Wir sprachen mit «Die Dasslers»-Darsteller Hanno Koffler über die Herausforderungen seiner Rolle, seine Meinung zu RTLs «Duell der Brüder» und die Relevanz der Brüdergeschichte der Dasslers.
Zur Person: Hanno Koffler
Hanno Koffler wurde 1980 in Berlin geboren. Seine erste Filmrolle spielte er in «Rec Kassettenjungs/Kassettenmädchen» für das Jugendmagazin der „Süddeutschen Zeitung“. Spätestens durch «Anatomie 2» (2003) wurde Koffler schließlich einem großen Publikum bekannt. Nach seinem Engagement in «Sommersturm» (2004), bewarb sich Koffler am Reinhardt-Seminar Wien, wurde aus Hunderten von Bewerbern als Schüler ausgewählt und schließlich von Klaus Maria Brandauer unterrichtet. In «Hallesche Kometen» (2005) spielte Koffler seine erste Hauptrolle. Neben Matthias Schweighöfer und Joseph Fiennes sah man ihn 2006 in «Der rote Baron», sofort schloss sich mit «Krabat» eine weitere Kino-Produktion an. Nach weiteren Film- und TV-Produktionen wurde Koffler für seine Leistung in «Nacht vor Augen» mit dem Franz Hofer-Preis 2009 geehrt. Zwei Nominierungen für den "Deutschen Filmpreis" erhielt Koffler für seine Schauspielarbeit in «Freier Fall» (2014) und dem Berlinale-Beitrag «Härte» (2015). Herr Koffler, Sie spielen PUMA-Gründer Rudolf Dassler. Die Darstellung einer realen Person ist immer mit einer gewissen Verantwortung verbunden, insbesondere wenn sich auch heutzutage noch viele Menschen an sie erinnern. Wie haben Sie sich auf Ihre Rolle vorbereitet und wie groß war der Druck, PUMA-Gründer Rudolf Dassler im Film authentisch darzustellen?
Bei der Figur Rudolf Dassler hat man als Schauspieler den Vorteil, dass es eine Persönlichkeit war, dessen Gesicht und Charakter heutzutage kaum noch präsent sind, obwohl das Produkt PUMA natürlich jeder kennt. Daher besaß ich als Schauspieler recht viele Freiheiten in der Gestaltung. Ich habe natürlich dennoch den Anspruch, dass die Hintergründe dieses Charakters gut recherchiert sind und wollte einen lebendigen, vielschichtigen Charakter erarbeiten, der beim Publikum Empathie erzeugt. Dafür war ich auch zu Besuch bei PUMA und habe mich dort mit Helmut Fischer ausgetauscht, der dort jahrelang die Marketingabteilung geleitet hat. Als ich mich mit ihm in Herzogenaurach unterhalten habe, habe ich eine ganz andere Verantwortung gespürt als davor. Hinzu kam, dass meine ersten Turnschuhe, die ich als kleiner Junge trug, von PUMA stammten und ich so auch persönlich etwas mit der Marke verbinde. Daher wollte ich alles in die Rollgengestaltung hineingeben und habe mich letztlich Monate lang darauf vorbereitet.
Dass nun innerhalb eines Jahres gleich zwei Fernsehfilme zu dem gleichen Thema erschienen, spricht für sich. Wieso ist das Leben von Adolf und Rudolf Dassler ideal für fiktionale Verwertungen im Fernsehen geeignet?
Jeder kennt diese Marken. Jeder kennt Adidas, jeder kennt PUMA. Wenn man heutzutage aber auf der Straße nachfragt, ist den meisten Menschen gar nicht klar, wer dahintersteckt und dass diese beiden Marken so einen großen Teil deutscher Geschichte in sich vereinen. Dafür stehen diese beiden Brüder. Wenige wissen außerdem, dass die Gründer von Adidas und PUMA tatsächlich Brüder waren. Wenn man anfängt, sich damit zu beschäftigen, eröffnet sich ein archaischer Konflikt zwischen den Familien der Brüder, womit sich jeder zu einem gewissen Teil identifizieren kann. Wir alle wissen, was es bedeuten würde, wenn man als Familie auseinanderbricht. Es ist also eine sehr emotionale Familiengeschichte, die sich gleichzeitig einige Jahrzehnte durch die deutsche Geschichte zieht und in deren Kontext steht. Eigentlich liegt es auf der Hand, warum das ein toller Filmstoff ist.
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Ich glaube, viele Zuschauer, die vom RTL-Film begeistert waren, wissen gar nicht, was man aus dieser Geschichte wirklich herausholen kann.
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Hanno Koffler
Haben Sie sich aus Neugier denn auch den RTL-Film angesehen? Wenn ja, warum sollten sich die fast 5 Millionen Zuschauer des RTL-Films auch unbedingt die ARD-Version ansehen?
Ich habe mir die Hälfte des Films angeschaut und musste dann leider abschalten, weil ich es teilweise als völlige Missinterpretation der Charaktere wahrnahm, vor allem im Fall von Rudolf Dassler und der Darstellung von PUMA. Der RTL-Film war mir viel zu einseitig. Das, was wir auf die Beine gestellt haben mit dem Zweiteiler, geht so tief in die Charaktere und die ganzen Lebensumstände der Brüder hinein, dass ich finde, diese beiden Filme haben wenig miteinander zu tun, außer dass RTL natürlich bestimmte Fakten und historische Ereignisse auch erzählt. Emotional und in Bezug auf die kreative Größe kann man die Filme aber gar nicht miteinander vergleichen.
Ich glaube, viele Zuschauer, die vom RTL-Film begeistert waren, wissen gar nicht, was man aus dieser Geschichte wirklich herausholen kann. Es gab in der Konstellation zwischen Adidas und PUMA nicht den Guten und den Bösen. Wir erzählen außerdem nicht nur einen Ausschnitt, sondern nahezu das gesamte Leben der Brüder, von ihren Zwanzigern bis zum Tod. Das ist eine Dimension, die sich der RTL-Film gar nicht annimmt. „Die Dasslers“ hat einfach eine ganz andere Qualität, das muss ich mal so sagen.
Was haben Sie im Rahmen der Arbeit an „Die Dasslers“ über die Person Rudolf Dassler gelernt, der ein Unternehmen gründete, das noch heute weltweite Bekanntheit genießt? Wie würden Sie ihn charakterisieren?
Was mich an dem Rudolf Dassler so fasziniert hat, ist, dass er so ein Kind dieser Zeit war. Solche Persönlichkeiten gibt es heutzutage kaum noch. Das war so eine schillernde Person, die, natürlich auch vom Ersten Weltkrieg geprägt, so einen unbedingten Drang besaß, das Leben in voller Gänze auszuschöpfen. Er sehnte sich wahnsinnig danach, in seinem Leben etwas Bedeutendes zu leisten. Zum einen war er der geborene Verkäufer, der ein unheimliches Talent in der zwischenmenschlichen Begegnung besaß. Auf der anderen Seite war er ein solcher Lebemann - ein Kettenraucher, der wirklich viele Frauen hatte. Er hatte etwas Schillerndes und gleichzeitig eine große Unruhe in sich, eine düstere Seite und in gewisser Weise auch eine nicht zu stillende Traurigkeit, wo auch immer die herkam. Ein wahnsinnig spannender Charakter!
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Es war eine sehr mutige Entscheidung, die Schauspieler für die Darstellung der Hauptfiguren über diese lange Zeitspanne nicht zu ersetzen.
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Hanno Koffler
Im Rahmen des Zweiteilers spielten Sie nicht nur den jungen Rudi Dassler in den 20er und 30er Jahren, sondern auch den gealterten PUMA-Gründer – zuletzt im Jahr 1974. Welche Herausforderungen gingen damit für Sie als Darsteller einher?
Es war eine sehr mutige Entscheidung, die Schauspieler für die Darstellung der Hauptfiguren über diese lange Zeitspanne nicht zu ersetzen. Dieser Entscheidung wollten wir uns aber auch stellen. Eine große Herausforderung lag darin, dass man die Maske nicht als Fremdkörper begreift, sondern sie auch lebendig macht. Noch vor dem ersten Drehtag, musste ich den Charakter in jungen Jahren außerdem in Bezug auf Gestik, Mimik, Körperlichkeit und Stimmverwandlung so anlegen, dass man einen Kern des Menschen erschafft und diesen auf Basis dessen über die Jahre altern lässt.
© ARD Degeto/Wiedemann & Berg/Martin Spelda
In der ARD-Version werden die Dassler-Brüder Adi und Rudi von Christian Friedel, (links) und Hanno Koffler (rechts) gespielt. In der RTL-Version der Geschichte hatten Ken Duken und Torben Liebrecht die Hauptrollen inne.
Der Zweiteiler funktioniert auf mehreren Ebenen: Als Familiendrama mit klassischen, fundamentalen Themen, als Historienfilm, aber auch als Vorgeschichte zweier Weltmarken, die den bekannten Unternehmen Gesichter verleiht. Was ist Ihrer Meinung nach der Hauptgrund dafür, warum die Geschichte der beiden Brüder auch heute nicht an Relevanz eingebüßt hat?
Die historischen Ereignisse, die Marken und ihre fantastische Entwicklung zu einer Zeit, als der Kapitalismus und das Wettbieten um die großen Sportgesichter Einzug gehalten hat – das sind die äußerlichen Entwicklungen, die unglaublich spannend sind. Das was mich aber besonders berührt hat, lag darunter: Die Auseinandersetzung der Brüder, diese Liebe, dieses „Dream Team“, das nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Nichts etwas aufgebaut hat, weil sie leidenschaftliche Sportler waren und sich wie Ying und Yang in ihren Charakteren ergänzt haben. Durch die Umstände der Zeit und durch Schicksalsschläge haben sie sich immer mehr voneinander entfernt, waren schließlich verfeindet und sind in einen erbarmungslosen Wettstreit miteinander getreten. Das ist die Geschichte, die mich dabei am meisten berührt. Dabei geht es gar nicht darum zu bewerten oder sich auf eine Seite zu schlagen, sondern zu zeigen, wie das stattgefunden hat. Eine Meinung kann sich der Zuschauer dann selbst bilden, die haben wir niemandem aufgedrückt.
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Es geht gar nicht darum zu bewerten oder sich auf eine Seite zu schlagen, sondern zu zeigen, wie das stattgefunden hat. Eine Meinung kann sich der Zuschauer dann selbst bilden, die haben wir niemandem aufgedrückt.
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Hanno Koffler
Der Familienkonflikt erstreckte sich über Generationen und findet seine Entsprechung auch heute noch in der Konkurrenz der beiden Marken Adidas und PUMA. Konnten Sie ein Gefühl dafür entwickeln, warum es den Brüdern und deren Familien nicht gelang, über die Zeit hinweg Frieden zu schließen?
Diese Frage stellt sich mir auch. Warum ist es so gekommen und warum haben sie sich nicht versöhnt? Oder haben sie sich vielleicht doch versöhnt und wir wissen es nur nicht? Das sind aber gleichzeitig die Fragen, die wir offenlassen wollen. Es gibt Möglichkeiten, sie für sich selbst zu beantworten, aber es gibt keine eindeutige Antwort darauf, egal wen man fragt. Weder gibt es einen genauen Zeitpunkt, der die Brüder entzweit hat, noch lässt sich ein Zeitpunkt der Versöhnung feststellen. So etwas kennen wir auch aus dem eigenen Leben und man hat das Bedürfnis, seine Erfahrungen damit auf einen Nenner zu bringen, obwohl das gar nicht möglich ist. Das kann einen unglaublich traurig machen manchmal, aber es kann auch eine Chance dafür sein, dass man irgendwann mal sagt: Es ist so, wie es ist, lass uns da mal einen Schlussstrich ziehen. Ich hatte immer eine große Hoffnung darauf, dass sie vielleicht im stillen Kämmerlein zusammengekommen sind und sich versöhnt haben. Sie haben sich ja auch im Alter irgendwann herausgezogen und die Fehde haben andere für sie fortgesetzt.
Zum Schluss Hand auf’s Herz: Adidas oder PUMA?
Die Frage erübrigt sich doch: Natürlich PUMA (lacht). Ich habe den Rudolf Dassler gespielt und bin auch ein großer Fan der Person. Ich hätte auch keine andere Rolle spielen wollen. Für die Zuschauer ist das natürlich anders, aber auch sie können am Ende nicht sagen, einer von den Brüdern sei schuld. Darum geht es auch nicht. Beide waren zwei unglaublich tolle Persönlichkeiten.
Vielen Dank für das Interview, Hanno Koffler!
Das Erste strahlt «Die Dasslers - Pioniere, Brüder und Rivalen» am Karfreitag, 14. April und Karsamstag, 15. April 2017, jeweils um 20:15 Uhr aus. Schon seit Montag, dem 10. April 2017, stehen beide Teile in der ARD-Mediathek zum Abruf bereit.
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12.04.2017 11:39 Uhr 1