In den vergangenen Jahren verschlug es immer mehr TV-Serien zurück in die 80er Jahre. Was fasziniert Macher und Zuschauer so an den 80ern? Wir begeben uns mit verschiedenen Formaten auf Spurensuche.
Alle im Artikel genannten Serien, die in den 80ern spielen
- «Black Mirror» ("San Junipero", Netflix)
- «The Americans» (FX)
- «Snowfall» (FX)
- «Halt and Catch Fire» (AMC)
- «Red Oaks» (Amazon Prime)
- «The Goldbergs» (ABC)
- «Stranger Things» (Netflix)
- «Wet Hot American Summer: First Day of Camp»
- «GLOW» (Netflix)
Nach Reihenfolge der Nennung
In der Literatur, so scheint es, haben verschiedenste Autoren über die Jahre hinweg den Drang verspürt, die Bevölkerung in verschiedene Generationen zu unterteilen. Zum Beispiel anhand demografischer Charakteristika, wie beispielsweise die „Baby-Boomer“, aufgrund bestimmter Werte wie die „Generationen X,Y und Z“ oder durch den Zeitpunkt ihrer Geburt, wie etwa die „Millenials“. All diese Generationen lassen sich durch verschiedene Eigenschaften noch einmal in unzählige andere, von findigen Autoren formulierte, Generationsbegriffe unterteilen. Bezieht man sich auf die Unterhaltungsindustrie lässt sich von vielen Beobachtern sicher auch so etwas wie die „Generation Serie“ identifizieren. Müsste man sie auf eine Bevölkerungsgruppe einschränken, würde man die „Generation Serie“ wohl am ehesten in den westlichen Industrienationen verorten und die Geburt ihrer Mitglieder zwischen den späten 80ern und frühen 2000er Jahren datieren. Die „Generation Streaming“. Die „Generation Binge-Watching“.
Die Kinder der 80er Jahre wirken bei erster Betrachtung diesen Generationsbegriffen nicht zugehörig. Die Hegemonialstellung des Kinos war in Bezug auf audiovisueller Unterhaltung damals schließlich noch lange nicht bedroht. Und dennoch wagen dieser Tage immer mehr Serien eine Zeitreise zurück in die 80er Jahre. Riskant, könnte man meinen, wenn man bedenkt, dass den vor allem auf eine junge Zielgruppe ausgerichteten Formaten ein Nostalgiefaktor auf Seiten der Zuschauer wohl meist abgeht, weil wohl nur die wenigsten Personen, die die 80er Jahre bewusst erlebten, diese Serien schauen. Wie äußert sich der Trend? Was fasziniert also Produzenten und Zuschauer so an den 1980er Jahren, die in verschiedensten Serien der letzten Jahre immer wieder heraufbeschworen wurden? Und welche Formate machten sich die 80er zunutze?
Kalter Krieg, Drogenproblematik, Technikrevolution: Die 80er sind nicht gleich die 80er
Zur 80er-Nostalgie
Die 80er-Nostalgie kennzeichnet einen popkulturellen Trend, insbesondere in den USA. Sie idealisiert die 1980er Jahre und zog daher die Wiederbelebung und Neuinterpretation von Musik-Genres und Mode-Trends nach sich, außerdem immer mehr Filme und Serien, die sich mit dem Jahrzehnt auseinandersetzen. Laut verschiedener Journalisten setzte der Trend erstmals stark zu Beginn der 2000er ein, als erste TV-Formate wie «Voll daneben, voll im Leben» die 80er behandelten, Film-Franchises wie «Batman», «Superman», «Indiana Jones» und «Terminator» Reboots erhielten oder in der Mode Leggings und Flieger-Sonnenbrillen wieder populär wurden.Dass sich immer mehr Serien dazu entscheiden, ihren Inhalt in den 80er Jahren zu verorten, ist kein Zufall, sondern eine ganz bewusste Entscheidung. Das zeigt vielleicht am deutlichsten die vierte Episode der dritten «Black Mirror»-Staffel mit dem Titel San Junipero. Die Episode, in der die Protagonisten aufgrund einer neuen Technologie gedanklich durch die Zeit reisen können, beginnt mit einer jungen Frau, die durch eine Stadt in Kalifornien schlendert. Ein Kino bewirbt den (mittlerweile Kult-)Film «The Lost Boys», Belinda Carlisles „Heaven Is A Place On Earth”, musikalisches Leitmotiv der Episode, dröhnt aus den Lautsprechern eines vorbeifahrenden Autos. Klamotten, Geschäfte, Frisuren – nur, wenn jetzt noch «Alf» und Rick Astley händchenhaltend unter Neon-Licht durch die Straßen schlenderten, wäre die Botschaft noch klarer. Alles schreit förmlich: „Herzlich Willkommen in den 80er Jahren!!!“
Wohl seit den 80er Jahren selbst haben nicht mehr so viele TV-Serien in den 80ern gespielt wie heutzutage. Die TV-Produzenten haben ihre übergroßen Jeansjacken entstaubt und bringen die 80er in ganz unterschiedlicher Form zurück auf die Bildschirme. Der FX-Kritikerhit «The Americans» widmet sich dem brodelnden Kalten Krieg und dessen Ängsten nun schon seit fünf Staffeln, der neue Senderkollege «Snowfall» handelt von der zunehmenden Drogenproblematik in Los Angeles 1983, als Crack den Markt flutet. AMCs «Halt and Catch Fire» setzt seinen Fokus clever auf die Neuerungen in der Technik-Industrie zu dieser Zeit. Traditionellere Vorgehensweisen finden sich in Amazons «Red Oaks» oder ABCs «The Goldbergs», die den charmanten Kitsch des Jahrzehnts abbilden und dabei klar Inspiration klassischen popkulturellen Stilmitteln des Jahrzehnts inspiriert ziehen – sentimentale Voice-Overs, nostalgische aber recht unromantische Blicke auf das Familienleben bis zur klassischsten aller 80er-Storylines: Dem Körpertausch.
Nicht unbedingt für, sondern von den Kindern der 80er
Gerade im Falle des hierzulande kaum bekannten «The Goldbergs», aber insbesondere bei genauerer Betrachtung des Netflix-Hits «Stranger Things» drängt sich eine Erklärung für den Hype um die 80er auf. Nicht die Kinder der 80er sollen zwangsläufig damit gelockt werden, vielmehr stammen die Formate von Kreativen, die in diesem Jahrzehnt aufwuchsen und dabei in Nostalgie schwelgend dem für sie magischen Jahrzehnt Tribut zollen. Comedian Adam Goldberg rollt in «The Goldbergs» semi-autobiografisch seine Kindheit auf, Jon Singleton verarbeitet in «Snowfall» seine Kindheitserlebnisse in South Central Los Angeles und «The Americans»-Schöpfer Joe Weisberg nutzt die Erfahrungen aus seiner Zeit als CIA-Beamter. In «Stranger Things» findet sich wohl der bis dahin elaborierteste Popkultur-Remix der 80er Jahre. Die bis dahin unbekannten Duffer-Brüder schufen mit der Netflix-Serie den großen Serien-Sommerhit des Jahrs 2016, auch weil sie sich bei ihren großen Vorbildern bedienten, die das Kino in den 80er Jahren maßgeblich prägten.
Die Mischung aus investigativem Drama mit übernatürlichen Elementen und jugendlichen Protagonisten lehnt sich stark an den Werken von Steven Spielberg, John Carpenter, Wes Craven, Robert Zemeckis oder Stephen King an, die von den Showrunnern neben anderen Hollywood-Größen als Einflüsse genannt werden. Verschiedene Internetseiten, Blogs und Foren haben nach Ansicht der Serie sogar in mühevoller Kleinstarbeit Themen, Szenen, Schnitte oder Figuren und deren 80er-Vorbilder zusammengesucht und aufgelistet – vom Serien-Monster, das an «Alien» erinnert, der abenteuerlustigen Kinder-Gruppe, die Parallelen zu den «Goonies» oder «Stand by Me» aufweisen, bis hin zur jungen Eleven, die aufgrund ihrer psychokinetischen Fähigkeiten an den Kult-Anime «Akira» erinnert, aber genau deshalb ähnlich versteckt gehalten werden muss wie «E.T.». Ein eingängiger Synthie-Soundtrack tut sein Übriges.
«Stranger Things», auch «Black Mirrors» „San Junipero“ handeln also gar nicht von den 80ern, sondern von Filmen in den 80ern. Daher wirkt der 80er Popkultur-Mix von «Stranger Things» aufgrund all der verschiedenen Einflüsse nicht wirklich authentisch. Die Motivation seiner Schöpfer ist jedoch klar: Sie wollen die Zeit rekreieren, die sie selbst prägte. Andere Serienschöpfer erlebten die 80er Jahre oft nicht bewusst mit, hätten es aber gerne und versuchen mit ihren Produktionen, das Jahrzehnt nachzuempfinden. Auch hier tat sich zuletzt Netflix hervor, das neben «Stranger Things» im vergangenen Jahr Trends der 80er in «Wet Hot American Summer: First Day of Camp» auf hochabsurde Weise verulkte. Ein authentischeres Gefühl der 80er vermittelt die neue Netflix-Serie «GLOW» von Liz Flahive und Carly Mensch, die von einer Frauen-Wrestlingliga handelt, die sich in diesem Jahrzehnt formierte.
Statt eigener Erlebnisse, brachte eine 2012 erschienene Dokumentation über besagte Liga die beiden Autorinnen auf die Idee zum Format, woraufhin Flahive und Mensch unzählige Filme aus den 80er Jahren aufsogen, um das Jahrzehnt für sie greifbarer zu machen und stilistisch den richtigen Ton zu treffen. «GLOW» legt seinen Fokus auf die Auswirkungen der Frauenbewegung in den 1970ern und auf die Emanzipierung der Wrestlerinnen durch die neu gegründete Wrestling-Liga, in der sie nicht mehr dem Sexismus der damaligen Männerdomäne Hollywood ausgesetzt waren, die sich (noch) nicht für starke weibliche Charaktere interessierte. Wieder ein anderer inhaltlicher Ansatz, der zeigt wie reichhaltig das Jahrzehnt aus thematischer Sicht ist.
Die „30-Jahr-Lücke“ & was Donald Trump mit dem 80er-Hype zu tun hat
Die Kino- und Serienwelt lebt von ständigen Rückverweisen, nicht nur filmhistorisch, sondern überhaupt gesamthistorisch. Ironischerweise stellen eine Vielzahl der in den 1980er Jahren erschienen Filme daher ihrerseits Nostalgiefilme dar, die Zitate auf vergangene Zeiten enthalten, beispielsweise auf die 50er und 60er Jahre, wie im Falle von «Zurück in die Zukunft», «Full Metal Jacket» oder «Dirty Dancing». Eric Schrier, Programmchef von FX, der mit «The Americans» und «Snowfall» immerhin zwei Serien auf seinem Sender ausstrahlt, die in den 80ern spielen, spricht von einer „30-Jahr-Lücke“, womit er die Zeitspanne meint, die es für ein Jahrzehnt braucht, um popkulturell eine Verehrung zu erfahren.
Andererseits sind viele dominante Themen der 80er Jahre auch gerade wieder aktuell, insbesondere in den USA. Das hat auch mit Donald Trump zu tun. Denn Formate wie «GLOW» und «The Americans» haben auch heute wieder einen aktuellen Bezug, wenn sowohl der Sexismus als auch die Spannungen zwischen den USA und Russland zunehmen. Ähnlich wie Ronald Reagan ist ein US-Präsident an der Macht, der einen Hintergrund in der Unterhaltungsindustrie hat, statt Crack machen Opioide den Drogenbehörden nun immer mehr zu schaffen, Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte wie das auf Abtreibung kennzeichnen wichtige Themen in der US-Gesellschaft. Und so weiter.
Die 80er leben also zu großen Teilen auch in unserer heutigen Gesellschaft weiter und werden von den verschiedenen Industrien, beispielsweise in Musik oder Mode immer wieder aufgegriffen. Wohl kaum eine Person, die in den 80ern gelebt hat, hätte wohl vermutet, dass das Jahrzehnt politisch oder (pop-)kulturell so lange nachhallt. Deshalb stehen weitere 80er-Formate schon in den Startlöchern. Netflix liefert im November mit «She’s Gotta Have It» eine Dramedy-Serie zum gleichnamigen Film aus dem Jahr 1986, davor läuft natürlich auch die zweite Staffel von «Stranger Things» an. Network-Sender The CW widmet sich derweil Reboots und Remakes von «Dynasty», «LA Law», «Fame» und Knight Rider]]. Weitere angekündigte TV-Formate lassen «American Gigolo» oder «Dirty Dancing» neu aufleben. Betrachtet man Eric Schriers Hypothese der „30-Jahr-Lücke“ könnten die 80er-Formate jedoch bald ein Ablaufdatum haben. Spätestens 2020 könnte es sie dann geben, die 90er Jahre-Serienrenaissance.
Es gibt 12 Kommentare zum Artikel
06.08.2017 18:56 Uhr 10
OhOh, das ist jetzt aber niveauvoll.
Zuerst kaufe ich eine Interpunktion.
Vielleicht sollten Sie Ihren "Regionaldialekt" nicht auf andere User übertragen, sonst haben wir heuer ein Problem mit Ihnen.
Danach kommt die Kontextfrage.
Niemand im Thread hat die Faszination80er in Frage gestellt.
Sie haben geschrieben "Ich frage mich auch", daher meine Frage: Wer noch?
Sie fragen sich also noch andere Dinge im Leben.
Das wäre, bzgl. Ihres "Rüffels", die Leute sollten besser nicht offtopic über andere 80ties-Serien schreiben....sagen wir mal "offtopic".
07.08.2017 09:05 Uhr 11
So viel zum Thema Regionaldelikt^^
Damals herrschte wenigstens noch Zucht und Ordnung in den Klassenzimmern.....
Mir (in den 70ern geboren) erschließt sich dieser Trend zu den 80ern auch nicht wirklich. Ich schaue auch keine der im Artikel genannten Serien, die in den 80ern spielen. Gerade mit dem Thema "Kalter Krieg" holt man mich nicht mehr hinterm Ofen vor. Die Thematik ist einfach ausgelutscht und wird mir zu oft zu einseitig dargestellt.
Klar, der Synthi-Pop-Sound war revolutionär, aber musikalische Revolutionen gabs auch in anderen Jahrzehnten.
26.05.2018 14:28 Uhr 12
Eigentlich hat jedes Jahrzehnt schlimme und gute Seiten, woraus man etwas machen kann.