher in der öffentlichen Wahrnehmung kaum. Das könnte den Rückschluss zulassen, dass es die jüngere Generation nicht mehr stört, wenn Sportinhalte-Anbieter schlicht die von Verbänden angelieferten Bilder kommentieren.
Der Trend geht vielleicht wieder ein bisschen zurück zu den Anfängen. In den 70ern und 80ern waren die großen TV-Stationen meist nur mit einer oder zwei Kameras und einem Reporter in den Stadien vertreten. Erst Leo Kirch, der einst auch die Bundesliga-Konferenz bei Premiere forcierte, gab in diesem Bereich massiv Gas. Als 2006 erstmals auch alle Zweitliga-Spiele produziert und zentral gesendet wurden (damals von Arena und von Premiere für Telekom) waren am Wochenende teils über 50 Reporter, Moderatoren und Interviewer pro Anbieter unterwegs. Jetzt sinkt die Zahl wieder, geschuldet cleveren Studio-Konzepten. DAZN ist die im Sommer versprochene Vor-Ort-Premiere nachwievor schuldig, «ran» berichtet nur bei den London-Event-Spielen (und natürlich beim Supercup) von vor Ort und auch Sky geht mittlerweile viel offener damit um, dass die Konferenz-Kommentatoren seit knapp 20 Jahren gar nicht im Stadion sitzen.
Aber es geht noch weiter: Dass Wolff Fuss im vergangenen Sommer das Champions-League-Endspiel ohne deutsche Beteiligung nur „aus der Box“ in Ismaning begleitete, war der Anfang eines Versuchs. In dieser Saison begleiten die Reporter auch die deutschen Mannschaften der Europa League nicht mehr zu den Auswärtsreisen. Vor zwei Wochen wurde sogar das aus Köln kommende Spiel, das parallel auch im Free-TV lief, nicht aus dem Stadion übertragen. Aufgefallen ist das kaum jemandem – und zumindest dem subjektiven Eindruck nach hat es in der speziellen Situation nicht geschadet. Gegner dieser Entwicklung fordern eine Vor-Ort-Präsenz auch deshalb, um die journalistische Unabhängigkeit zu sichern und auch über das berichten zu können, dass sie Hochglanzbilder der Ligen und Verbände zu verschleiern versuchen – Flitzer, Krawalle, Spruchbänder und weiteres.
Wahrscheinlich, dass sich dieser Trend noch verschärfen wird. Die ganz junge Generation ist auch amerikanischen Original-Kommentatoren viel offener eingestellt, große Ligen liefern inzwischen das Rundum-Sorglos-Paket für ihre Rechteinhaber. Interviews kann man also auch vom Verband erhalten, gibt somit aber natürlich ein Stück seiner journalistisch Hoheit auf. Ob Vor-Ort-Berichterstattung in fünf Jahren weiter die Regel oder doch eher die Ausnahme sein wird, lässt sich momentan nicht absehen. Fakt scheint zu sehen, dass eine ausschließliche Begleitung aus Kommentatoren-Boxen etliche Kilometer entfernt aber kein großer Kritikpunkt mehr sind.
Wie wichtig ist es, dass Sport-Kommentatoren wirklich vor Ort im Stadion sind?
Experiment HBL
Seit Sommer sind ARD und Sky gemeinsam TV-Partner der Handball-Bundesliga. Sky produziert alle 306 Spiele der obersten Liga und zeigt sie live. Zwölf davon bekommt die ARD, die meisten laufen allerdings „nur“ in den Dritten. Am Samstag, der Fußball-Bundesliga-frei war, nutzte der Sender den klassischen «Sportschau»-Slot, um die HBL-Partie zwischen Leipzig und den Rhein Neckar Löwen in voller Länge zu zeigen. Ab 18.10 Uhr kam das Match im Schnitt auf 1,59 Millionen Zuschauer. Man hat somit keine Bäume ausgerissen. Denkt man an die Zuschauerzahlen, die König Fußball sonst zu dieser Zeit holt, erscheint der Erfolg gar winzig zu sein. Aber: Bedenkt man, dass die HBL früher bei Sport1 im besten Fall auf etwa eine halbe Million Fans kam, ist dies schon eine beachtliche Steigerung.
Die Zuschauerzahlen bei solchen Sportarten explodieren eben nicht, nur weil es einmal einen starken Sendeplatz gibt. Wenn Das Erste mit Kontinuität weitermacht, können sie aber steigen. Denn: Dass Handball auf großes Interesse stoßen kann, beweist der Sport regelmäßig bei Europa- und Weltmeisterschaften. Am Samstag holte man sich mit 7,2 Prozent insgesamt und 5,4 Prozent eine leicht blutige Nase.
Quoten-Error
Keine Zahlen gibt es derweil vom WM-Quali-Play-Off-Hinspiel zwischen Schweden und Italien, das am Freitagabend um 20.45 Uhr ausgetragen wurde. DAZN hielt die Exklusiv-Rechte und der Streaming-Dienst veröffentlicht bekanntlich keine Nutzerzahlen. Nitro, das das Rückspiel am Montagabend zeigen darf, sollte aber vielleicht schon mal den Sekt kalt stellen. Italien, das ein Tor zurückliegt, dürfte am Abend viele Fans ziehen…
Puck-Sport
In Augsburg fand am Wochenende der Deutschland-Cup statt – mit durchaus überraschendem Ausgang: Nach zwei klaren Niederlagen gegen Russland und die Slowakei siegte Deutschland am Sonntag gerade gegen die eigentlich starken Amerikaner und wurden somit in eigener Halle Dritter. Das Turnier war ein wichtiger Test rund drei Monate vor den Olympischen Winterspielen. Sport1 und DAZN übertrugen live. Die Zuschauerzahlen waren aber sehr überschaubar: Am Freitagabend sahen zur Primetime rund 100.000 Menschen zu, am Samstagnachmittag stieg die gemessene Zuschauerzahl unwesentlich auf etwa 130.000. Stärkster Wert: Der vom Sonntag. Den Sieg gegen die USA wollten ab 16.40 Uhr 0,22 Millionen Leute ab drei Jahren sehen. Sport1 punktete immerhin bei allen Zuschauern mit 0,9 Prozent, musste beim jungen Volk aber 0,4 Prozent schlucken.
Die besten 8…
…der Herren-Tennis-Gilde (die momentan nicht verletzt sind), treffen seit Sonntag in London aufeinander um die Finals der ATP World Tour zu spielen. Ab 21.15 Uhr hatte der deutsche Vertreter Alex Zverev die Ehre mit Marin Cilic. Nach starkem ersten und schwachen zweiten Satz entwickelte sich das Spiel vor allem im dritten Satz zum echten Krimi – und war somit ein echtes Tennis-Highlight. Bei Sky Sport2 kam die von Stefan Hempel kommentierte Übertragung im Schnitt auf 60.000 Zuschauer und somit ein ordentliches Ergebnis. 0,2 Prozent wurden insgesamt ermittelt, 0,3 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen.
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