Während «Supergirl» in den USA den Senderwechsel anstrebte, bleibt sie in Deutschland ProSieben treu. Bald fliegt sie auch hierzulande durch die zweite Staffel.
Supergirl - Die Figur und ihre Geschichte
Kara Zor El ist die Cousine von Cal El alias Clark Kent alias Superman. Die Figur wurde 1959 von Otto Binder und Al Pastino als weiblicher Gegenentwurf zu Superman erschaffen. Sie hatte ihren ersten Auftritt in der Actioncomics-Reihe und bekam später sogar Auftritte in Film und Fernsehen sowie ihr eigenes Merchandise. Die ersten Reaktionen auf den weiblichen Superhelden waren äußerst positiv und erhielt tausende von lobenden Fanbriefen. Ihren ersten und einzigen Kinoauftritt bestritt sie 1984 als Spin Off zu Christopher Reeves «Superman». Damals wurde sie von Helen Slater dargestellt, die in der heutigen Serie Karas menschliche Adoptivmutter spielt. Auch in der CW-Serie «Smallville» hatte Supergirl bereits einige Auftritte. In der jetzigen TV-Inkarnation wird sie kurz vor der Zerstörung Kryptons auf die Erde geschickt, um ihren Cousin Kal El zu beschützen. Der ist allerdings schon längst erwachsen und kann sich um sich selbst kümmern, als sie dort ankommt. Kara alias Supergirl muss nun ihren eigenen Weg finden.Es ist nicht verwunderlich, dass das Supermädchen nicht unbedingt auf viel Gegenliebe stieß. Schon «The Flash» hatte Probleme, sich in der düsteren DC-Comicwelt von heute zurecht zu finden. Dunkel und erwachsen soll es bitte sein, so glaubt man zumindest im Kino, auch wenn die ersten Trailer zu den bevorstehenden Kinoabenteuern wie «Wonder Woman» und «Justice League» etwas versprechen, was im Zack-Snyder-Universum als Humor gilt.
«Supergirl» war dagegen schon in ihrem ersten Jahr auf CBS knallbunt und mit einer generell positiven sowie enthusiastischen Attitüde ausgestattet. Dabei erzählt sie eine recht konventionelle Coming-of-Age-Story, aber immerhin von einer Dame, die in einer von Männern dominierten Superheldenwelt ihren Weg finden muss. Natürlich können sich Comic-Leser und Fernsehzuschauer darüber streiten, was Marvel allgemein, und «Jessica Jones» im Spezifischen alles besser macht. Oder man kann sich darüber freuen, was Kara Danvers (Melissa Benoist) Mädchen im roten Cape alles richtig macht.
Falsch für das Network, richtig für die Sparte
Für den Network-Sender CBS war «Supergirl» wahrscheinlich die falsche Serie: Den Reiz von Superhelden maßlos überschätzt, konnte die Show die Quoten-Erwartungen des Senders kaum erfüllen. Als Folge musste sie zwar umziehen, aber es ist umso erfreulicher, dass sie die Chance zur Weiterentwicklung bekommt. Damit ist sie beim Sender CW wesentlich besser aufgehoben und nicht nur, weil ihre Kollegen «Arrow», «The Flash» und «Legends of Tomorrow» schon ungeduldig auf sie warten. Mit cleveren Comedies und Dramen wie «Crazy Ex-Girlfriend», «Jane the Virgin», «iZombie» oder «The 100» etabliert sich der Spartensender immer mehr zur Science Fiction-, Young Adult-, Mystery- und Fantasy-Anlaufstelle für junge Erwachsene und solche, die es gern wieder sein möchten. Und wer darüber die Nase rümpfen möchte, übersieht, dass der Sender mit diesen Produktionen absolut nicht die dümmste Unterhaltung bietet.
«Supergirl» rettet bei diesem fliegenden Wechsel die Elemente hinüber, die funktioniert haben, lässt aber andere weniger interessante Erzählstränge hinter sich. Nebenbei darf in den ersten Episoden die beste On-Screen-Version Supermans seit Christopher Reeve auftreten. Während Henry Cavill weiterhin hart daran arbeitet, sich niemals in seinem Leben ein Lächeln abzuringen, fängt Tyler Hoechlin (bekannt aus «Road to Pedition» und «Teen Wolf») den Charme des gutherzigen Pfadfinders Clark Kent/Superman erfolgreich ein. Es hilft der Serie sehr, dass die ikonische Figur des Superman nun einen Platz in der Sonne findet, tanzten Autoren und Produzenten in der ersten Staffel noch ungelenk um ihn herum. Darüber hinaus lässt sich positiv anmerken, dass sich niemand mit den längst bekannten Hintergründen des Kryptoniers beschäftigt. Sowieso bleiben trotz des prominenten Verwandten, der zunächst in zwei Episoden zu Besuch kommt, Kara Danvers und ihr Alter Ego Supergirl Dreh- und Angelpunkt. Es ist erfrischend, dass es nicht notwendigerweise darum geht, ob Frau oder Mann der oder die bessere Kämpfer(in) für die gerechte Sache ist. Vielmehr handelt es sich um ein zwar naives, aber der Comic-Welt vollkommen angemessenes Plädoyer für Zusammenarbeit und gegenseitigen Respekt.
Subtile kosmetische und charakterliche Veränderungen
Äußerlich verändert sich in der zweiten Staffel nicht viel. Der in der Serie etablierte Geheimdienst DEO wechselt aber immerhin das Hauptquartier. Das findet nicht mehr im düsteren Untergrund seinen Platz, sondern ist nun wesentlich heller und freundlicher ausgestattet. Ein Umzug, der natürlich auch auf der Metaebene mit dem ein oder anderen kleinen Witzchen kommentiert wird. Die CGI-Effekte bewegten sich auch bei CBS nicht auf Film-Niveau, deswegen ist das kleinere CW-Budget kaum spürbar. «Supergirl» und ihre CW-Kollegen waren nie wegen ihrer Effekt-Spielereien besonders reizvoll. Gewillte Zuschauer sollten schon im Vorhinein ihren Frieden damit schließen. Was den Spaß am, aber auch die Probleme des Superhelden-Dasein spürbar werden lässt, ist der ungebremste Enthusiasmus von Hauptdarstellerin Melissa Benoist.
Die Veränderung in der zweiten Staffel sind weniger kosmetischer Natur, sie spielen sich subtil auf der charakterlichen Ebene statt: Es macht durchaus Sinn, dass Supergirl-Helfershelfer und der auf ewig in die Phantom-Freundeszone verbannte Winn Schott (Jeremy Jordan) seine Technik- und Comic-Relief-Fähigkeiten für den DEO einsetzen darf, anstatt immer wieder zwischen Journalisten- und Geheimdienst-Büro hin und herzupendeln. Die Beziehung von Kara und James Olson (Mehcad Brooks) wurde erst einmal in den Hintergrund gedrängt. Und auch wenn die Begründung dafür aus story-technischer Hinsicht unsinnig erscheint, ist dies durchaus besser für die Serie, denn zwischen den Darstellern Benoist und Brooks ist selten bis nie so etwas wie Chemie entstanden. Einer der wenigen Wermutstropfen stellt der Abgang der von Calista Flockhart dargestellten Medienmogulin Cat Grant dar. Weil die Dreharbeiten nach Vancouver verlagert wurden, kann sich Flockhart nur noch auf Gastauftritte beschränken. Dies ist wiederum umso traurige, weil gerade diese Mentorin-und-Mentee-Beziehung das Herzstück der ersten Season darstellte und diese über die ein oder andere Unwegsamkeit hinweghalf.
Coming of Age mit blassen Bösewichten
Allerdings führt dies zu einer erfreulichen Figuren-Entwicklung: Kara muss nun zwangsläufig aus dem Schatten ihrer dominanten wie amüsanten Chefin heraustreten und entscheiden, was sie neben ihrer Bestimmung als Superheldin mit ihrem Leben anfangen möchte. Die Entscheidung fällt auf den Journalismus und beim manchen Superman-Fan werden hier die Alarmglocken läuten. Dennoch können die Drehbücher der zweiten Season diese Entscheidung glaubhaft und nachvollziehbar inszenieren, ohne dass es wie eine bloße Clark-Kent-Kopie wirkt. Im Journalismus sieht sie einen Weg, den Kampf für Gerechtigkeit auch abseits des Superheldenkostüms fortzuführen. Allerdings nimmt ihr auch hier der hartherzige Chefredakteur Snapper Carr (Ian Gomez) direkt den Wind aus den Segeln und erstellt ihr ein viel nüchterneres Berufsbild. Es ist schlau, dass die Serie solchen eher naiven Vorstellungen und Unterfangen immer wieder aufs Neue auf den Zahn fühlt.
Es macht wenig Sinn, sich über die Bösewichte in dieser Season auszulassen. Es gibt intergalaktische Feinde, die mithilfe von Kryptonit übermenschliche Kräfte entfesseln und Lena Luthor, Halbschwester von Lex Luthor, macht ihre Aufwartung. Zwar spielt sie noch zu Beginn den guten Samariter, allerdings liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei ihr um einen Wolf im Schafspelz handelt. Vor allem weil der Name Luthor nie etwas Gutes verheißt. Wie sich die düsteren Machenschaften und Pläne letztendlich entwickeln werden, bleibt zunächst abzuwarten. Vieles bleibt auf der dunklen Seite zu Anfang noch etwas blass. Ein Manko, mit dem aber viele Superhelden-Stories kämpfen müssen, egal ob auf der großen Leinwand oder auf dem kleinen Bildschirm.
«Supergirl» ist weder subtil noch düster und schon gar nicht erwachsen, allerdings sind gerade das ihre Stärken. Wer sich aus diesen Gründen schon in der ersten Season nicht mit der Retterin im Cape anfreunden konnte, wird auch mit der zweiten nicht unbedingt glücklicher werden. Die Serie schafft es dafür auf äußerst herzliche, charmante und ehrliche Weise, gleichzeitig naiv, aber auch ernüchternd zu sein. Dabei mischt sie gekonnt kunterbunte und spaßige Heldenabenteuer mit Soap- und Coming of Age-Elementen. Allerdings ist auch für eine solche Heldin, die ihren Alltag managen muss, auf Verbrecherjagd geht und dabei sicherlich eine Vorbildfunktion erfüllt, genügend Platz in der fragmentierten Serienwelt.
ProSieben zeigt die zweite Staffel von «Supergirl» ab Mittwoch, den 29. März um 22.15 Uhr
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
28.03.2017 09:29 Uhr 1