Cast & Crew
Produktion: Universal Television und Wolf Films
Schöpfer: René Balcer
Darsteller: Edie Falco, Anthony Edwards, Gus Halper, Miles Gaston Villanueva, Julianne Nicholson, Constance Marie, Carlos Gómez u.v.m.
Executive Producer: René Balcer, Dick Wolf, Peter Jankowski und Arthur W. ForneyDie
True-Crime-Welle in den amerikanischen Medien, angestoßen durch Sarah Koenigs beeindruckenden Podcast „Serial“ und Netflix‘ «Making a Murderer», ist weitgehend ungebrochen. In dieser Season will auch NBC einen historischen Stoff in dieser Weise erzählen und wiederbelebte dafür, eigentlich folgerichtig, Dick Wolfs «Law-and-Order»-Franchise.
Die titelgebenden «Menendez Murders» sind einem (ausreichend alten) amerikanischen Publikum aus den 90er Jahren durch die breite damalige Boulevardberichterstattung noch dunkel im Gedächtnis, allerdings weit weniger gegenwärtig als der O.J.-Simpson-Prozess aus derselben Zeit, den FX in der ersten Staffel von «American Crime Story» im
True-Crime-Genre umsetzte.
José Enrique Menéndez war ein erfolgreicher Manager in der Unterhaltungsbranche. Im August 1989 wurden er und seine Frau Kitty von ihren Söhnen Lyle und Erik mit Schrotflinten erschossen. Beide Brüder sitzen bis heute in kalifornischen Haftanstalten; das Urteil der letzten Instanz auf Bundesstaatenebene fiel in der Sache erst knapp zehn Jahre später im Jahr 1998.
“Guns, pills and money. What could possibly go wrong here?”, analysiert einer der fatalistisch gewordenen
Detectives im opulenten Mordhaus in einer der reichsten Wohnsiedlungen Amerikas den Fall in der ersten Hälfte der Pilotfolge. Der Tote ein wohlhabender Mann in einem exponierten Gewerbe, seine bis zur Unkenntlichkeit zerschossene Frau so depressiv, dass im Bad das ganze Medizinschränkchen mit Antidepressiva und angstlösenden Pillen vollgestopft ist. Die Söhne wirken bei der ersten Befragung zwar völlig aufgelöst und halten eine mitgenommene Rede vor der Belegschaft des Vaters, verbringen dann ihre Zeit aber damit, im großen Stil teure Uhren und Armani-Anzüge über dessen Firmenkreditkarte einzukaufen.
Zwischengeschnitten wird bereits das Schlussplädoyer von Lyles und Eriks Verteidigerin Leslie Abramson (eine Idealbesetzung: Edie Falco), die darauf abstellt, die Jungen seien vom Vater über viele Jahre misshandelt und missbraucht worden, und hätten ihn nur aus Angst umgebracht.
Da sich auch für diejenigen Zuschauer, die den Fall nicht einmal (mehr) in vager Erinnerung haben, die (tatsächliche) Auflösung in wenigen Sekunden ergooglen lässt, macht es durchaus Sinn, im Erzählrhythmus auf eine strikte Chronologie zu verzichten. Dennoch wirkt die starke Verschachtelung der Zeitebenen oft unangenehm hektisch und nimmt – gerade hinsichtlich der Psychologie der beteiligten Figuren/Personen – unnötig viel vorweg. Dass einige Szenen und Charaktere stark verändert oder gänzlich „hinzugefügt“ worden sind, stellt schon ein üblicher Disclaimer zu Beginn des Piloten klar.
Bis auf wenige Archivaufnahmen aus der damaligen Berichterstattung der südkalifornischen NBC-Lokalstation KNBC 4 setzt «The Menendez Murders» ausschließlich auf nachgestellte Szenen. Aus FX‘ «American Crime Story» über den Mordprozess gegen O.J. Simpson ist bekannt, dass es sich dabei im Prinzip um eine bewährte Erzählstrategie handelt. Dem Stoff von «Law and Order True Crime» fehlt es jedoch nicht nur an einer übergeordneten politischen oder gesellschaftlichen Relevanz, sondern auch an einer sinnigen Introspektion der Figuren. Zu viele konkrete Handlungsmotive bleiben im Diffusen, zu viele Interpretationen sind oberflächliche Küchenpsychologie. So bleibt der große Wurf –
True Crime in einer sinnigen Symbiose mit dem vielleicht etwas altmodischen, aber stilsicheren «Law and Order» – leider aus, und der im Prinzip interessante Versuch wird unspektakuläres Regelfernsehen.
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11.10.2017 11:29 Uhr 1