Das ZDF zeigt am Montagabend einen ziemlich albernen, plakativen Mitfühlfilm um einen betrogenen Vater und verstoßenen Sohn.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Fritz Karl als Thomas Frese
Christiane Paul als Nike Frese
Matti Schmidt-Schaller als Milan Frese
Michael Wittenborn als Prof. Karoly Gaál
Jan Messutat als Clemens
Amanda da Gloria als Laila
Luise von Finckh als Mia
Hinter der Kamera:
Produktion: Hager Moss Film
Drehbuch: Britta Stöckle
Regie: Johannes Fabrick
Kamera: Helmut Pirnat
Produzentin: Kirsten HagerThomas Frese (Fritz Karl) betreibt mit seiner Frau Nike (Christiane Paul) ein portugiesisches Lokal. Gegen den Willen seiner Mutter muss der gemeinsame Sohn Milan (Matti Schmidt-Schaller) auch schon mal abends beim Bierzapfen aushelfen, wenn in Bälde wichtige Schularbeiten anstehen. Milan stört das nicht sonderlich – er macht sich ohnehin wenig aus Schule. Als eines Morgens die Klassenlehrerin vor der Tür steht und Vater Thomas einen Stapel gefälschter Entschuldigungen auf den Frühstückstisch knallt, nimmt der seinen Sohn in Schutz und lügt für ihn. Gleichzeitig beginnt er, auf sein Kind einzureden, wie wichtig ein gutes Abitur für eine solide Zukunft ist.
Doch da werden die Risse im Familienglück größer. Beim Wühlen im Keller fallen Thomas zufällig alte Unterlagen in die Hände – unter Anderem der Mutterpass seiner Frau: Sie sähen erste Zweifel in ihm, ob Milan sein leiblicher Sohn ist. Endlos rekapituliert er mit einem alten Arztfreund die frühen Jahre seiner Partnerschaft mit Nike. Dann wühlt er im Keller weiter – und stößt auf ein Buch von Professor Gaál, bei dem seine Frau Politologie studierte. Gaál ist ein imposanter Typ: Fotos zeigen ihn zusammen mit Präsident Bush, er gilt als graue Eminenz und wichtige Stimme in irgendeinem kleinen, aber anscheinend wichtigen Forschungsgebiet. Und Nike hat ihm damals ein Foto ihres neugeborenen Sohns Milan geschickt, versehen mit der Notiz: „It is up to you!“
Nike bestreitet jegliche Vorwürfe als absurden und schrecklichen Affront. Thomas will unterdessen Gewissheit: Er verschafft sich eine Haarprobe seines Sohnes und ab geht es zum Arztfreund, der zügig einen Vaterschaftstest anleiert. Das Ergebnis gibt bereits der Titel des Films vor: Thomas ist nicht Milans leiblicher Vater. Und nichts ist mehr wie es war.
Wenn der Spoiler schon im Titel steckt, – und sei er auch noch so plakativ-nichtssagend – hätte man sich die erste gute halbe Stunde dieses Films unter dramaturgischen Gesichtspunkten auch sparen können. Psychologisch hingegen wird sie notwendig gewesen sein: Denn Thomas krempelt sein Leben nach der bitteren Nachricht konsequent um. Für ihn kann nur die Scheidung die Konsequenz sein, schnurstracks zieht er zu seinem Arztfreund, räumt das Konto leer, verkauft die portugiesische Bar und bricht jeglichen Kontakt zu seiner Frau und Milan ab: die Rache des Betrogenen durch seine vollständige Entziehung.
In einem ZDF-Montagsfilm kann das freilich nur eine Episode sein, auf dem langen Weg der Läuterung aller Beteiligten, zu einem Schluss, an dem ein neuer Konsens gefunden wird, nach einem einschneidenden Ereignis, das Thomas vor Augen führt, was in seinem Leben wirklich wichtig ist und immer sein wird. «Nie mehr wie es war» begnügt sich damit, diese Allgemeinplätze blumig auszuschmücken, und findet nur stellenweise zu einer erzählerischen Stärke, die das innere Seelenleben der Figuren jenseits von Klischees auszuleuchten weiß: Thomas Rückzug‘ ist eigentlich Wut und seine Wut ist eigentlich Verzweiflung. Doch das sind Phrasen, die mühevoll abgearbeitet werden, ohne dass sich sonderlich viel Zeit für das Wesentliche fände: eine tiefenpsychologisch einnehmende Darstellung der inneren Konflikte der Charaktere.
Nicht nur der Titel ist unglücklich gewählt, weil er mehr vorwegnimmt, als dramaturgisch sinnig gewesen wäre, sondern auch der Einstieg in diesen Film, der mit einem Vorgriff auf Ereignisse im letzten Drittel den Spannungsbogen völlig unnötig krümmt. Für das eigentlich eher psychologische, eher zwischenmenschlich interessante Thema setzt «Nie mehr wie es war» zu sehr auf Hektik, wird dabei allzu fahrig und vernachlässigt dabei konsequent die Stärken des Stoffs – und der Darsteller: Christiane Paul hat wenig mehr zu tun, als ihr verheultes Gesicht in die Kamera zu halten, während Matti Schmidt-Schaller in einer ausgearbeiteteren Rolle besser gefallen hätte denn als 08/15-Jugendlicher mit diffusen Problemen in der Schule und einem über ihm zusammenbrechenden Elternhaus. Dass die Botschaft am Schluss eher im Geiste eines „Alles auf Anfang“ steht als auf dem titelgebenden «Nie mehr wie es war» ist da nur die eklatanteste inhaltliche Diskrepanz.
Das ZDF zeigt «Nie mehr wie es war» am Montag, den 18. September um 20.15 Uhr.
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18.09.2017 12:16 Uhr 1