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Die Sat.1-Vorabend-Sünden

Special: Sat.1 liebäugelt wieder mit einer Vorabendserie. Haben die Macher die Flops «Patchwork Family» und «Mila» noch im Kopf?

In einem Interview mit dem Magazin Horizont kündigte Senderchef Kaspar Pflüger vergangene Woche vorsichtig zu erwartende Änderungen des Vorabend-Line-Ups an. Um die Access Prime besser vom Nachmittags-Programm zu trennen, arbeite sein Team derzeit an einem tagesaktuellen Format und auch wieder an einer Vorabend-Serie. Mehr ins Detail ging Pflüger nicht, es ist jedoch zu vermuten, dass Sat.1 nochmal einen Anlauf bei einer (mehr oder weniger) klassischen Daily nehmen möchte, erinnert man sich in München doch gerne zurück an Erfolge, die noch aus der Berliner Zeit des Kanals stammten. Damals hatte man mit «Verliebt in Berlin» und «Anna und die Liebe» zwei schöne Erfolge hervorgebracht.

Doch die jüngsten Versuche in diesem Metier waren zum Scheitern verurteilt. Da war etwa «Patchwork Family», eine Serie, die man als Mix aus «Modern Family» und «Berlin – Tag & Nacht» ansehen konnte. Sat.1 zeigte davon 30 Folgen zwischen Ende Januar und Anfang März 2013. Filmpool lieferte die Serie, die von Laiendarstellern und ihrer „Authentizität“ lebte. Im Nachhinein muss gesagt werden, dass die schon zum Start enttäuschenden 7,4 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe auf dem 18-Uhr-Sendeplatz das höchste der Gefühle bleiben sollten. Schon am Ende der ersten Woche waren die Quoten auf 5,2 Prozent gestürzt, sodass eine Verdoppelung des Werts nötig gewesen wäre, um auf einen grünen Zweig zu kommen. In der Folgewoche pendelten sich die Marktanteile bei zwischen fünfeinhalb und sechseinhalb Prozent der Werberelevanten ein; was eine mehr als nur dürftige Ausbeute war.

Auch in Woche drei kamen die jeweils einstündigen Folgen nicht in Fahrt: Die Marktanteile blieben konstant bei sechs Prozent oder etwas mehr. Als man die 6-Prozent-Marke in der vierten Sendewoche gleich zwei Mal unterbot, dürften bei Sat.1 erste Überlegungen eines Exits entstanden sein. Woche fünf, die am Freitagabend nur noch 5,0 Prozent bereit hielt und Folge 26, die Woche sechs mit miesen 4,9 Prozent eröffneten, besiegelten das Schicksal der Serie.

Das gefloppte «Patchwork Family» hielt aber immerhin vier Wochen länger durch als «Mila» von UFA Serial Drama. Die Serie mit Susan Sideropoulos, die alle noch bestens aus «GZSZ» kennen, hielt sich gerade einmal zwei Wochen im Vorabendprogramm von Sat.1 und war – gemeinsam mit dem Magazin «Unser Tag» der große Herbstflop 2015. Ohne richtige Cliffhanger, dafür mit belanglosen Storys ausgestattet, fiel die mit miesen 6,4 Prozent Marktanteil gestartete Serie schon an Tag drei auf 5,7 Prozent. An Tag vier wurden bessere 7,0 Prozent ermittelt, was zugleich auch der Bestwert von Woche eins war. Die zweite Woche startete mit 4,6 Prozent Marktanteil, tags drauf fiel die UFA-Produktion um 19 Uhr sogar auf vier Prozent. Sat.1 musste reagieren und kündigte das Aus zum Ende der Woche an.

Bis dahin holte die Serie noch schlechte 5,0, 4,2 und 6,4 Prozent. Das Erinnern an diese zwei außerordentlichen Flops soll keine Warnung sein, das Genre Daily Soap am Vorabend nie wieder anzufassen. Es ist vielmehr eine Mahnung bei der Konzeption neuer Formate an vergangene Flops zu denken und zu lernen, was man offensichtlich falsch machte. Was also fehlte den beiden Flops, was Hits wie «Verliebt in Berlin», «Anna und die Liebe» und – mit Abstrichen - «Eine wie keine» hatte?

Was sonst noch war...


Linda Marlen Runge hat ihren Vertrag bei «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» verlängert. Die Dauer ihres neuen Arbeitspapiers ist aber nicht bekannt. In der Daily spielt sie seit November 2013 die Figur Anni Brehme.
26.04.2017 09:45 Uhr Kurz-URL: qmde.de/92666
Manuel Weis

super
schade


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Anna und die Liebe Berlin Berlin – Tag & Nacht Eine wie keine GZSZ Gute Zeiten schlechte Zeiten Mila Modern Family Patchwork Family Tag & Nacht Unser Tag Verliebt in Berlin

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Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
Familie Tschiep
26.04.2017 18:15 Uhr 3


Alle Formate würden polarisieren, aber ich glaube, dass alle ihr Publikum finden würden. Man braucht ja keine 50 %, sondern nur 12 bis 15 Prozent in der Zielgruppe am Anfang. Alle drei Richtungen traue ich diesen Erfolg zu, weil sie sich von anderen Formaten abgrenzen. Historische Romane sind sehr beliebt (und leider auch sehr teuer/ Aber die Brasilianer bekommen es auch hin) und Shonen Ai hat bei jüngeren Frauen viel Erfolg.



Zur Bestattungsidee muss ich Club der roten Bänder erwähnen, bei dem niemand mit dem Erfolg gerechnet hat- Wer will schon krebskranke Jugendliche sehen?

Wenn es spannend erzählt wird, kommen bei allen Formatideen noch Zuschauer hinzu.

Es braucht zweifelsfrei ordentliche Cliffhänger, viel Konflikte und eine aufregende Liebesgeschichte von Anfang an, aber das ist Handwerk. Daran hat sich Mila nicht gehalten.

(Schwierig war bei Mila auch das abgehobene Journalistensujet, das ja nicht ganz so mit Träumen behaftet ist und auch als etwas intellektuell gilt.)



Bislang funktionierten neue Seifenopern nur, wenn man die alten Modelle einer Daily Soap in Frage gestellt hat. Die Telenovelas funktionierten anders aus als die Daily Soaps und Berlin Tag und Nacht funktionierte wiederum anders.

Der Zuschauer darf nicht das Gefühl haben, eine 08/15-Soap zu bekommen.
medical_fan
28.04.2017 16:27 Uhr 4

Nicht alles was im Ausland funktioniert funktoniert auch bei uns(z.B. Little Big Shots bzw. Stars,Empire...)
Gut aber wenn man dann muss es schon was ähnliches sein und so einen Stoff wie der von CdrB reicht wahrscheinlich grad mal für 3Staffeln bzw. 30 Folgen und ist als Dailysoap schonmal komplett ungeeignet. Und ob man das Leben von jemanden der einem Bestattungsinstiut arbeitet sehen möchte?
Familie Tschiep
28.04.2017 16:55 Uhr 5
Nein, bloß nicht etwas ähnliches wie CdrB machen, das geht schief, viel lieber den Spirit übernehmen. Niemand braucht jetzt eine Seifenoper über 4 Frauen, die gegen ihre Krebserkrankung ankämpfen.



Wenn es gut erzählt ist, kann man Zuschauer wahrscheinlich überall hin mitnehmen, selbst in ein Bestattungsinstitut, sofern keine Bruder-Schwester-Inzest-Story erzählt wird. Ich kann mir vorstellen, dass es geerdeter ist als das Journalistenmilieu.



Die Beispiele bezogen sich auf den deutschen Buchmarkt. Ja, Musicals haben es in Deutschland schwer.
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