Samantha Bee und Jason Jones sind nicht nur individuell sehr komisch, sondern auch zusammen ein unschlagbares Team. Mit «The Detour» entwickelten die beiden «Breaking Bad» in Komödienform.
Vergesst Jennifer Garner und Ben Affleck oder Angelina Jolie und Brad Pitt! Das wahre Power-Couple in Hollywood besteht zur Zeit aus Samantha Bee und Jason Jones. Die beiden in Kanada geborenen Comedians sind seit 2001 verheiratet, arbeiteten gemeinsam als Korrespondenten bei «The Daily Show with Jon Stewart». Eine relativ lange Zeit nach Stewarts Abgang wurde es still um das Comedy-Ehepaar, der große Karrieresprung in andere Gefilde blieb vorerst aus. Im Gegensatz zu beispielsweise John Oliver, Stephen Colbert, Steve Carell und Ed Helms, die mit anderen Late Night-Shows oder Schauspielkarrieren zu neuen Höhen aufstiegen.
Während alle Late Night-Stühle bei ABC, CBS, NBC, HBO und Comedy Central schon besetzt schienen, schnappte sich ein noch relativ unbekannter Sender namens TBS Samantha Bee. Diese steht seit Februar 2016 einmal wöchentlich im Fernsehstudio und nimmt den aktuellen Polit-Zirkus auseinander. Ihr Mann Jason Jones übernimmt seit den Anfängen die Produktion der Politsatire und zunächst sah es so aus, als würde «Full Frontal» ein Nischenprogramm bleiben. Es sollte aber anders kommen: Insbesondere die nach links ausgerichtete, politische Satire bekommt gerade durch die aktuelle Administration einen neuen Aufwind und damit auch quotentechnischen Aufschwung. Auch wenn der Preis dafür hoch erscheint, kann sich das Publikum mit den beiden talentierten Komiker freuen, denn TBS hält an deren vielversprechenden Formaten fest. Der Sender erweitert damit zusammen mit Late Night-Ikone Conan O’Brien das eigene Comedy-Portfolio, welches in den vergangenen Jahren nicht immer von Erfolg gekrönt war.
Turner Entertainment Network-Präsident Kevin Reilly fand in einem kürzlichen USA Today-Interview nur lobende Worte für das Ehepaar: „Die beiden sind Macher, die weder Coaching benötigen noch großartig argumentieren.“ Neben seinen Ambitionen als Produzent, schuf sich Jones sein eigenes Standbein beim Turner-Sender. Als Produzent, Autor und Hauptdarsteller von «The Detour» konnte er noch nicht so viel Aufmerksamkeit erheischen wie seine Ehefrau. Dazu muss allerdings auch gesagt werden, dass die Serie weitestgehend unpolitisch daherkommt, auch wenn sie durchaus gesellschaftliche und wirtschaftliche Zustände persifliert. Die Serie feierte dennoch Erfolge bei Kritikern. Zu Unrecht wird sie allerdings momentan noch übersehen und konnte bisher nicht am sogenannten Buzz oder Hype teilhaben, nach dem so viele Serienmacher heutzutage gieren. TBS hat aber Vertrauen und bescherte der Serie eine zweite Staffel.
Comedy-Roadtrip mit «Breaking Bad»-Allüren
Woraus schnell ein weiterer Fehlversuch einer Neuinterpretation der Chevy Chase «Vacation»-Filme hätte entstehen können (wie die fehlgeleitete Fortsetzung, die letztes Jahr mit Ed Helms in die Kinos kam), entwickelt dank mehrerer positiver Einflüsse und Faktoren schnell eine ganz eigene und frische Dynamik. Nate (Jason Jones), seine Frau Robin (Natalie Zea) und ihre Zwillinge (Ashley Gerasimovich und Liam Carroll) befinden sich auf dem Weg von Syracuse nach Fort Lauderdale. Die erste Überraschung erfolgt gleich zu Beginn: Robin schläft im Auto ein in dem Glauben, sich auf dem Weg zum Flughafen zu befinden. Erst als sie später wieder aufwacht, wird ihr klar, dass sie sich auf einem Roadtrip befindet und sie von ihrem Mann belogen wurde.
Basierend auf dieser simplen Prämisse wird der erzählerische Rahmen im Laufe der gesamten ersten Staffel immerzu erweitert. Der Zuschauer erfährt, dass Nate entlassen wurde und sich auf einer Art moralischen Mission befindet. In sogenannten Flash Forwards, also erzählerischen Sprüngen in die Zukunft, wird ein bärtiger Nate unwirsch, aber dafür umso lustiger von der Polizei verhört. Ein Verhör, welches darauf hindeutet, dass die Reise noch wesentlich absurdere und unangenehmere Züge annehmen soll und es mit der einen Lüge zu Beginn nicht getan war. Es lohnt sich vor allem für die Zuschauer, welche die erste Staffel noch nicht gesehen haben, nicht zu sehr ins Detail zu gehen, denn die Comedy lebt auch von ihren diverse Überraschungen. Hinzu kommt, dass «The Detour» fest in einem strengen Genre-Konzept verankert ist und oftmals wie eine Detektivgeschichte daherkommt. Jason Jones bezeichnet seine Produktion immer wieder als «Breaking Bad» in einem Komödienformat: Es gibt Plot-Twists, Cliffhanger, Rückblenden, die eben erwähnten Flash Forwards, Geheimnisse, Lügen, Intrigen und unzuverlässige Erzähler. Daneben legt die reisende Familie Zwischenstopps in Strip-Clubs und fragwürdigen Bed and Breakfasts ein. In einer Episode haben sie mit einer Lebensmittelvergiftung und deren mehr als unappetitlichen Folgen zu kämpfen, in einer anderen kiffen die Eltern in einem Hotelzimmer und stehlen sich gegenseitig wichtige Kleidungsstücke.
Infantiler Humor, der den Zuschauer nicht für dumm verkauft
Man darf sich nichts vormachen, der Humor ist stellenweise infantil und spielt sich definitiv oftmals unter der Gürtellinie ab. Das muss man allerdings nicht von vornherein verdammen. Dumm kann witzig sein, vor allem wenn die Inszenierung das Publikum nicht für dumm verkauft. Vieles wird auch durch die vier Hauptdarsteller und die absurden Nebencharaktere getragen: Erwachsene wie Kinder besitzen eine unverwechselbare Chemie und agieren ohne Scheu, ohne Zurückhaltung, allerdings mit Ehrlichkeit und Wortwitz miteinander und bestechen durch ein brillantes, freches Timing. Hier wird kein Blatt vor dem Mund genommen. Mutter, Vater und Kinder sind faire Ziele eines jeden Witzes. Jones und Zea spielen wunderbar zusammen, sind manchmal Verbündete und dann wieder Gegner in dieser Beziehung. Rollen, zwischen denen die beiden mühelos hin und her wechseln. Selbst die beiden Kinder treffen jeden Nagel und damit jeden Witz auf den Kopf, ohne dabei in irgendeiner Form altklug zu wirken. Ashley Gerasimovich und Liam Carroll sind keine störenden Faktoren, wie es so oft bei von Weisheit nur so strotzenden jungen Darstellern der Fall ist, sondern perfekte Ergänzungen zu ihren erwachsenen Co-Darstellern.
«The Detour» bleibt völlig unsentimental, besitzt gleichzeitig aber sehr viel Herz. Familienfreundlich ist die Comedy jedoch beim besten Willen nicht. Familienzusammengehörigkeit erscheint hier zwar an der Oberfläche, darunter schlummert allerdings etwas Düsteres, aber umso Spaßigeres. Die Serie driftet trotzdem nie in Verbitterung oder Zynismus ab. Der Grund dafür: Es wird eine Geschichte von Menschen erzählt, die wirklich Gutes tun und sich moralisch korrekt verhalten möchten, aber immer wieder an den Realitäten des Alltags, der Eigensinnigkeit anderer Menschen sowie an der eigenen Unfähigkeit scheitern. Sie wollen zwar eine gute Beziehung zueinander führen und anständige Kinder erziehen, in diesem Kontext erscheinen diese Wünsche aber vielmehr wie ein Windmühlenkampf. Aber genau darin liegt der Stoff für eine reizvolle Tragödie und für eine noch viel bessere Komödie.
Ein kleiner Hinweis auf die zweite Staffel (Spoiler!): Die Geschichte nimmt den Faden wieder dort auf, wo der Cliffhanger der ersten Staffel ihn liegen ließ: Nate bekommt einen neuen Job bei einem offensichtlich und milde gesagt, exzentrischen, reichen Geschäftsmann, der seine eigenen düsteren Geheimnisse hat. Außerdem zieht Nate mit seiner Familie nach New York und die Stadt nimmt sie ihrem Ruf entsprechend so unfreundlich wie nur irgend möglich auf. Auch wenn die Serie zumindest in den ersten beiden Episoden der neuen Staffel die Bewegung des Roadtrips aufgegeben hat, reicht der Schmelztiegel New York vollkommen aus, damit jedes einzelne Familienmitglied in alle erdenklichen Fettnäpfchen treten kann. Das Setting so radikal zu ändern, kann für eine Serie manchmal ein Risiko darstellen, wird allerdings von allen Beteiligten wunderbar aufgefangen. Auch zeigt es, dass die Serie und ihre Macher bereit sind, sich weiterzuentwickeln.
Die erste Staffel von «The Detour» ist aktuell auf TNT Comedy und bei SkyGo zu sehen. Die zweite Staffel wird dort ebenfalls ab dem 23. März gezeigt.
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