Vielleicht hätte der tatsächlich recht einprägsame «Bye Bye Man» ja das Potenzial zu einer neuen Horror-Kultfigur gehabt. Doch der gleichnamige Film entpuppt sich auf ganz anderer Linie als wahrer Albtraum.
Filmfacts: «The Bye Bye Man»
- Kinostart: 20. April 2017
- Genre: Horror
- FSK: 16
- Laufzeit: 96 Min.
- Kamera: James Kniest
- Musik: The Newton Brothers
- Buch: Jonathan Penner
- Regie: Stacy Title
- Darsteller: Carrie-Anne Moss, Cressida Bonas, Douglas Smith, Lucien Laviscount, Doug Jones
- OT: The Bye Bye Man (USA 2017)
Der Kultkiller Freddy Krueger aus den zahlreichen «Nightmare On Elm Street»-Filmen hat einer ganzen Generation das Fürchten gelehrt. Mit ein Grund: Das Grauen der Leinwand lässt sich ziemlich leicht auch in die Realität übertragen. Wenn ein Killer seine Opfer in deren Albträumen heimsucht und man diesem nur entgeht, wenn man gar nicht erst schläft, dann legt man sich als zart besaiteter Zuschauer anschließend schon mal weitaus weniger entspannt zur Ruhe. Das Prinzip des sogenannten „Bye Bye Man“ funktioniert ganz ähnlich. Dieser nistet sich nämlich in den Köpfen seiner Opfer ein, sofern man seinen Namen denkt oder ausspricht. Entsprechend kommt man am besten durchs Leben, wenn man brav das Credo „Sag ihn nicht! Denk ihn nicht!“ wiederholt – doch wie das bei (Teenie-)Horrorfilmen nun mal so ist, begeht irgendwann Jemand den Fehler, und tut doch genau das, was er eigentlich nicht soll. Soweit zur Genrekonformität, die auch vollkommen klar ginge, würde «The Bye Bye Man» denn wenigstens seiner Einordnung als Horrorfilm gerecht werden. Doch abgesehen davon, dass die Grundidee an sich Potenzial für einen guten Film gehabt hätte, ist dieser hier einfach nur öde und eben ganz und gar nicht gruselig. Aus dem Bye Bye Man wird so ganz sicher kein neuer Freddy Krueger.
Sag ihn nicht, denk ihn nicht!
Als drei ahnungslose College-Freunde auf die schockierenden Ursprünge des sogenannten Bye Bye Man stoßen, erkennen sie, dass es nur einen einzigen Weg gibt, um seinem Fluch zu entgehen: „Denk ihn nicht! Sag ihn nicht!“ Denn sobald sich der Bye Bye Man im Kopf eingenistet hat, übernimmt er die Kontrolle und lässt einen die bösartigsten Dinge tun. Gibt es eine Möglichkeit, seiner Macht zu entkommen …? Wir fragen uns oft, was die Menschen tagtäglich zu grausamen Taten antreibt – aber was, wenn man sich gar nicht die Frage nach dem „was“, sondern nach dem „wer“ stellen muss? Was, wenn eine dunkle, unbarmherzige Macht hinter all dem Bösen und den Gräueltaten steckt?
Normalerweise würden wir uns an dieser Stelle erst einmal mit jenen Dingen befassen, die an «The Bye Bye Man» gelungen sind. Doch sieht man einmal davon ab, dass die Prämisse – basierend auf einer urbanen Legende sowie Robert Damon Schnecks Kurzgeschichte «The Bridge to Body Island» – tatsächlich eine ganze Filmreihe tragen würde, gibt es da nicht mehr viel zu holen. Immerhin versucht Drehbuchautor Jonathan Prenner (gehört angeblich zu den Autoren der kommenden «King Kong»-Serie) sogar, in seinem Skript nicht bloß Jumpscares aneinander zu reihen (für einen Teenie-Horrorfilm sind diese nämlich überraschend rar gesät oder zünden im Zweifelsfall gar nicht erst), sondern irgendwie auch einen alles umrahmenden Krimi-Plot zu integrieren. Immerhin wollen die vom Bye Bye Man heimgesuchten Figuren ja auch ergründen, wie sie diesen mit einem Krebsgeschwür verglichenen Fluch wieder loswerden können. So werden in Bibliotheken Bücher gewälzt und Nachforschungen in der Vergangenheit des Hauses angestellt.
Das Problem: In diesem Fall tun das in erster Linie drei Figuren, denen nicht bloß die Überzeugungskraft fehlt, zu übermitteln, dass das alles hier auch wirklich wichtig ist. Nicht einmal ihren Opferstatus als von einer fiesen Kreatur heimgesuchte Zeitgenossen nimmt man ihnen ab. Am Skript liegt das nicht unbedingt, denn gerade wenn es darum geht, zu veranschaulichen, wie der Bye Bye Man die Sinne der Jugendlichen manipuliert, blitzt hier und da Kreativität durch. Doch offenbar hatte vor der Kamera Niemand so wirklich Lust darauf, diese Ideen mit darstellerischem Leben zu füllen.
Eine Enttäuschung auf ganzer Linie
Allen voran Douglas Smith («Ouija – Spiel nicht mit dem Teufel»), der optisch an ein schlechtes Dane-DeHaan-Double erinnert, ist es, dessen Performance in «The Bye Bye Man» arg zu wünschen übrig lässt. Mehr als eins ums andere Mal verdutzt ins Leere schauen, wenn wieder einmal etwas Unvorhergesehenes passiert, scheint dem 31-jährigen Kanadier nicht einzufallen, um seine Figur mit Leben zu füllen. Dabei sind die Liebesschwüre an seine Freundin von einer ähnlich leidenschaftslosen Attitüde wie die Aggressionen, die er gegen seinen Kumpel John hegt, als der Bye Bye Man ihm vorgaukelt, dieser würde an seiner Freundin herum baggern. Besagte Freundin, gespielt von Cressida Bonas («Doctor Thorne»), hat die wichtige Aufgabe, ab dem Moment des Fluchs kränker und kränker zu werden, wobei sich das lediglich darin äußert, dass sie ab und an ein wenig hustet. Lucien Laviscount («Scream Queens») macht indes das Trio komplett, hat von allen drei jedoch am wenigsten Angst und wirkt eher albern, wenn es doch einmal zu einem Gefühlsausbruch kommt. Am ehesten überzeugen, kann da noch «Matrix»-Aktrice Carrie-Anne Moss als engagierte Polizistin, nur bekommt diese leider zu wenig zu tun, um den Film darstellerisch noch irgendwie zu retten.
Ab und an gelingt es Horrorfilmen ja, wenigstens über die Optik Qualitäten herauszuholen, die auf darstellerischer sowie erzählerischer Ebene nicht gegeben sind – ein gutes Beispiel dafür war zuletzt der Direct-to-DVD-Titel «Bedeviled – Das Böse geht online». In «The Bye Bye Man» geht es stattdessen einfach nur dunkel zu, während die wenigen Effekte, allen voran ein computeranimierter Höllenhund, einfach nur derart billig wirken, dass es fast schon peinlich ist. Ebenfalls peinlich geraten viele der Dialoge, zu denen auch die extrem statische, leblose deutsche Synchro zusätzlich dazu beiträgt, dass dem Film nach und nach jedwedes Leben abhanden kommt. Die wenigen Jumpscares verfehlen ihre Wirkung durch mieses Timing, die vorab stark absehbare Funktionalität oder gehen einfach nur auf den Senkel, wenn wieder einmal eine plötzlich anschwellende Tonspur mit einem echten Schock verwechselt wird. So muss es am Ende das Standardrepertoire eines typischen Horrorfilms richten: Spiegel zerspringen, gruselige Fratzen tauchen wie aus dem Nichts auf und als eine der Figuren in den Keller geht, geht plötzlich das Licht aus und die Tür fliegt so. Wenn all das wenigstens die Effektivität eines «Conjuring» hätte, wäre das ja nur halb so schlimm. Aber so ist «The Bye Bye Man» einer der schlechtesten und vor allem lieblosesten Horrorfilme der letzten Jahre. Bye Bye, Bye Bye Man!
Fazit
So leidenschaftslos hat sich schon lange kein Horrorfilm mehr präsentiert. Gegen «The Bye Bye Man» sieht selbst ein «Rings» hochwertig aus. Holzschnittartige Figuren, schlechte Darsteller und hanebüchene Dialoge machen diesen Film zu einer Mutprobe für die Nerven.
«The Bye Bye Man» ist seit dem 20. April in den deutschen Kinos zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel