Wenig geistreich, dafür umso trashiger: Mit «Heißen Flirts und wahrer Liebe» möchte RTL II gleich drei Wochen lang ein tägliches Event festigen. Doch diese Zeit könnte noch ganz schön lang werden...
Nicht immer ist es ganz fair, RTL II als Sender für die intellektuelle Unterschicht zu stigmatisieren, immerhin hat er mit «Game of Thrones» und «The Walking Dead» zwei der erfolgreichsten Serien der jüngeren Vergangenheit im Angebot, wartet in diesen Tagen verstärkt mit sehenswerten Formaten wie «Endlich Klartext!» oder «Hartz und herzlich» auf und versuchte sich erst am Montag wieder bei «Call the Boys» mit dem schwierigen Kapitel serielle Eigenproduktion. Ein anderes Format hingegen sorgt in diesen Tagen dafür, dass vorerst kein allzu großer grundsätzlicher Wandel in der Wahrnehmung des Privatsenders stattfinden dürfte: die neue Dating-Show
«Love Island - Heiße Flirts und wahre Liebe».
Mit der gehen die Programmverantwortlichen in diesen Tagen ein Wagnis ein, das fernab des kultigen Dschungelcamps in der jüngeren Vergangenheit eigentlich nur bei «Promi Big Brother» zumindest noch recht gut funktioniert hat. Eine über 22 Folgen hinweg reichende Event-Programmierung täglich um 22:15 Uhr soll RTL II wieder zurück zu alter Stärke führen, nachdem man zuletzt im Monatsvergleich sogar hinter ZDFneo zurückgefallen war. Doch 22 Tage ist eine Menge Holz und schon nach nicht einmal einem Viertel der ersten Staffel scheint es, als sei das Trash-Spektakel mit Jana Ina Zarrella eher auf dem absteigenden Ast.
Dabei konnte sich die Resonanz für die Auftaktfolge am Montag durchaus noch sehen lassen, denn zur besten Sendezeit um 20:15 Uhr wurden insbesondere in der besonders wichtigen werberelevanten Zielgruppe sehr gute 7,3 Prozent bei 0,71 Millionen Fernsehende verzeichnet, bevor das ambitionierte Serienprojekt «Call the Boys» drastisch auf nur noch 4,4 Prozent abstürzte. Beim Gesamtpublikum dagegen langten 0,98 Millionen Fernsehende schon hier nur für durchschnittliche 3,2 Prozent, was jedoch angesichts der doch relativ aufdringlichen juvenilen Aufmachung keine allzu große Überraschung war. Die anschließende Serie übrigens fiel mit nur noch 0,67 Millionen und 2,3 Prozent dann klar in den roten Bereich.
Widersprüchliche Signale sendete dann die Performance der zweiten Folge, die am Dienstag erstmals auf dem regulären Sendeplatz um 22:15 Uhr auf Zuschauerjagd ging: Hier reichten nämlich einerseits schon 0,68 Millionen Gesamt-Zuschauer, um den Marktanteil auf gute 3,7 Prozent ansteigen zu lassen, in der werberelevanten Zielgruppe ging es dagegen bei 0,41 Millionen um einen Prozentpunkt bergab - womit allerdings noch immer recht gute 6,3 Prozent auf dem Papier standen. Bedenklich nur: «Hartz und herzlich» verzeichnete zuvor noch fantastische 4,5 bzw. 8,6 Prozent bei 1,35 Millionen und eröffnete der Dating-Show damit alle Möglichkeiten, noch deutlich bessere Werte auf die Beine zu stellen.
So wirklich ins Grübeln dürften die Grünwalder gekommen sein, als am Mittwoch dann mit nur noch 4,8 Prozent die Formkurve weiter deutlich nach unten zeigte und auch beim Gesamtpublikum zwar die Reichweite mit 0,67 Millionen nahezu aufrecht erhalten wurde, der damit verbundene Marktanteil aber zugleich klar auf 3,1 Prozent zurückging. Es waren die bis dahin in jeder Hinsicht schwächsten Werte der Sendung und vor allem der dramatische Aderlass von 7,3 auf 4,8 Prozent gegenüber der ersten Episode musste zu denken geben - zumal «Die Babystation» im Vorlauf mit 3,7 Prozent Gesamt- und 5,1 Prozent Zielgruppen-Marktanteil sogar leicht besser performte und eine Uralt-Ausgabe von «Autopsie» am späten Abend dem Team um Jana Ina Zarrella sogar eine kleine Ohrfeige verpasste, indem sie ungleich stärkere 4,6 und 6,5 Prozent in beiden relevanten Konsumentengruppen erzielte.
Am Donnerstag galt es dann, den Bann endlich zu brechen und vor allem nicht noch mehr an Substanz zu verlieren. Das gelang beim Gesamtpublikum nicht so recht, denn mit 0,59 Millionen gingen weitere Zuschauer verloren, während der Marktanteil bei 3,1 Prozent verharrte. Das große Aber: In der Zielgruppe blieb die Reichweite mit 0,38 Millionen nahezu identisch, der damit verbundene Marktanteil aber verbesserte sich in erster Linie dank der mit gut anderthalb Stunden deutlich längeren Sendezeit als noch am Mittwoch spürbar auf wieder ordentliche 5,8 Prozent. Zur erhofften Kehrtwende kam es dadurch aber noch lange nicht, wie die gerade einmal noch 4,4 Prozent bei 0,33 Millionen jungen Zuschauern am Freitag unmissverständlich klarmachten. Insgesamt verbesserte sich Folge zwar hinsichtlich ihrer Reichweite minimal auf 0,62 Millionen, der Marktanteil jedoch ging fiel mit 2,8 Prozent erstmals unter die Drei-Prozentmarke.
Unterm Strich lässt sich nach den ersten Tagen auf eine durchschnittliche Sehbeteiligung von 0,71 Millionen verweisen, wobei die Auftaktfolge zur Primetime die einzige ist, die deutlich oberhalb dieses Durchschnitts liegt. Der damit verbundene Marktanteil beträgt 3,2 Prozent, womit man ziemlich exakt auf Höhe des Senderschnitts liegt, während in der Zielgruppe überdurchschnittliche 5,7 Prozent auf dem Papier stehen. Das Problem ist nur, dass «Love Island» seine bisherigen Höchstwerte ausnahmslos an den ersten beiden Sendetagen hatte einheimsen können und die Formkurve nach unten zeigt - in der Zielgruppe vom kleinen Plus am Donnerstag einmal abgesehen sogar einigermaßen dramatisch. Man wird seinem Publikum also in den restlichen 17 Folgen noch so einige Argumente liefern müssen, damit dieses auch weiter am Ball bleibt.
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