Anlässlich des Starts der dritten «Ponyhof»-Staffel erklären die Moderatorinnen Jeannine Michaelsen und Annie Hoffmann, was sich in ihrer Show verändert und wie es ist, dauernd mit Joko und Klaas verglichen zu werden.
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Du kannst eine wahnsinnig gute Idee gegen die Wand fahren, indem du sie mies umsetzt. Oder du kannst eine wahnsinnig gute Idee, die vor dir schon zig Andere hatten, trotzdem neu bespielen und dadurch deine eigene, neue Sache daraus formen.
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Jeannine Michaelsen
Wie Jeannine eben angedeutet hat: Irgendwie ist in Sachen Comedyshow alles schon einmal in einer groben Form da gewesen. Wie sehr schwebt die Angst vor dem Vorwurf "Das ist geklaut!" über euren Köpfen?
Jeannine Michaelsen: Gar nicht! Davon musst du dich frei machen! Man darf nur nicht so tun, als wäre es anders. Es wäre total albern, rauszugehen und zu sagen: "Wir sind die Ersten, die was mit Betrunkenen und Talk machen!"
Annie Hoffmann: Was?! Nee, nee! Ich war da die Allererste!
Jeannine Michaelsen: Joko und Klaas haben das gemacht – bei «neoParadise» und dann etwas anders bei «Circus HalliGalli». Und auch die waren nicht die Ersten. Wir können und wollen uns nicht hinstellen: "Ey,! Hallo! Wir haben die Welt neu erfunden!" Wie viele haben schon Songs parodiert oder parodistische Songs geschrieben?! Das ist alles nicht neu – genau, wie es keinen neuen Akkord gibt. Die wurden alle schon gespielt. Die Frage ist, wie man sie komponiert und sie spielt, damit es was Neues ergibt. Das Coole an Annie Will ist nicht einfach: "Guck mal hier, Betrunkene und was mit Talk! Jetzt lach!" Das Coole ist das Zusammenspiel zwischen den Betrunkenen und Annies Nüchternheit im doppelten Wortsinn: Sie hat keinen Alkohol intus und generell ist sie charakteristisch sehr nüchtern – und dann sitzt sie zwischen versoffenen, randalierenden Weibern, die sie nicht stoppen kann, völligen Unsinn zu verzapfen, weil sie sich zu sehr fremdschämt. Das macht die MAZ für mich gut – oder für Andere vielleicht schlecht.
Gemeinhin gilt: Du kannst eine wahnsinnig gute Idee gegen die Wand fahren, indem du sie mies umsetzt. Oder du kannst eine wahnsinnig gute Idee, die vor dir schon zig Andere hatten, trotzdem neu bespielen und dadurch deine eigene, neue Sache daraus formen. Wir haben das Rad nicht neu erfunden, aber wir drehen es auf eine Art, wie nur wir es können, die zu uns passt, die uns gefällt und die uns relevant erscheint. Was sonst sollten wir auch machen? Wir sind zwei Menschen, die im Studio stehen, eine Sendung moderieren, MAZen zeigen, einen Gast bei sich begrüßen und ab und zu Spiele spielen – selbst die Grundidee der Sendung haben wir uns nicht ausgedacht!
Annie Hoffmann: Aber wir sind die einzigen zwei Frauen!
Jeannine Michaelsen: Am Ende muss der Inhalt überzeugen. Das Gefäß gibt es halt schon – und es wäre vermessen, sich als Töpfermeister hinzustellen: "Ich habe einen Krug gemacht, den hat noch nie zuvor einer getöpfert. Der ist völlig neu!"
Annie Hoffmann: Wir haben halt 2017, da ist es fast unmöglich, Comedy-Grundkonzepte zu finden, die weder hierzulande, noch irgendwo anders völlig unangetastet sind. Das war vielleicht noch in den 90ern zu machen, aber mittlerweile kannst du das vergessen.
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Wir haben halt 2017, da ist es fast unmöglich, Comedy-Grundkonzepte zu finden, die weder hierzulande, noch irgendwo anders völlig unangetastet sind. Das war vielleicht noch in den 90ern zu machen, aber mittlerweile kannst du das vergessen.
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Annie Hoffmann
Für uns wird es auch immer schwieriger, auf Neues zu kommen. Ich kann gar nicht überblicken, wie oft ihr wegen «Ponyhof» als "die weiblichen Joko und Klaas" bezeichnet wurdet. Da muss ich mir auch an die eigene Nase fassen – ich habe die Show auch in mehreren Situationen so erklärt. Ihr dürft nun gerne zum Abschluss des Interviews Kritik am Fernsehkritiker üben und mir deswegen die Meinung geigen …
Jeannine Michaelsen: Ach, Quatsch. Es gibt doch viel Schlimmeres, das man uns an den Kopf knallen kann, als "die weiblichen Joko und Klaas". Es ist nicht nur in diesem, sondern auch in allen anderen Gebieten, ganz alltäglich, Menschen etwas, das sie nicht kennen, durch Vergleiche mit etwas Bekanntem näher zu bringen. Und die Struktur von «Ponyhof» ist: Zwei Menschen mit einem etwas kantigem Humor machen Unterhaltungsfernsehen. Da sind Joko und Klaas naheliegend – und zudem wahrlich keine Beleidigung. Das sehe ich eher als Kompliment
In der ersten Staffel gab es ja zudem noch etwas deutlichere Parallelen zwischen «Ponyhof» und dem, was Joko und Klaas so machen. Aber wir entwickeln uns von Jahr zu Jahr weiter in unsere eigene Richtung, daher hoffe ich, dass die, die sich die Sendung auch anschauen, erkennen, dass sich hinter solchen Vergleichen nur eine grobe Erläuterung verbirgt und nicht der Vorwurf, 1:1 zu kopieren. Wir sind mittlerweile quasi gar nicht auf diesen Konkurrenzkampf ausgelegt, den Joko und Klaas so antreibt, bei uns herrscht ein "gemeinsam" vor …
Annie Hoffmann: … und wir haben nicht ständig Matthias Schweighöfer zu Gast!
Jeannine Michaelsen: Genau, da haben wir Nachholbedarf. Wir haben noch keinen Promi, der uns andauernd die Stange hält, und schon gar keinen Matthias Schweighöfer.
Annie Hoffmann: Ganz ehrlich, das ist doch 'ne ganz andere Liga. Aber man darf auch nicht vergessen, wie lange Joko und Klaas das schon machen. Da müssen wir erstmal hinkommen – um Gottes Willen, Jeannine, stell dir vor, wir würden das genauso lang machen!
Jeannine Michaelsen: Ja, meine liebe Anneliese, in zehn Jahren sind wir ein altes Damenpärchen auf einer Bank am See.
Annie Hoffmann: In der Zwischenzeit haben wir uns drei Mal voneinander scheiden lassen!
Jeannine Michaelsen: Während unsere Kinder unbehelligt im Sand spielen.
Annie Hoffmann: So, wir gehen jetzt zur BILD-Zeitung und sagen denen, dass wir ein lesbisches Pärchen sind.
Jeannine Michaelsen: Au ja, dann hat sich die Frage nach Promo für unsere Sendung selbst beantwortet.
Vielen Dank für das Gespräch!
«Ponyhof» ist ab dem 4. September 2017 immer montags um 22.35 Uhr bei TNT Comedy zu sehen.
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05.09.2017 11:33 Uhr 1