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Der TV-Markt im März: Die ARD erwacht, die großen Privaten schlummern weiter

Das Erste macht mit neuen Saisonrekorden auf sich aufmerksam, wo hingegen RTL, Sat.1 und ProSieben weiterhin nur wenig zu lachen haben. Ein Jahresabonnement auf Quotenfreuden hat VOX abgeschlossen.

An der Spitze war der März ganz klare ARD-Domäne: Nicht nur, dass man mit dem Kölner «Tatort» die einzige zweistellige Millionenreichweite überhaupt verbuchte, nein auch sonst sah man ganz vorne fast nur die blaue Eins. Neben weiteren Krimis und dem Länderspiel der deutschen Nationalelf gegen England (9,71 Millionen) war es vor allem die neue Dienstagsserie «Charité», die bei den Programmverantwortlichen für selten da gewesene Euphorie sorgte: Mit 8,32 Millionen lief die Auftaktfolge so stark wie bei keinem seriellen Format seit über einem Vierteljahrhundert. RTL profitierte derweil von seiner eigenwilligen Politik, für jede Halbzeit der WM-Qualispiele separate Quoten ausweisen zu lassen - was der Partie gegen Aserbaidschan zumindest in Durchgang zwei starke 9,20 Millionen bescherte, während sich der erste Durchgang mit 7,22 Millionen noch deutlich schwerer tat. Der Anstoß um 18 Uhr kam allerdings auch nicht gerade der Gesamt-Reichweite zugute. Auch im ZDF stellte mit dem Champions-League-Spiel der Dortmunder gegen Lissabon wieder König Fußball die stärkste Ausstrahlung des Monats (7,72 Millionen), dahinter lagen Krimis und «Der Bergdoktor».

In der Zuschauergruppe der 14- bis 49-Jährigen hatte dank «Germany's Next Topmodel» und «The Big Bang Theory» auch ProSieben so richtig was zu bieten: Heidis Topmodel-Suche erzielte im Bestfall 2,04 Millionen junge Interessenten und 18,0 Prozent Marktanteil, die Nerds verbuchten maximal 2,00 Millionen, kamen am vergangenen Montag allerdings auf spektakuläre 20,6 Prozent - was nur noch einer privaten Primetime-Ausstrahlung vergönnt war, nämlich der ersten «DSDS»-Folge in diesem Monat. Unter den restlichen Sendern war es dann nicht etwa Sat.1, sondern VOX dank «Kitchen Impossible», das mit gleich zweimal 1,48 Millionen Werberelevanten und bis zu 13,8 Prozent die stärkste Duftmarke setzte. Darauf folgten das zeitgleich am Sonntag ausgestrahlte «The Voice Kids» mit bestenfalls 1,45 Millionen sowie die Premierenfolge der «Genial daneben»-Rückkehr mit 1,39 Millionen.

Von derartigen Zahlen konnten RTL II und kabel eins mal wieder nur träumen, kein einziges Format kam in dieser Zuschauergruppe der Millionenmarke auch nur nahe. Beim Gesamtpublikum waren indes bezeichnenderweise alte «Hawaii Five-0» mit maximal 1,58 Millionen das Beste, was man noch zu bieten hatte, während RTL II seinen Topwert von 1,44 Millionen mit «Die Reimanns» erzielte, bevor dahinter mit «Die Schöne und das Biest» (1,40 Millionen) sowie «Zurück in die Zukunft III» (1,39 Millionen) bekannte Spielfilme folgten. Im Show-Bereich stach dann noch «Rosins Restaurants» heraus, das immerhin 1,38 Millionen Menschen zu kabel eins lockte.


Alle Zuschauer (März 2017)


ALLE ZUSCHAUER (M?RZ)
12,0
11,8
13,0
13,3
9,3
8,8
3,2
3,1
5,4
5,3
7,0
7,1
4,7
4,5
3,4
3,4
Marktanteile in %  |  März 2017 ggü. Februar 2017

Nach seinem mit 13,9 Prozent spektakulären Januar musste das ZDF nun bereits zum zweiten Mal in Folge Einbußen hinnehmen - und lag dennoch einmal mehr mit 13,0 Prozent klar an der Spitze des Senderrankings. Sehr zufrieden mit seiner derzeitigen Entwicklung kann aber auch Das Erste sein, das mit 12,0 Prozent zum zweiten Mal in Folge einen neuen Saisonrekord hinlegte und damit die eher enttäuschenden 10,6 bis 11,2 Prozent aus den ersten fünf Saisonmonaten ein wenig vergessen machte. Ganz anders sah es bei RTL aus, das sich mit 9,3 Prozent zwar gegenüber dem miesen Februar-Wert zu steigern wusste, allerdings dem eigenen Anspruch von zumindest zweistelligen Zahlen erneut weit hinterher hinkte.

Wirklich gute Nachrichten waren bei den Privaten ohnehin einmal mehr Mangelware: Sat.1 muss mittlerweile sogar um die Sieben-Prozenthürde kämpfen und positionierte sich nach desolaten 6,6 Prozent im Januar sowie akzeptablen 7,1 Prozent zuletzt diesmal bei 7,0 Prozent. Schwestersender ProSieben plagen in diesen Zeiten aber auch ernsthafte Sorgen, denn die über viele Jahre hinweg problemlos überbotene Fünf-Prozenthürde erscheint plötzlich wie ein unüberwindbares Hindernis: Mit 4,7 Prozent entpuppte sich diese Messlatte bereits zum dritten Mal in Folge als zu hoch, wenngleich es immerhin wieder leicht gegenüber den 4,5 Prozent aus dem Vormonat bergauf ging.

Weiter voll auf Kurs des einzigen echten privaten Lichtblickes ist derweil VOX, das mit 5,4 Prozent das gute Februar-Abschneiden quasi reproduzierte. Unspektakuläre Performances gibt es derweil von kabel eins und RTL II zu vermelden, die nach wie vor weit hinter den Top Sechs zurückliegen und deutlich kleinere Brötchen backen müssen als noch im Vorjahr. Mit 58,0 statt 57,3 Prozent wussten sich die acht großen Sender immerhin gegenüber dem Vormonat zu steigern, der allerdings nur knapp einen neuen Allzeit-Negativrekord verfehlt hatte. Im direkten Vergleich mit dem März 2016 sah es hingegen weitaus weniger erfreulich aus, damals wurde mit 59,3 Prozent noch ein um fast anderthalb Prozentpunkte besserer Wert ausgewiesen.


14- bis 49-Jährige (März 2017)


14- BIS 49-JÄHRIGE (M?RZ)
7,0
6,7
6,0
6,4
12,3
12,3
5,7
5,3
7,6
7,4
8,5
8,9
10,0
9,6
4,6
4,8
Marktanteile in %  |  März 2017 ggü. Februar 2017

Während RTL seinem enttäuschenden Wert beim Gesamtpublikum immerhin dahingehend noch etwas Positives abgewinnen konnte, dass man sich im Vormonatsvergleich steigerte, hielt man in der werberelevanten Zielgruppe gerade einmal die 12,3 Prozent aus dem Vormonat - zum fünften Mal im siebten Anlauf wurde überdies die Marke von 13 Prozent verfehlt. ProSieben näherte sich mit einer leichten Verbesserung von 9,6 auf 10,0 Prozent der Konkurrenz zumindest wieder leicht an. Beide Sender fielen derweil im direkten Vergleich mit dem Vorjahresmonat deutlich zurück: RTL kam von 12,8 Prozent, ProSieben verlor gegenüber den 10,9 Prozent sogar noch etwas deutlicher.

Für Sat.1 reichten auch «The Voice Kids» und die erfolgreiche Rückkehr von «Genial daneben» nicht einmal dazu aus, um die mäßigen 8,9 Prozent aus dem Februar rüber zu retten. Gerade einmal 8,5 Prozent schalteten den Bällchensender in den vergangenen 31 Tagen ein, einzig im RTL-dominierten "Dschungelmonat" Januar lief es mit 8,1 Prozent noch etwas schlechter. Drum war es einmal mehr an VOX, dem Kollektiv-Versagen privater Senderanstalten zumindest etwas Einhalt zu gebieten. Mit 7,6 Prozent bestätigte man ein weiteres Mal die Nachhaltigkeit der eigenen Programmführung und legte sogar noch im Vergleich zum Vormonat zu - und im Vergleich zum Vorjahres-März ohnehin, wo "nur" 7,0 Prozent zu Buche gestanden hatten.

Einen weiteren Saisonrekord hat aber auch Das Erste zu vermelden: Mit 7,0 Prozent wurden die ohnehin schon starken 6,7 Prozent noch einmal überboten, zudem platzierte man sich klar vor der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz, die mit 6,1 Prozent wieder einige Körner verlor. Ebenfalls zufrieden kann man bei RTL II sein, das nach zuletzt drei sehr mäßigen Monaten in Folge mit nur 5,2 bis 5,4 Prozent nun immerhin wieder auf 5,7 Prozent zu verweisen hatte und damit auf ähnlichem Niveau rangierte wie im Vorjahres-März. Schwach wie lange nicht war hingegen kabel eins unterwegs, das als Schlusslicht des Rankings gerade einmal noch 4,6 Prozent mobilisierte und damit auf den tiefsten Stand seit über einem Jahr zurückfiel. Dramatisch liest sich dies vor allem im direkten Jahresvergleich, denn den März 2016 hatte man noch mit sehr erfreulichen 5,4 Prozent abgeschlossen.

Zusammengerechnet entgingen die großen Sender ihrem schlechtesten Abschneiden seit Messung der Einschaltquoten beinahe ebenso knapp wie im Vormonat, wo sie mit 61,4 Prozent sogar den ewigen Minusrekord aus dem Dezember 2016 einstellten. Diesmal standen nur geringfügig bessere 61,7 Prozent auf der Haben-Seite, womit knackige 1,3 Prozentpunkte gegenüber den 63,0 Prozent aus dem Vorjahresmonat fehlten. Das zeigt einmal mehr: Die Abwärtsspirale dreht sich für die "Big Eight" weiter und weiter.


Alle Zuschauer (Fernsehjahr)


ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,2
11,6
12,7
12,4
9,8
10,2
3,3
3,5
5,4
5,2
7,2
7,6
4,9
5,3
3,6
3,8
Marktanteile in %  |  Sep. 2016 – Mär. 2017 ggü. Sep. 2015 – Mai 2016

Das mit der sich immer weiter drehenden Spirale nach unten bekommen auch drei Viertel der Sender am eigenen Leib zu spüren. Nicht dazu zählen dürfte wohl das ZDF, das sich als Marktführer weiter von der Konkurrenz absetzen und sogar moderate Gewinne verbuchen kann: Statt 12,4 Prozent stehen nach derzeitigem Stand 12,7 Prozent auf dem Papier. Hierfür zeichnet der durchweg starke Auftakt ins erste Quartal 2017 verantwortlich, denn bis Dezember hatten die Mainzer gerade einmal 12,2 Prozent erreicht. Zumindest noch eine kleine Hoffnung besteht auch für Das Erste, nach zuletzt zweimal 11,6 Prozent in Folge diesmal keinen neuen Allzeit-Negativrekord vermelden zu müssen. Mit nach derzeitigem Stand 11,2 Prozent bedarf es allerdings eines saftigen Saison-Endspurts, da man sich einen ausgiebigen Schönheitsschlaf in den ersten fünf Monaten des Fernsehjahres gegönnt hatte.

Nicht wirklich gut sieht es auch für RTL aus, das seinen rasanten Abwärtstrend zwischen 2011 und 2015 im Vorjahr bremsen konnte - offenbar allerdings nur vorläufig, denn mit nur 9,8 Prozent spricht sogar vieles für den ersten einstelligen Saisonschnitt überhaupt. Als abschreckendes Beispiel für die Folgen eines Absturzes unter diese Marke dient Sat.1, dem eben dies bereits vor vier Jahren widerfuhr und das seitdem hilflos der fortschreitenden Erosion zusah. Mit einem weiteren saftigen Verlust von 7,6 Prozent auf aktuell 7,2 Prozent bedarf es schon größerer kreativer Leistungen, um sich die Bilanz schönzureden. Die wird in diesem Jahr auch beim Schwestersender ProSieben nötig sein, dem nach vier recht konstanten Jahren zwischen 5,3 und 5,7 Prozent der Kahlschlag droht. Lediglich 4,9 Prozent nach jetzigem Stand kann in Unterföhring wohl kaum jemanden glücklich stimmen.

Quasi schon ausgemacht ist der Machtwechsel mit VOX, das mit 5,4 Prozent sogar ein kleines, feines Plus gegenüber dem Vorjahr erreicht und ProSieben aus den Top Five drängen dürfte. Selbiges war dem tendenziell eher frauenaffinen Sender bereits in der Saison 2012/13 erstmals geglückt, doch nach nur einer Spielzeit fiel man danach wieder zurück. Weiter Richtung Quotental orientieren sich dagegen auch RTL II und kabel eins am Ende des Rankings, die sich längst Sorgen machen müssen, das zuletzt bei fast drei Prozent rangierende ZDFneo mittelfristig an sich vorbeiziehen lassen zu müssen. Doch auch ohne diese Schmach haben die großen Sendeanstalten längst ihren Glanz verloren und bewegen sich inzwischen nur noch bei 58,2 Prozent - ein um mehr als zehn Prozentpunkte schwächerer Wert als noch vor sechs Jahren.


14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)


14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,3
6,7
5,9
5,8
13,0
13,2
5,6
5,8
7,5
6,7
8,8
9,0
10,1
10,9
4,9
5,2
Marktanteile in %  |  Sep. 2016 – Mär. 2017 ggü. Sep. 2015 – Mai 2016

Will man RTL jubeln sehn, muss man zu ProSieben gehn! Mit dieser einfachen Formel könnten die Kölner ihren immer wahrscheinlicher werdenden Aderlass noch ein wenig kaschieren, denn der fällt mit 13,0 statt 13,2 Prozent höchstwahrscheinlich deutlich geringer aus als beim Hauptkonkurrenten, der den bis heute nicht adäquat kompensierten Raabschied sowie den Niedergang internationaler Film- und Serienstoffe in Zeiten von Streaming-Plattformen so richtig deutlich um die Ohren gehauen bekommt und nur 10,1 statt 10,9 Prozent erreicht. Es wäre das erste Mal seit sechs Jahren, dass RTL seinen zuletzt von knackigen 7,7 auf gerade einmal noch 2,3 Prozentpunkten zusammengeschrumpften Vorsprung wieder ausbauen könnte. Als Dritter im Bunde könnte vermeintlich Sat.1 von der Schwäche der beiden größeren Sender profitieren, doch stattdessen präsentiert man sich mit nur noch 8,8 Prozent erneut handzahm.

Ganz anders sieht es da schon bei VOX aus, das einen verblüffenden Sprung von 6,7 auf 7,5 Prozent hinlegt und Sat.1 damit so nahe kommt wie nie zuvor in seiner Sendergeschichte. Im Gegensatz dazu rutscht Das Erste nach zuletzt sehr stabilen Jahren ein wenig ab, auch RTL II und kabel eins setzen ihren Abwärtstrend auf nicht dramatische, aber doch deutliche Art und Weise fort und das ZDF hat gute Chancen auf ein kleines Plus, das aber erheblich an Glanz verliert, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die 5,8 Prozent aus dem Vorjahr ein historisches Tief markierten.
01.04.2017 10:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/92204
Manuel Nunez Sanchez

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