Dank einiger netter Änderungen und eines äußerst charismatischen Auktionators hängt sich das neue Vorabend-Format von kabel eins auf überraschend intelligente Art an den «Bares für Rares»-Trend an. Gewöhnlich wurde es dann aber doch noch - mit Peter Giesel und seinem neuesten reißerischen Magazin für den deutschen Sicherheitsfanatiker.
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Zitat aus unserem aktuellen Quotencheck.
Man muss es sich manchmal in Erinnerung rufen, aber ja: kabel eins gehört tatsächlich noch zu den acht größten Vollprogrammen Deutschlands. Das verdankt der Sender in erster Linie seinem guten Angebot an Spielfilmen, die man seit Jahren schon mit dem Label "Die besten Filme aller Zeiten" bewusst betont, sowie einiger erfolgreicher Zweitverwertungen internationaler Serien. Im Segment der Eigenproduktionen ist es hingegen äußerst still um den drittgrößten Vertreter der ProSiebenSat.1-Gruppe geworden, sodass bereits ein - aus Sicht der Einschaltquoten dringend nötiges (siehe Infobox) - verändertes Aufgebot am Vorabend eine vergleichsweise große Meldung für diese graue Maus ist.
Und das gibt es seit diesem Montag zu sehen: Um 17:55 Uhr hilft zunächst Johannes Wallow in
«Schätze unterm Hammer - Ein Auktionator schlägt zu» seinen Kunden dabei, außergewöhnliche Exponate möglichst teuer an Mann und Frau zu bringen. Dabei haben die Verkäufer die Wahl, ob sie einen Deal mit einem von fünf professionellen Händlern eingehen oder das Risiko wagen, ihr Herzensstück dem kultigen Ostfriesen in die Hand zu legen - mit ungewissem Ausgang. Um 18:55 Uhr beantwortet dann Peter Giesel in
«Sicher ist sicher – Das Magazin für Ihren Schutz» Fragen zum Thema Sicherheit, gibt alltagsrelevante Tipps und blickt hinter die Kulissen von Zoll, Polizei und anderen Sicherheitsbehörden.
«Schätze unterm Hammer»: Plumpe Kopie? Von wegen!
Das in vielerlei Hinsicht spannendere Format ist dabei das zu früherer Zeit laufende. Nicht nur, weil kabel eins sich hiermit deutlich von der bisherigen Ausrichtung der Kochshow «Mein Lokal, dein Lokal» abgrenzt, sondern auch, weil die Sendung mehr zu bieten hat, als man im ersten Moment denken mag. Denn natürlich fallen einem gleich Parallelen zum ZDF-Megahit «Bares für Rares» auf, das gewissermaßen die Heimeligkeit und den Charme des echten, TV-unerfahrenen Kleinbürgers für die deutsche Daytime-Unterhaltung wiederentdeckt hat: Statt Horst Lichter heißt nun eben Johannes Wallow diesen Schlag Menschen in der Show willkommen, plaudert mit ihnen ein wenig über ihr Exponat und ihre monetären Hoffnungen, bevor er sie zum Händler-Quintett entlässt.
Doch als kleinen Bonus haben die Hobby-Verkäufer hier eben nicht nur die Chance, ihr Stück an die professionellen Händler zu verticken, sondern können es bei Bedarf auch noch in die von Wallow verantwortete Auktion geben. Und hier liegt die eigentliche Stärke des Neustarts: Der Star der Sendung ist eben nicht nur ein kauziger TV-Koch mit Hang zum Altherren-Humor, der ein wenig vor der Kamera rumblödelt, sondern beschert der Sendung dank seiner Auktionen auch noch einen echten Mehrwert und ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Bleiben die Händler im direkten Vergleich mit ihren Kollegen aus «Bares für Rares» zunächst noch ein wenig blass, machen die Szenen im Auktionssaal richtig Spaß und geben dem Gesehenen eine spannende Dynamik - zumal schon der Umstand alleine, dass den Verkäufern eine dritte Option neben "Händler" oder "Wieder mitnehmen" bleibt, die vom ZDF abgepauste Grundidee sinnvoll und spannend ergänzt.
Beinahe schon folgerichtig ist es dann auch eine Wallow-Auktion, welche die über weite Strecken nett anzuschauende, aber wenig dramatische Auftaktfolge mit einem dramaturgisch spannenden Knall enden lässt. Ein älterer Herr gibt hier schweren Herzens drei kleine sowie eine große Kaffeemühle ab, da er sich eine dringend nötige Finanzspritze erhofft. Bei den Händlern läuft es schlecht, Wallows Schätzung beglückt ihn auch nicht und die schöne große Mühle wird nur mit Mühe und Not für das Einstiegsgebot von 80 Euro verscherbelt. Alles spricht für einen traurigen Tag... und dann beginnt das Wettbieten um die auf 120 Euro geschätzten kleinen Kaffeemühlen. Die darauf folgenden rund fünf Minuten stellen eindrucksvoll unter Beweis, dass es weder riesiger Geldgewinne noch schlecht gescripteter und noch schlechter gespielter Inhalte aus der kreativen Vorhölle des Paviangeheges bedarf, um spannende Fernsehmomente zu kreieren.
Und dass es dieser kleinen Vorabend-Produktion von Good Times - die übrigens auch schon «Mein Lokal, dein Lokal» verantworteten - gelingt, mit einfachen Mitteln diese Emotionalität zu kreieren, ohne sie (offensichtlich) zu inszenieren, ist eine respektable Leistung. Ob es da dann stört, dass man an anderer Stelle schnell dort beim Nachbarn abgeschaut hat, wo man selbst nicht so die große Inspiration hatte, muss der Zuschauer selbst entscheiden. Die Vokabel "Kopie" wäre aber bezogen auf das Gesamtwerk ein wenig unfair, man hat eher zwei schon bekannte Elemente stimmig zusammengefügt.
«Sicher ist sicher»: Keine Angst, es wird doch noch schlecht
Nunja, und dann lief da eben noch eine zweite Sendung neu an, die sich relativ schnell zusammenfassen lässt: Der von «Achtung Abzocke» bekannte Peter Giesel steht im Studio, sagt mit ein paar reißerischen Phrasen ellenlange Clips zum Thema Sicherheit an und kurz bedeutungsschwer in die Kamera. Was hier dann brutto immerhin 80 Minuten Sendezeit füllen muss, ist leider tatsächlich nicht mehr als ein 0815-Privatsender-Magazin gewöhnlichster Couleur und dürfte schon nach Folge eins wunderbare Anlässe zu einem Phrasenbingo geben.
Was einem in den Einspielern mal wieder an aufgebauschten Banalitäten, hölzernen Darstellern und bescheuerten Dialogen dargeboten wird, ließe sich gesellschaftspolitisch mitunter durchaus problematisieren, gibt man den Wut- und Angstbürgern des Landes doch an der einen oder anderen Stelle das Futter, das zur Beantragung des kleinen Waffenscheins vielleicht noch nötig war. Man kann es aber auch deutlich gelassener sehen und als billiges, irrelevantes und allzu durchschaubares Fernsehen bezeichnen, das niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlockt und auch bald schon wieder Geschichte sein könnte. Und so richtig viel spricht nach Betrachtung der in weiten Teilen übrigens auch schlichtweg überaus zähen ersten Ausgabe nicht dafür, dass man es vermissen würde.
Zunächst aber ist «Sicher ist sicher» mal für einige Zeit auf dem 18:55-Uhr-Slot eingepant. Das deutlich spritzigere «Schätze unterm Hammer» hingegen soll schon Ende April, nach 23 Folgen bzw. fünf Wochen, erstmal wieder Platz für «Mein Lokal, dein Lokal» machen.
Welches neue Format am Vorabend von kabel eins hat ihnen besser gefallen?
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
02.04.2017 17:54 Uhr 1
03.04.2017 12:04 Uhr 2
der Auktionator ist irgendwie knuffig