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Nerd Prom Gone Wrong

Das diesjährige "White House Correspondents' Dinner" lief trotz der Abwesenheit des Präsidenten erstaunlich normal ab - genau die falsche Haltung.

Das letzte Jahr, in dem ein Präsident dem traditionellen „White House Correspondents‘ Dinner“ fernblieb, war 1981. Für seine Abwesenheit hatte Ronald Reagan einen guten Grund: Einen Monat vorher war auf ihn geschossen worden und er erholte sich noch von diesem Attentat.

Warum Donald Trump dieses Jahr nicht zu der Veranstaltung ging, kann man sich denken: Er hält harte Bandagen nicht aus. Und beim „White House Correspondents‘ Dinner“ muss sich der amerikanische Staatschef alljährlich viel anhören.

Trumps Abwesenheit hätte man als eine erste Steilvorlage auffassen können, um eine humoristisch gelungene wie intellektuell scharfe Abrechnung seiner ersten hundert Tage im Amt vorzutragen. Über die korrupte Vetternwirtschaft, die neofaschistische Ideologie, die geballte Inkompetenz, das unaufhörliche Versagen, die intellektuellen Zumutungen, die wahrscheinlich kriminellen Verbindungen zu Russland, die brandgefährlichen Allmachtsphantasien, die jämmerlichen, aber empörenden Versuche, die amerikanische Demokratie zu strangulieren. Was im Idealfall zu erwarten gewesen wäre: eine Rede, wie sie Keith Olbermann halten würde, vielleicht mit ein paar Witzen mehr.

Hasan Minhaj, der diesjährige Roaster, ließ die Gelegenheit aber weitgehend ungenutzt verstreichen, und arbeitete die zahlreichen Fehltritte der noch jungen Trump-Regierung eher als bemühte Pflichterfüllung ab. Ihm fehlte eine Haltung, die über die Echo-Chamber-hafte Ablehnung der Präsidentschaft Trumps hinausging. Sein Vortrag war vergleichsweise normal, unter Umständen, die aber schon lange nicht mehr normal sind. Trumps Beschimpfungen der Presse erinnern an den Duktus in diktatorisch geführten Kleptokratien. Ein „White House Correspondents‘ Dinner“ wäre – mit oder ohne seiner Anwesenheit – eine ideale Gelegenheit gewesen, ein intelligentes Gegenmodell zu etablieren.

Diese Aufgabe übernahmen immerhin die Watergate-Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein. Doch das eigentliche Kernelement des Abends, der Roast, wurde den besonders hohen Ansprüchen dieses Jahres nicht gerecht. Das diesjährige Dinner war ein Schuss in den Ofen. Präsident Trump hat nicht einmal darüber getwittert. Angesichts dessen, dass er auf Parodien und medienwirksame Verrisse ansonsten mit Tobsuchtsanfällen in 140 Zeichen reagiert, eine schlechte Resonanz – und wohl das vernichtendste Urteil.
05.05.2017 13:46 Uhr Kurz-URL: qmde.de/92916
Julian Miller

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