Eine düstere Zukunftsvision, ein klares Filmgimmick und sieben Mal Noomi Rapace: Das ist «What Happened To Monday?» …
Filmfacts «What Happened To Monday?»
- Regie: Tommy Wirkola
- Produktion: Raffaella De Laurentiis, Fabrice Gianfermi, Philippe Rousselot
- Drehbuch: Max Botkin, Kerry Williamson
- Darsteller: Noomi Rapace, Willem Dafoe, Glenn Close, Marwan Kenzari, Pål Sverre Hagen, Tomiwa Edun, Stig Frode Henriksen, Santiago Cabrera, Robert Wagner, Vlad Rădescu
- Musik: Christian Wibe
- Kamera: José David Montero
- Schnitt: Martin Stoltz
- Laufzeit: 124 Minuten
- FSK: ab 16 Jahren
Lange nicht mehr gesehen: Um den letzten Kinofilm von Regisseur Tommy Wirkola zu finden, muss man bis ins Jahr 2013 zurückgehen. Damals sorgte seine augenzwinkernde 3D-Gaudi «Hänsel & Gretel: Hexenjäger» für feistes Grinsen in der Spaßhorror-Fangemeinde sowie für irritiertes Kopfschütteln des Massenpublikums und für Fremdscham bei Hauptdarsteller Jeremy Renner. Ein Jahr später reichte der Norweger die Zombiesplatterkomödie «Dead Snow: Red vs. Dead» nach, der hierzulande aber bloß ein Dasein als DVD-Premiere fristete. Mit «What Happened To Monday?» kehrt der Regisseur nicht nur auf die große Leinwand zurück, sondern präsentiert erstmals einen ernstgemeinten Stoff. So im Ansatz, zumindest. Denn diese dystopische Sci-Fi-Geschichte nimmt eine finstere Zukunftsvision, ein schauspielerisches Gimmick, solide gemachte Action und eine Prise Humor, um sie zu einem sonderbaren Ganzen zu vermischen, das nicht ganz rund abgestimmt ist, wohl aber seinen nischigen Charme mitbringt.
In einer nicht ganz so fernen Zukunft herrscht dramatische Überbevölkerung. Doch die Politik hat eine Lösung gefunden, um dem Problem Herr zu werden – selbst wenn es ein radikaler Ansatz ist: Sie drückt eine strenge Ein-Kind-Politik durch. Für deren Verfolgung ist das sogenannte Kinder-Zuteilungsbüro unter der Leitung der kompromisslosen Nicolette Cayman (Glenn Close) zuständig. Familien, die Geschwister unter den strengen Augen des Staates durchzumogeln versuchen und auffliegen, müssen eine schwere Entscheidung fällen: Nur ein Kind darf weiter seinem Leben nachgehen – das andere wird / die anderen werden in einen Cyroschlaf versetzt, um vollkommen passiv auf die Lösung der Hungers- und Energienot zu warten.
Als ein Freidenker (Willem Dafoe) unverhofft Großvater von Siebenlingen wird, denkt sich dieser jedoch einen Weg aus, das System auszutricksen: Seine sieben Enkelinnen teilen sich in der Öffentlichkeit die Identität der Karen Settman (Noomi Rapace), in der Sicherheit der eigenen vier Wände dürfen sie hingegen all ihre Unterschiede ausleben. Das geht jahrzehntelang gut, bis eine der sieben Schwestern an "ihrem Tag" nicht heimkehrt …
«What Happened To Monday?» verfolgt zwei Grundideen. Einerseits geht es um die Frage, wie eines Tages mit Überbevölkerung umgegangen werden könnte. Das Drehbuch von Max Botkin und Kerry Williamson entwirft die im Film geschilderte Lösung als Auswuchs einer diktatorischen Regierung, als herrischen Ansatz, der Leben zerstört. Gleichwohl streut das Autoren-Duo einzelne Pro-Argumente hinein, um diese thematische Basis seines Films auszuarbeiten und nicht als eindimensionales Schreckensszenario dastehen zu lassen. So darf eine der Schwestern den Gedanken, Teilen der Bevölkerung ein künstliches Koma anzubieten, um opferfrei die Überbevölkerung zu regulieren, verteidigen; ebenso bekommt die frostige Nicolette Cayman neben ihren Schurkenmonologen auch die Gelegenheit, ein paar drängende Fragen über Verantwortung aufzuwerfen.
Generell ist diese Zukunftsvision trotzdem eher der Hintergrund für Gimmick Nummer zwei: «Verblendung»-Star Noomi Rapace spielt Sieblinge, die aufgrund des Umstands, Siebenlinge zu sein, gejagt werden. Dass wohl der Wunsch, die Protagonisten nach Wochentagen zu benennen und sie die Woche unter sich aufteilen zu lassen, Vater des konzeptuellen Gedanken war, zeigt sich daran, dass die Schwestern untereinander ungleichmäßig intensiv charakterisiert werden. Manche von ihnen sind bloße Abziehbildchen, die sich durch ihr aufgesetztes Kostüm und Rapaces Stimmfarbe charakterisieren, andere sind runde Persönlichkeiten mit Stärken und Macken sowie Facetten, die sich teilweise beißen und so für eine glaubwürdigere Charakterzeichnung sorgen. Rapace tut ihr Bestes, diese sieben Figuren durch Mimik und Haltung voneinander zu trennen, und verbunden mit der nahtlosen Schnitt- und Kompositionsarbeit halten sie und ihr Regisseur die Illusion, es hier mit sieben eineiigen Schwestern zu tun zu haben, durchweg aufrecht.
Durch die Streitgespräche der Schwestern stößt das Autorendoppel Gedanken zum Spannungsfeld zwischen Individualität und Selbstlosigkeit sowie Uniformität und Gemeinschaftlichkeit an, was auch relativ verlässlich über die weit im Voraus telegrafierten Twists hinwegzutäuschen vermag. Dennoch kann Tommy Wirkola nicht aus seiner Haut: Einen Großteil des Films widmet er dem Kampf der Schwestern gegen die Agenten des Kinder-Zuteilungsbüros. Diese Actionszenen sind fachmännisch inszeniert und mit einigen prägnant eingesetzten Gewaltspitzen versehen, wenngleich die Kampfchoreografie zuweilen jegliche Logik über Bord wirft: Erfahrene Soldaten tappen in offensichtliche Fallen und haben keinerlei Sinn für Taktik, all dies zum Wohle temporeicher Action.
Als mittelgroße Sci-Fi-Nischenware irgendwo zwischen "smart, aber nicht ganz durchdacht" und "hohl, aber mit guten Einfällen" ist «What Happened To Monday?» dennoch eine charmante Anomalie. Die Seele des Ganzen sind angesichts der dezent überdehnten Haupthandlung jedoch die Rückblenden mit Clara Read als junges Schwestern-Septett und Willem Dafoe in einer seiner raren feinfühligen Performances.
«What Happened To Monday?» ist ab sofort in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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12.10.2017 19:22 Uhr 1