Borowski ist auf Sinnsuche und fühlt eine seltsame Verbindung zu einem Massenmörder, gegen den er ermittelt. Sarah Brandt is not amused.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Axel Milberg als Klaus Borowski
Sibel Kekilli als Sarah Brandt
Mišel Maticevic als Roman Eggers
Franziska Hartmann als Tamara Becker
Thomas Kügel als Roland Schladitz
Ronald Kukulies als Rolf Felthuus
Hinter der Kamera:
Produktion: Nordfilm Kiel
Drehbuch: Markus Busch
Regie: Jan Bonny
Kamera: Jakob Beurle
Produzentin: Kerstin RamckeRoman Eggers (Mišel Maticevic) zieht durch Kiel und mordet vor sich hin. Nicht wahllos, er hat konkrete Ziele, konkrete Motive. Als Erstes muss eine der Frauen dran glauben, mit der er eine Liebelei hat. Sie ist ihm ergeben, hörig, willfährig, und gleichzeitig nervt sie ihn so sehr, dass er auf sie einschlägt, bis sie sich nicht mehr bewegt, als sie ihn in seiner heruntergekommenen Unterkunft aufsucht. „Sie hat ihn genervt“, schlussfolgert Borowski (Axel Milberg) folgerichtig. Eine Diagnose, der seine Kollegin Sarah Brandt (Sibel Kekilli) aufgrund ihrer schieren Unglaublichkeit freilich nicht folgen kann. Ist ja auch logisch: Nur weil einen jemand nervt, schlägt man ihn nicht gleich tot.
Doch dieser abgewirtschaftete Roman Eggers hat es nicht so mit der funktionierenden Impulskontrolle. Er ist kein Psychopath, zumindest nicht im engeren Sinne, denn er hat Bindungen, die ihm etwas bedeuten: zu seinen drei Kindern, deren Mütter freilich alles tun, um ihren Kontakt zu ihm zu beenden. Aber sobald man ihn reizt, dreht er durch.
Dem ist es nicht zuträglich, dass er in allerhand dubiose Geschäfte verwickelt zu sein scheint. Er hat mit Drogendealern zu tun, denen er den Bauch aufschlitzt, und gleichsam sonderbaren privaten Geldverleihern, die – auch das ist nicht überraschend – vor einer handgreiflichen Lösung der Sache nicht zurückschrecken, wenn Eggers mit größeren Summen säumig ist.
Eggers ist also, kurz gesagt, ein ganz furchtbarer Typ, gemeingefährlich sowieso. Und trotzdem spürt Borowski eine diffuse metaphysische Verbindung zu diesem Mann. Die katalysiert sich aus einem Schlüsselerlebnis: Als Borowski im Zuge seiner Ermittlung in eine Wohnung einsteigt, legt Eggers dort Feuer, um Beweise zu vernichten, zieht Borowski aber noch rechtzeitig aus dem Haus, bevor er schleunigst das Weite sucht. Borowski führt dieses Ereignis noch mehr auf Sinnsuche. Er will verstehen, was dieser Eggers will.
Sarah Brandt will derweil den einfacheren Weg gehen. Ein gemeingefährlicher Mann bringt einen Haufen Leute um, wer weiß wozu er noch fähig ist. Was gibt es da zu verstehen? Doch auch jenseits ihrer rationalen ermittlungspsychologischen Differenzen kriselt es in ihrer Arbeitsbeziehung. Das hat mit Borowskis Altherrengetue zu tun. Man merkt: Der Mann ist auf der Suche. Aber wonach, das weiß er selbst am Allerwenigsten.
„Borowski und das Fest des Nordens“ belässt vieles gerne im Diffusen: die tiefenpsychologischen Beweggründe, die bei Eggers so mir nichts, dir nichts die Sicherung durchbrennen lassen, genauso wie die präzisen Gründe für Borowskis tiefe Verbindung, die er mit dem Mann spürt. „Sie hat ihn genervt“, muss als Erklärung voll und ganz ausreichen.
Dieser Film will nur oberflächlich psychologisch sein, damit sein unangenehm rührseliger Duktus nicht gar so auffällt. Denn im Kern ist er die rührselige Elegie auf einen Mörder. Das Problem an der Sache: Der Mörder verdient diese wehmütige Haltung nicht, die ihm der Film entgegenbringt. Er ist ein schlechter Mensch, der Falsches tut, der gefährlich ist und unberechenbar. Trotzdem bedient man sich des nicht selten gar allzu pathetischen Weichzeichners, um ihn nahbar zu machen.
Doch er ist eben kein Verbrecher aus verlorener Ehre, und erst recht „treibt“ es ihn nicht wie Peter Lorres Hans Beckert aus Fritz Langs Meisterwerk «M – Eine Stadt sucht einen Mörder». Nicht, dass dieser Roman Eggers psychologisch per se uninteressant wäre – im Gegenteil. Doch „Borowski und das Fest der Nordens“ verweigert sich einem solchen tiefgreifenden, komplexen Psychogramm
Das Erste zeigt «Tatort – Borowski und das Fest des Nordens» am Sonntag, den 18. Juni um 20.15 Uhr.
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