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«Cars 3 – Evolution»: Pixar mit angezogener Handbremse und stotterndem Motor

Der dritte Teil der «Cars»-Reihe lief für eine Pixar-Produktion ungewöhnlich schwach an den weltweiten Kinokassen. Und auch qualitativ ist dieser Trickspaß weit hinten im Feld zu verordnen.

Filmfacts «Cars 3 – Evolution»

  • Regie: Brian Fee
  • Produktion: Kevin Reher
  • Drehbuch: Kiel Murray, Bob Peterson, Mike Rich
  • Story: Brian Fee, Ben Queen, Eyal Podell, Jonathan E. Stewart
  • Musik: Randy Newman
  • Kamera: Jeremy Lasky, Kim White
  • Schnitt: Jason Hudak
  • Laufzeit: 109 Minuten
  • FSK: ohne Altersbeschränkung
Die neuste Produktion aus dem Hause Pixar ist von Verleugnung durchzogen. Obwohl der computeranimierte Rennsportfilm der Macher hinter solchen Filmen wie «Toy Story», «Ratatouille» und «Alles steht Kopf» bereits die zweite Fortsetzung des 2006 veröffentlichten Kassenerfolgs «Cars» ist, deutet allein der Filmtitel auf diesen Umstand hin. «Cars 2» ist nie geschehen. Es gibt keine inhaltlichen Verbindungen zur von Kritikern in der Luft verrissenen Agentenkomödie, selbst beiläufige Referenzen müssen mit der Lupe gesucht werden. Es ist fast so, als würden sich die Filmkünstler aus Emeryville, deren Sequels sonst organisch aus den Storys der Vorläufer entwachsen, für «Cars 2» schämen. Grund genug hätten sie ja.

Aber auch storytechnisch ist in «Cars 3 – Evolution» das Thema Verdrängung präsent: Rennauto Lightning McQueen ist mittlerweile eine lebende NASCAR-Legende. Sensationelle sieben Piston Cups hat der frühere Nasehoch, der sich dank seiner Freunde im beschaulichen Radiator Springs zu einem warmherzigen Typen entwickelte, in seinem Trophäenregal stehen. Aber die aktuelle Saison verläuft einfach nicht nach Plan! Immer mehr Jungspunde wirbeln die Rennen durcheinander – vor allem der arrogante Jackson Storm deklassiert nicht nur McQueen, sondern auch seine befreundeten Mitbewerber. Als McQueen im letzten Rennen der Saison alles dransetzt, um seinen Ruhm sowie die Ehre seiner Lieblingskollegen zu verteidigen, kommt es im verbissenen Duell mit dem erfolgreichen Novizen zu einem fatalen Crash.

Vier Monate später rütteln McQueens Freunde den angeschlagenen, apathischen Sportler aus seinem Selbstmitleid: Lightnings Sponsoren haben ihre Firma an einen aufstrebenden Geschäftsmann verkauft, der ein hochmodernes Trainingszentrum für Rennautos betreibt und gigantischer Fan des roten Flitzers ist. McQueen sieht seine Chance für ein glorreiches Comeback gekommen – muss aber einsehen, dass er mittlerweile selber Teil einer alten Garde ist und mit dem modernen Trainingsfirlefanz nicht klarkommt. Seine Trainerin Cruz Ramirez wiederum hat Schwierigkeiten, sich an Lightnings Trainingsmethoden anzupassen. Muss Lightning etwa wertvolle Vorbereitungszeit auf die neue Saison verschwenden, um Cruz beizubringen, wie sie ihn zu trainieren hat?

Mit Lightning McQueen hat «Cars 3 – Evolution» einen Helden, der partout nicht einsehen will, dass sich seine Sportlerkarriere dem Ende nähert und er sich Gedanken um das Danach machen muss. Zudem gibt es mit der spritzigen, sich zugleich aufgrund ihrer Unsicherheit andauernd selbst zurücknehmenden Cruz eine Nebenfigur, die ihre wahren Ambitionen verdrängt. Potential genug, um eine animierte Rennsportdramödie über das Zusammenarbeiten zwischen der alten Garde und den jungen Wilden zu erschaffen. Quasi ein familientaugliches, den Box- gegen Motorsport tauschendes «Creed – Rocky's Legacy» – klingt vielleicht zunächst so, als sei es arg schwer zu verkaufen, andererseits hat Pixar mit seiner Passion auch aus Konzepten wie «WALL·E» und «Oben» Welthits geformt.

Ambition ist in «Cars 3 – Evolution» allerdings ein betrüblich rares Gut. Uninspiriert spult diese 175-Millionen-Dollar-Produktion das Grundgerüst einer solchen Handlung herunter, ohne je auf unterhaltsame Weise Einsicht in das Wesen dieser motorisierten Figuren zu gewähren. Nicht, dass «Cars 3 – Evolution» dafür wenigstens ein mit Rennaction bestücktes Trickspektakel sei – das Regiedebüt des «Die Monster Uni»-Storykünstlers Brian Fee kommt über weite Strecken ohne NASCAR-Wettfahrerei aus. Doch statt in solchen Schlenkern wie einem ausgedehnten Ausflug bei einer Rennfahrerlegende die zwei zentralen Figuren kurzweilig auszuarbeiten, begnügen sich die Autoren hier mit Plattitüden, Americana-Nostalgie und mehrmaligen Wiederholungen der wenigen Charakteraspekte, die schon im ersten Filmdrittel deutlich wurden.

Somit bleibt McQueens Storybogen so dünn, dass er kaum als Identifikationsfigur taugt: Praktisch gar nichts, was er abseits seiner Geschwindigkeit beherrscht, gelingt ihm dank seines Dazutuns. Andauernd übernimmt er nur ganz mechanisch die Lektionen anderer Autos, und selbst seine späte (erneute) Erkenntnis, wie viel Wert Bescheidenheit hat, bringt das Pixar-Team hier halbherzig rüber. Vom eingangs angedeuteten Grundkonflikt, wie sich alternde Spitzensportler auf ihre Zweitkarriere vorbereiten, und wie McQueen zu seinem neuen Chef steht, bleiben nur oberflächliche Ansätze übrig. Als seltener Pixar-Film, der sich fast nur an das junge Publikum richtet, taugt «Cars 3 – Evolution» allerdings ebenso wenig, denn die 109 Filmminuten sind dank der schwunglosen Dialoge und der sich rapide abnutzenden Grundidee dieses Filmuniversums ("Unsere Welt – aber mit Autos statt Menschen!") über weite Strecken sehr zäh.

Die seltenen Kreativitätsanflüge, wie einige selbstironische Seitenhiebe auf die Unmengen an «Cars»-Merchandising, werden durch Randy Newmans lieblos dahindudelndem Soundtrack und die zynisch-kommerzielle Seite des Films ausgebremst. Natürlich sind alle Filme auf irgendeiner Ebene Produkte, da sich die Verantwortlichen wohl kaum darüber ärgern werden, sollten sie ihre Kosten wieder einnehmen. Wenn aber McQueen aus den seltsamsten Gründen alle paar Minuten einen neuen Look verpasst bekommt, wird der stillschweigende Pakt, Big-Budget-Produktionen einen Hauch des Kommerzes zu gestatten, überreizt. Oder wollen die Pixar-Studiochefs behaupten, dass das garantiert gar nichts damit zu tun hat, dass sich so mehr Spielzeugautos verkaufen lassen?

Wenigstens technisch zeigt sich erneut: Pixar ist Trumpf. Wenngleich sich die Stärke des Trumpfes langsam abnutzt. Visuell präsentiert sich «Cars 3 – Evolution» zwar dank der ungeheuerlich detailreichen Hintergründe sehr stattlich, aber der Abstand gegenüber der Konkurrenz aus eigenem und fremdem Hause schrumpft. «Cars 2» war da seinerzeit schon, dem überaus nervigen Inhalt zum Trotz, ein gutes Stück sensationeller. Dafür ist «Cars 3 – Evolution» inhaltlich wenigstens nur extrem öde. Das ist im Vergleich zum anstrengenden zweiten Teil eine enorme Verbesserung. Dennoch: Wer seinen Pixar-Fix braucht, sollte wohl einfach bis «Coco» im November warten!

«Cars 3 – Evolution» ist ab dem 28. September 2017 in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.
26.09.2017 17:02 Uhr Kurz-URL: qmde.de/96082
Sidney Schering

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Kingsdale
27.09.2017 19:04 Uhr 1
Ich fand ihn stellenweise ganz lustig, aber auch etwas schleppend. Das er sich durch seine ungewöhnliche Trainingsart steigert, ist nur für die kleinen Zuschauer interessant, aber ansonsten hat man doch ziemlich (schlecht) bei Rocky geklaut. Das Ende bietet dann immerhin eine Überraschung die sich schon davor abbildet. Im Großen und Ganzen fand ich dann doch Teil 2 wesentlich besser, da dieser (außer in den Rennen) eher mit angezogener Handbremse fährt!
Familie Tschiep
28.09.2017 00:50 Uhr 2
Die Idee Unsere Welt-aber mit Autos statt Menschen bezieht sich auf das Setting, das bietet viel Platz für unterschiedliche Geschichten, deshalb dürfte sich das nicht so schnell ablutschen. .
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