Nur noch kurz die Welt retten: Der amerikanische Wissenschaftsstar Bill Nye hat sich mit seiner neuen Show bei Netflix dem Titel nach nicht wenig vorgenommen. Gut so!
Wissenschaftlichkeit sollte keine Haltung sein müssen, der kognitive Vorrang des intellektuell Überprüfbaren vor schwachsinnigen Absonderlichkeiten und quacksalberischem Hokuspokus kein bemerkenswerter oder besonders rühmlicher Umstand. Doch wir leben in der Zeit von Brexit und Trump, wo wilde, unhaltbare Versprechen mehr gelten als sinnige Analysen, wo Fakten zu Meinungen degradiert werden und unverfrorene Lügen schlicht zu alternativen Fakten umdeklariert werden.
Mit seiner dreizehnteiligen Netflix-Show sagt Bill Nye den üblichen Verdächtigen den Kampf an: Klimawandelleugnern, Impfgegnern, Homöopathen, Alternativmedizinern, Quacksalbern, Gen-Food-Skeptikern. Jenen, die es mit der Wahrheit entweder nicht so genau nehmen, oder für die ein diffuses „Gefühl“ eine höhere oder mindestens eine ähnliche Aussagekraft hat wie die kühle, unaufgeregte, aber eben auch wertneutrale Wissenschaftlichkeit. Diese Show ist praktizierte Aufklärung – der Anklang an die gleichnamige Geistesströmung des achtzehnten Jahrhunderts vor dem Hintergrund aktueller Ereignisse bewusst gewählt.
Bill Nye ist für ein solches Vorhaben freilich die Idealbesetzung. Als studierter Ingenieur mit langer Berufserfahrung brachte er bei PBS als «Bill Nye, the Science Guy» vor zwei Jahrzehnten jungen Amerikanern die Grundzüge eines wissenschaftlichen Weltverständnisses bei. Mit «Bill Nye Saves the World» macht er nun, wie immer stilecht in einer schicken Fliege gekleidet, exzentrische Erwachsenenunterhaltung. Dabei erhält er Unterstützung von einem breiten Panel zumindest jungen Amerikanern bekannter Persönlichkeiten, wenn Joana Hausmann (
ihr großartiges Frühwerk) einen sonderbaren Geistheiler aufsucht, Model Karlie Kloss charmant bei Experimenten assistiert und Derek Muller sich in die Höhle des Löwen eines linksalternaitven „Farmer’s Market“s begibt.
«Bill Nye Saves the World» hat eine einfache, aber wichtige Ambition: Die Show will den kognitiven Vorrang der Wissenschaft vor verlogenem oder dummem Geschwätz reetablieren und die Klimaskeptiker, Homöopathen und Impfgegner auf ihre marginalisierten Plätze verweisen. Dabei bedient sie sich nicht minder simpler, aber ebenso effektiver Methoden: Nye erklärt, widerlegt gekonnt vermeintliche Gegenargumente der
Alternative-Facts-Fraktion und bringt uns bei einem breiten Themenspektrum von globale Erwärmung über künstliche Intelligenz bis genmanipulierte Nahrungsmittel auf den neuesten Stand der Wissenschaft.
Wichtig zu verstehen: Diese Sendung ist kein Meinungsbeitrag, sondern eine launige, kurzweilige, kluge und freudvoll exzentrische Faktensammlung, die sich nicht scheut, vermeintliche abweichende Meinungen zu präsentierten, sie aber dann ganz im Sinne der Wissenschaftlichkeit zu zerlegen. Homöopathen, Impfgegner und Klimaskeptiker werden sie hassen – dabei wären sie ihr wichtigstes Publikum.
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