Den Weg zurück ins Programm gefunden hat bei Sat.1 die nächtliche «Dinner Party». Erleichtert darüber ist Good-Times-Chefin Sylvia Fahrenkrog-Petersen. Mit uns spricht sie über die wieder anlaufende Produktion der Sendung, kündigt neue Gastgeber an und kritisiert den immer größer werdenden Quotendruck der Branche.
Zur Person: Sylvia Fahrenkrog-Petersen
Seit 1998 ist Sylvia Fahrenkrog-Petersen die Geschäftsführerin und leitende Produzentin bei der Good Times Fernsehproduktions-GmbH. Nach dem Kommunikations-Studium an der Hochschule der Künste in Berlin arbeitete die heutige «Trödeltuppp»-Macherin zunächst bei «Ilona Christen» und «Fliege» (1993 – 1997) sowie bei «Schreinemakers Live» (Sat.1 von 1994-1996). Später war die Good-Times-Gründerin mehrere Jahre RTL-Redaktionsleiterin von «Mein Morgen» sowie Casting Executive bei RTL und ProSieben. Im Jahr 2000 wurde der Firmensitz von Berlin in die TV-Metropole Köln verlegt.
Frau Fahrenkrog-Petersen, was passiert in der neuen «Dinner Party»?
Wir sprechen über die Ernährung der Zukunft. Wir haben einen Professor der Universität Maastricht zu Gast, der Fleisch quasi im Labor entwickelt. Er hat eine Probe davon mitgebracht. Unsere Moderatorin Marlene Lufen kann schon etwas probieren – sogar roh. Selbst diese kleinste Menge hat den stolzen Wert von ungefähr 1000 Euro!
Und sie lebt noch?
Ja, sie hat sogar gesagt, dass das eigentlich wie normales Fleisch schmeckt. Grundsätzlich ist es ja unsere Idee, in der «Dinner Party» auch immer wieder über Themen zu sprechen, die sich mit der Zukunft unseres Lebens befassen. Und da ist die Frage der Ernährung ganz wichtig. Klar ist ja, dass wir so wie jetzt nicht weiter machen können. Sie brauchen unfassbar viel Energie, um alleine ein Kilo Rindfleisch zu erzeugen. Welche Alternativen haben wir? Da gibt es zum Beispiel auch die Möglichkeit, sich von Insekten zu ernähren. Lupinen sind ein großes Thema.
Sie sprechen es an: Das Format läuft als Drittsendelizenz und soll sich natürlich ungewöhnlichen Themen widmen.
Genau darum geht es. Vergangene Woche ging es um Körperkult und die Entwicklung dessen. Wir wollen mal über die Kleidung der Zukunft sprechen und ich kann mir auch gut vorstellen, dass Fake-News und der Umgang damit uns häufiger beschäftigen werden. Was kann man denn alles glauben? Was ist eine Nachricht, was nicht? Wie kann ich prüfen, ob es stimmt, wenn sich jetzt immer mehr Männer melden und sagen, sie seien von Kevin Spacey belästigt worden? Die Kommunikation der Zukunft hat begonnen und sie wird sich von der der Vergangenheit unterscheiden.
Welche Rolle spielt Marlene Lufen in Ihrem Konzept. Sie sind ja thematisch unabhängig von Sat.1, haben mit ihr aber eine sehr populäre Sat.1-Moderatorin als Gesicht gewählt.
Marlene macht ihre Sache als Moderatorin großartig. Aber wir werden in den neuen Folgen auch andere Gesichter ausprobieren. Das geht gar nicht anders. Marlene macht noch das «Frühstücksfernsehen», will auch mal Urlaub haben. Das war immer so geplant.
Wie konkret sind da die Planungen?
Momentan laufen ja noch die neuen Folgen aus dem Archiv, die also schon produziert sind, dann aber wegen des Ausstrahlungs-Stopps nicht mehr gezeigt wurden. Bei uns im Hintergrund läuft die Produktion jetzt wieder an. Und da sprechen wir über mögliche Themen wie auch neue Moderatoren.
Manche sagen, so eine Drittsendelizenz ist ein bisschen wie eine Lizenz zum Gelddrucken. Der Auftrag ist Ihnen jetzt sicher. Wieso sind Sie jetzt doch eine Befürworterin von solchen Drittsendelizenzen?
Weil man einfach auch mal Themen machen kann, die nicht dem Quotendruck unterliegen. Im Privatfernsehen geht es nur um Quote. Das ist okay. Aber man kann ja an keiner Stelle mehr wirklich etwas ausprobieren. Wenn etwas nicht sofort greift, wirst du abgesetzt. Natürlich haben wir auch bei der «Dinner Party» das Ziel, möglichst hohe Marktanteile zu holen. Ich will ja nicht bei 1,9 Prozent dahin senden.
Wie ist da Ihr Ziel?
Vergangene Woche hatten wir sechs Prozent, das Vorprogramm etwas mehr als sieben. Das finde ich schon okay. Generell wollen wir aber natürlich zehn Prozent holen.
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Konzeptuell geht es um einen Spagat: Die Landesmedienanstalten wollen Sendungen, die Information und Kultur verbinden, auf der anderen Seite muss das Format ja ins Sat.1-Programm passen. Denn: Sat.1 hat ja ein Vorschlagsrecht, wer die Lizenz letztlich bekommt. Das muss die Landesmedienanstalt nicht mitgehen, kann sie aber.
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Sylvia Fahrenkrog-Petersen, Chefin der Produktionsfirma Good Times
Sie haben als Firma viel investiert, um den Auftrag überhaupt zu bekommen. Zeit, Geld, Ideen, Liebe, Mühe…
Man investiert wirklich unfassbar viel, wenn man so ein Konzept schreibt. Da geht es übrigens nicht nur um die Idee an sich. Man muss kalkulieren, man muss ein polizeiliches Führungszeugnis abgeben, man muss sogar dafür zahlen, dass man die Konzepte einreichen darf. Diese Bewerbung ist wirklich sehr anspruchsvoll. Konzeptuell geht es um einen Spagat: Die Landesmedienanstalten wollen Sendungen, die Information und Kultur verbinden, auf der anderen Seite muss das Format ja ins Sat.1-Programm passen. Denn: Sat.1 hat ja ein Vorschlagsrecht, wer die Lizenz letztlich bekommt. Das muss die Landesmedienanstalt nicht mitgehen, kann sie aber. Die Landesmedienanstalt will etwas, das sich eher vom Programm abhebt, Sat.1 natürlich etwas, das passt.
Dann hatten Sie den Zuschlag und nach wenigen Folgen flog die Sendung wieder aus dem Programm, weil Sat.1 Einspruch gegen den Beschluss einlegte. War das der Worst Case für Sie?
Total. Das war ein unfassbarer Schock, ein finanzielles Desaster. Wenn Factual Programme hergestellt werden, dann produziert man die Beiträge, wenn die Aufträge fix auf dem Tisch sind. Wir haben ja ein Studio gebaut – das ist schon etwas anderes. Studios rechnen sich in Kalkulationen vielleicht mal nach einigen hundert Folgen, aber nicht nach 20. Für uns als Firma war das ein riesiges Problem. Umso froher sind wir, dass die Produktion jetzt wieder anläuft.
Vermutlich ist es auch für die Redaktion wichtig, dass man sich jetzt in Ruhe mit den Themen auseinandersetzen und Kreativität walten lassen kann?
Natürlich. Sonst gibt es das ja nicht mehr. Das ist nicht mehr wie früher. Sobald man mal drei oder vier schlechte Quoten in Folge holt, steht man auf der Abschussliste. Ich halte das übrigens oft für falsch.
Warum passiert das? Machen die Media-Agenturen so großen Druck?
Es geht bei Sendern sehr viel um den Tagesmarktanteil. Der soll ja in einem gewissen Rahmen liegen. Schauen Sie sich an, was man zuletzt von ProSiebenSat.1 gehört hat. Da liegen die Werbebuchungen unter den Erwartungen, da stehen dann plötzlich alle unter Druck.
Das gilt auch für Ihr «Trödel-Duell» am Nachmittag bei RTL II.
Ich habe das dem Sender erst kürzlich gesagt. Ich weiß noch, wie «Mein Kind, dein Kind» bei VOX anfangs wacklige drei Prozent geholt hat. VOX hat an der Sendung festgehalten, sie ist jetzt zu einem absoluten Hit geworden. Man sieht, dass manche Ideen einfach Zeit brauchen.
Unter diesem stetigen Druck kann also quasi Kreativität gar nicht mehr gut entstehen? Braucht man da heute vielleicht sogar Sendeflächen wie die der Drittsendezeiten?
So krass würde ich das nicht ausdrücken. Es gibt schon noch Kreativität im deutschen Fernsehen. Wir haben gute Programme. Nur neue Ideen haben es heute einfach schwerer als früher.
Danke für das Gespräch.
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