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Große Klassiker auf kleinem Sender: Was macht RTLplus mit seinen Gameshows?

Gleich zweieinhalb Stunden frisches Material von mittlerweile fünf Formaten zeigt der kleine Spartensender seit neuestem täglich - und muss sich dennoch häufig dem Vorwurf der Kritikresistenz stellen. Wo punkten die alten Shows in neuem Gewand, wo gibt es Verbesserungsbedarf?

Entwicklung der RTLplus-MAs

  • ab 3: 0,4% -> 0,9% -> 1,0% -> 1,1%
  • 14-49: 0,5% -> 0,9% -> 0,7% -> 0,9%
In Fünf-Monatsschritten: Juli 2016 -> November 2016 -> April 2017 -> September 2017
Auch gut ein Jahr nach dem Sendestart tut sich RTLplus über weite Programmstrecken schwer, fernab der Dauerrotation zum Teil uralter Gerichts- und Ermittlerdokus wirkliche Akzente zu setzen, die dem kleinen Retro-Sender so etwas wie ein scharfes eigenes Profil verpassen. Während besagte Formate eher dazu dienen, mit kleinem Geld möglichst große und vor allem leichte Quotenerfolge zu erzielen, die immerhin bislang für monatelange Stabilität nach dem kometenhaften Wachstum unmittelbar nach der Wiedergeburt der Marke garantieren (siehe Infobox), soll die inzwischen fünfköpfige Gameshow-Familie vor allem für die positive Außenwirkung sorgen - als reine Abspulstation billigen Ramschfernsehens will man RTLplus ja auch nicht unbedingt im Markt platziert haben. Doch wenngleich die Existenz von «Familien Duell», «Ruck Zuck», «Jeopardy!», «Glücksrad» und seit neuestem ja auch wieder «Der Preis ist heiß» generell sehr löblich ist, gab es einige Schwachpunkte in dieser Schiene, an denen schon geschraubt wurde. Und andere Schwachpunkte, an denen man Hand anlegen sollte.


Nach großer Verschwendung: RTLplus kippt die Doppelfolgen


Die augenscheinlichste Veränderung: Keines der Formate läuft mehr in Doppelausstrahlungen - eine Programmplanung, die nur noch diejenigen überraschen dürfte, die zuletzt vor einigen Monaten eingeschaltet hatten, als letztmals neue Folgen ausgestrahlt wurden. Mit Reruns war der Sender nämlich schon zuletzt so vorgegangen, dass er alle vier bereits bekannten Neuauflagen hintereinander zeigte, das mit 50 Minuten Sendezeit ungewohnt lange «Der Preis ist heiß» markiert um 17:45 Uhr nun mehr den Auftakt der Show-Schiene. Zu einem Ausbau von selbiger kommt es allerdings streng genommen trotzdem nicht, denn alle vier 25-Minütiger warten im dritten Anlauf nur noch mit 45 statt 60 neuen Folgen auf - womit letztlich der Sendeumfang von «Der Preis ist heiß» 1:1 kompensiert wird.

Und doch dürften sich die Vorabende bei RTLplus ein wenig bunter und abwechslungsreicher darstellen als zuletzt, denn aufgrund der etwas seltsam anmutenden Doppelfolgen liefen zuvor "nur" jeweils zwei Formate, deren prinzipiell recht hohe Folgenzahl folglich schon nach sechs Wochen erschöpft war. Weiteres Problem: Wirklich feste Sehgewohnheiten konnten sich zumindest bei denjenigen Zuschauern, die nicht alle Sendungen sehen wollten, kaum entwickeln, da immer wieder durchgewechselt und mitunter sogar die Startzeit geändert wurde. Dagegen besteht nun eine gute Möglichkeit, folgendes Programmschema längerfristig zu etablieren:
17:45 Uhr: «Der Preis ist heiß»
18:35 Uhr: «Jeopardy!»
19:00 Uhr: «Familien Duell»
19:25 Uhr: «Ruck Zuck»
19:50 Uhr: «Glücksrad»

Aus Zuschauersicht wünschenswert wäre nun sicherlich noch eine erhöhte Schlagzahl bei der Produktion neuer Folgen, um nach den nun folgenden neun Wochen mit (zumindest überwiegend) neuem Stoff nicht wieder allzu großen Leerlauf überstehen zu müssen, der nur mit Wiederholungen gefüllt wird. RTLplus setzt hier allerdings offensichtlich eher auf Expansion an Formaten und täglicher Gameshow-Sendezeit - was insofern überrascht, dass man mit den Richtern und Staatsanwälten am Nachmittag und frühen Vorabend bislang eigentlich sehr ordentlich gefahren war.


Mickrige Gewinnsummen: Ein Spannungshemmnis?


Immer wieder mal zur Debatte stehen die möglichen Gewinne, die auf die Kandidaten im Falle eines Sieges stehen - insbesondere «Ruck Zuck» knausert hier mit im Bestfall im Rahmen einer normalen Ausgabe gerade einmal 2.400 gewinnbaren Euros doch arg, zumal häufig noch nicht einmal vierstellige Summen erreicht werden und der Gewinn auf fünf Köpfe aufgeteilt werden muss. Reich kann man aber bei keiner der Sendungen werden, wenngleich neben «Ruck Zuck» auch das «Familien Duell» zumindest im unwahrscheinlichen Fall von sechs- bzw. fünfmaligen Siegen in Folge eines Teams fünfstellige Summen bereithält. Und bei «Der Preis ist heiß» gibt es unter anderem mit Reisen, Autos und Motorrädern potenziell sehr attraktive Sachpreise zu gewinnen - in der Mehrzahl der Fälle aber eben auch nur in der Theorie.

Neben der wirtschaftlichen Frage für einen kleinen Spartensender irgendwo im Sender-Wirrwarr stellt sich für den Zuschauer aber auch die Frage, ob die Attraktivität der Kandidaten-Gewinne nicht eher von sekundärer Relevanz ist. Und auf diese Frage gibt es erfahrungsgemäß sehr unterschiedliche Antworten: Ein Teil der Zuschauerschaft argumentiert dahingehend, dass erst bei wirklich nennenswerten Preisen so richtig Spannung aufkommen möchte - und blickt man etwa bei «Ruck Zuck» in die Gesichter einiger Finalisten, die sich über den "supertollen Gewinn" von 300 Euro (durch fünf wohlgemerkt) begeistert zeigen sollen, gibt es zumindest angesichts dieses Extrems schon das eine oder andere Argument für diese Sichtweise. Andererseits zeigt etwa der Erfolg von «Wer weiß denn sowas?» im Ersten, dass eine Quiz- und Spielshow auch ohne jede Protzerei funktionieren kann. Immerhin ist bei Kai Pflaume schon ein dreistelliger Pro-Kopf-Gewinn eine Seltenheit - auch wenn da meist mehr Köpfe gewinnen als bei RTLplus.

Welche der fünf Neuauflagen seht ihr euch bei RTLplus am liebsten an?
«Der Preis ist heiß»
51,7%
«Jeopardy!»
10,7%
«Familien Duell»
14,5%
«Ruck Zuck»
17,7%
«Glücksrad»
5,3%


Müssen es immer RTL-Gesichter sein?


Schwerer wiegt da wohl letztlich schon die Moderationsfrage, immerhin sind sämtliche Sendungen mit mehr oder minder omnipräsenten RTL-Namen besetzt - was bei «Ruck Zuck» etwa recht gut funktioniert, da Oliver Geissen mit seiner locker-wurschtigen Moderationsweise dem Stil eines Jochen Bendels relativ nahe kommt, bei Inka Bause als «Familien Duell»-Moderatorin schon weitaus ärgerlicher wird und seinen traurigen Tiefpunkt bei Jan Hahn als «Glücksrad»-Moderator erreicht. Letzterer fühlt sich auch nach zwei Staffeln noch immer so richtig unwohl (oder vermag es eben einfach nur sehr gut, sich seine Freude an der Präsentation der Sendung nicht anmerken zu lassen), wirkt desinteressiert an den Kandidaten und hölzern im Zusammenspiel mit Buchstabenfee Isabel Edvardsson. Bei allem Verständnis dafür, dass man vor allem die latent unterbeschäftigten Sendergesichter etwas mehr in Szene setzen möchte, stellt sich gerade in der Causa Hahn die Frage, ob man wirklich an jeder Besetzung derart eisern festhalten muss.

Immerhin: Gänzlich beratungsresistent ist man bei RTLplus nicht, wie die eine oder andere Modifikation am «Glücksrad»-Konzept im Rahmen der zweiten Staffel bereits zeigte: Die äußerst spröde daherkommenden interaktiven Elemente zu Beginn einer Folge hat man reduziert, das beliebte Kreuzworträtsel zurückgeholt (mehr dazu im Interview mit Senderchef Jan Peter Lacher). Und vor allem ist man darum bemüht gewesen, den Charme des 90er-Jahre-Originals in die heutige Zeit zu transferieren - etwa durch höchstens minimal veränderte Show-Abläufe oder außer beim «Glücksrad» etwa auch durch das Festhalten an altbekannten Kult-Jingles. Was für einen Retro-Sender nicht die schlechteste Entscheidung ist, insbesondere eingedenk zahlreicher und meist gescheiterter Versuche, ein funktionierendes Konzept über den Haufen zu werfen, um sich kreativ auszutoben.

Insofern sollten Gameshow-Fans mit leichtem Hang zur Nostalgie dann wohl auch in erster Linie dankbar sein, dass sich ihrer Bedürfnisse überhaupt ein Sender angenommen und mehrere sehenswerte Formate auf die Beine gestellt hat - insbesondere nach dem Scheitern des allerdings auch arg halbherzigen Versuchs, die Shows am Wochenende auch im Hauptprogramm an den Mann zu bringen, hätte es nicht verwundert, wenn RTLplus auf diese vergleichsweise kostspieligen Projekte verzichtet hätte, statt noch eine weitere Sendung zu revitalisieren. Aber noch drei weitere Uralt-Courtshows mehr wollte man wohl auch dem eigenen Image dann doch nicht antun...
18.10.2017 15:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/96473
Manuel Nunez Sanchez

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Tags

Der Preis ist heiß Familien Duell Glücksrad Jeopardy! Ruck Zuck Wer weiß denn sowas?

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Es gibt 7 Kommentare zum Artikel
Florence
20.10.2017 16:24 Uhr 5

Natürlich wird es irgendwelche Zuschauer geben, die einfach laufen lassen, weil man Hintergrundberieselung braucht, aber wenn wir jetzt von Zuschauern sprechen, die durchaus bewusst an dem interessiert sind was man schaut, glaube ich nicht wirklich, dass man so fixiert auf einen Sender ist, sondern sich eben danach richtet, wo das gewünchte Programm läuft und dann einschaltet.
Vittel
20.10.2017 16:35 Uhr 6
Ich tue mich ein bisschen schwer mit der Vorstellung, dass Leute wirklich aktiv von Gameshow zu Verdachtsfälle zu Auf Streife usw. schalten. Aber ich bin da vermutlich mittlerweile viel zu weit um das beurteilen zu können.
Florence
20.10.2017 16:42 Uhr 7

Ich kann dir nicht so ganz folgen, was du hier versuchst zu veranschaulichen?



Jemand der die Daytime auf Sat. 1 gern schaut, muss natürlich nicht zwangsläufig ein Zuschauer sein, der gezielt Inhalte schaut, aber das war doch auch gar nicht meine Aussage?



RTL Plus ist ein Nischensender, wo sicherlich einige Zuschauer gezielt für 1-2h Gameshow mal einschalten. Dass macht den Sender nicht wichtiger als er ist, aber das hängt doch allein von einem selbst ab. Stören tut er zumindest nicht und solange damit das Gesamtangebot an Inhalten gesteigert wird, kann so was doch nur gut für den Zuschauer sein.
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