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Die glorreichen 6: Richtig gute Flops (Teil IV)

Wirtschaftliche Misserfolge verdienen nicht automatisch ein Naserümpfen: Wir stellen sechs starke Filme vor, die an den Kinokassen brutal untergingen. Wie der übel zerrissene Thriller «The Counselor».

Die Handlung


Filmfacts: «The Counselor»

  • Regie: Ridley Scott
  • Drehbuch: Cormac McCarty
  • Produktion: Paula Mae Schwartz, Steve Schwartz, Ridley Scott, Nick Wechsler
  • Darsteller: Michael Fassbender, Penélope Cruz, Cameron Diaz, Javier Bardem, Brad Pitt, Bruno Ganz, Alex Hefner, Dar Dash
  • Musik: Daniel Pemberton
  • Kamera: Dariusz Wolski
  • Schnitt: Pietro Scalia
  • Veröffentlichungsjahr: 2013
  • Laufzeit: 117 Minuten
  • FSK: ab 16 Jahren
Eigentlich hat der Counselor (Michael Fassbender) alles: Einen tollen Job, eine schöne Freundin und vor allem jede Menge Macht. Doch Gier ist geil! Er lässt sich auf illegale Geschäfte mit der Drogenmafia ein. Der superreiche Reiner (Javier Bardem) klärt den Counselor über die Gepflogenheiten innerhalb der Branche auf und gewährt ihm Einblicke in die Welt der Superreichen. So macht der Counselor Bekanntschaft mit dessen Freundin Malkina (Cameron Diaz) und dem kühlen Westray (Brad Pitt), der ihn mehr als einmal davor warnt, in die Drogenszene einzusteigen.

Doch der Wille nach Geld und noch größerer Macht ist stärker und schon bald befindet sich der Counselor in einer Spirale aus Gewalt, Verrat und Mord. Denn schlussendlich ist ein Leben in diesem Business weniger wert als der Stoff, den die Jungs Tag für Tag über die Grenzen schmuggeln…

Der Misserfolg


«The Counselor» erwies sich für Hollywood-Tausendsassa Ridley Scott als einer der größten Flops seiner Karriere. Der Spezialist für effektlastiges Blockbusterkino inszenierte mit Filmen wie «Ein gutes Jahr», «Hannibal» oder eben «The Counselor» immer mal wieder kleinere Geschichten für die große Leinwand, um sich zwischen der Produktion der Big-Budget-Werke eine kreative Pause zu verschaffen. Gleichwohl inszeniert er immer das, was ihn persönlich interessiert - und offenbar ging sein Interesse in diesem Fall meilenweit an jenen des Zuschauers vorbei. Die 25 Millionen Dollar an Budget, die der Verleih für den Dreh der Romanverfilmung in die Hand nahm, spielte der Film trotz des mauen Eroffnungswochenendes von gerade einmal 8 MIllionen US-Dollar (in über 3.300 Kinos in den USA) zwar wieder ein, doch der eigentliche Flop findet sich beim Blick auf die Resonanz.

Namhafte Publikationen wie The Hollywood Reporter, Varietey und das Time Magazin zerrissen den Film in der Luft. Auf der Online Plattform verzeichnet der Film derzeit einen Wert von rund 30 Prozent. Metacritic kommt aktuell auf einen Wert von 48. Ridley Scott spricht seither nur noch ungern über seinen Film. Für ihn ging «The Counselor» in jeder Hinsicht als eines der schlechtesten Werke seiner Karriere in die Filmgeschichte ein.

Die 6 glorreichen Aspekte von «The Counselor»


Der Thriller: Laut Online-Enzyklopädie Wikipedia ein Filmgenre, das vom „Erzeugen eines Thrills“, „einer Spannung, die nicht nur in kurzen Passagen, sondern während des gesamten Handlungsverlaufs präsent ist“ und „einem beständigen Spiel zwischen Anspannung und Erleichterung“ lebt. Der Roman von Cormac McCarthy («No Country for Old Men»), der dem gleichnamigen Film «The Counselor» von «Alien: Covenant»-Regisseur Ridley Scott als Basis dient, bietet vom Stoff her ideale Voraussetzungen für einen interessanten Film dieser Sparte. Genau ein solcher ist dieser auch geworden, macht sich die einzelnen Thriller-Merkmale jedoch auf andere Weise zunutze, als es übliche amerikanische Genrekost tut. Im Stile minimalistischer Romanverfilmungen wie David Cronenbergs «Cosmopolis» bringt Scott eine tiefschwarze Weltanschauungs-Fantasie zustande, kleidet sie in nihilistische Bilder vor exotischer Kulisse und lässt eine Handvoll Mimen aus Hollywoods A-Liga sich gegenseitig zerfleischen – wenn auch fast ausschließlich in Form hochstilisierter Dialoge, teilweise 1:1 aus dem Roman übernommen.



Dass Kritiker und Zuschauer bei Namen wie Brad Pitt, Cameron Diaz, Penélope Cruz, Javier Bardem und nicht zuletzt Michael Fassbender automatisch einen potentiellen Hollywood-Blockbuster vor Augen haben, ist nicht verwerflich. Zumal mit Regisseur Ridley Scott ein Spezialist auf diesem Gebiet hinter den Kulissen die Strippen in der Hand hält. Entsprechend groß schien rasch die Ernüchterung, als ersichtlich wurde, dass sich «The Counselor» nicht auf den klassischen Adrenalinkick verlässt, sondern vor allem auf den philosophischen Ansatz der Geschichte baut. Kein Wunder also, dass ein Großteil der übersichtlichen zwei Stunden aus anspruchsvollen Dialogen besteht, denen eine Bedeutung für die Handlung jedoch nicht abgeht. Dass es bisweilen anstrengend ist, die Geschichte im Gesamten zu verfolgen, ist dabei nicht von der Hand zu weisen. Dennoch erweist sich das große Ganze ziemlich schnell als symbolträchtige Milieustudie, die kaum auf brachiale Gewalt setzt. Vielmehr macht sich Scott die extravaganten Figuren zunutze und platziert in der glutheißen Wüste New Mexicos – einem Bild von Kulisse – einen zweiten Handlungsstrang in Form einer Satire auf das Leben der oberen Zehntausend. So entfaltet sich nach und nach der Zynismus beider Welten, die so lange nebeneinander her existieren, bis es eines Tages zum großen Knall kommt.

Die teils kuriosen Figuren, die auf den ersten Blick wie bloße Abziehbilder belangloser Stereotypen wirken, sind bis in die Haarspitzen Karikaturen von Personen, die einem ungewöhnlichen Lebensstil frönen. Weit abseits der brutalen Geschäftswelt, in der sich der namenlos bleibende Counselor bewegt, genießen diese ihr exquisites Leben in vollen Zügen. So ergibt sich das Bild einer schwarz-weiß-gezeichneten Gesellschaft, in welcher die einen ums nackte Überleben kämpfen und die anderen gegen Bilder von Autos vögelnden Frauen in ihrem Kopf. So skurril besagte Szene auch wirkt, in welcher Cameron Diaz mit gespreizten Beinen auf der Windschutzscheibe eines Luxusautos hin- und herrutscht, so konsequent ist doch ihre Platzierung innerhalb der Handlung: Wenn Javier Bardem aufgewühlt von dem für ihn einschneidenden Erlebnis spricht, als schildere er gerade die Beobachtung eines Verbrechens, wird im Kontext zu vorausgegangenen Gesprächen deutlich: Hier haben sich die Prioritäten ins Abnormale verschoben. Denn als Bardem kurz vorher die Funktionalitäten und Vorzüge einer motorbetriebenen Eisenschlinge als Mordwerkzeug schildert, verzieht dieser keine Miene.

In «The Counselor» funktioniert vor allem das Spiel mit Gegensätzen. Immer wieder scheinen sich die zwei Welten gegenseitig darin überbieten zu wollen, in welcher zu leben es verwerflicher ist. Dem Zuschauer bleibt eine Stellungnahme dazu kaum erspart – hat er mit dem charismatischen und von Michael Fassbender exzellent verkörperten Counselor doch eine Hauptfigur, die sich dieser Frage ebenfalls stellen muss. Ab und an, so scheint es, findet sich für ihn eine ethisch vertretbare Lösung, nur damit sich diese wenig später als weitere Sackgasse entpuppt. Wie etwa das selbstlose Freikaufen eines Mandanten, das weniger selbstlos denn vielmehr kopflos ist – und so schließlich auch für den Mandanten endet. So wird vor allem die temporeichere zweite Hälfte des Films zu einem Spießroutenlauf durch allerhand Konsequenzen: Sofern der Counselor an die falsche Stelle tritt, bekommt er sie unweigerlich zu spüren. Eine immerwährende Spannung ist somit garantiert, die Charakteristik des Thrillers erfüllt, wenngleich die Erleichterung nach der Anspannung nahezu ausbleibt und dadurch besonders bedrückend wirkt. Zwei Gewaltspitzen, die auf konsequente Zuspitzung und nicht auf Effekthascherei setzen, verleihen dem Film eine zusätzliche Durchschlagskraft.

«The Counselor» ist auf DVD erschienen und via Amazon, Maxdome, iTunes, Google Play, Wuaki, Microsoft, Videoload, Sony, CHILI sowie Juke abrufbar.
21.05.2017 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/93279
Antje Wessels

super
schade


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Alien Alien: Covenant Cosmopolis Covenant Ein gutes Jahr Hannibal Ishtar No Country for Old Men Superman The Counselor

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