Ohne ausformuliertes Drehbuch, dafür mit Laiendarstellern in den Episodenrollen. Der Ludwigshafener «Tatort» will innovativ sein - und macht einen auf Volksbühne.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Ulrike Folkerts als Lena Odenthal
Andreas Hoppe als Mario Kopper
Lisa Bitter als Johanna Stern
Peter Espeloer als Peter Becker
Annalena Schmidt als Frau Keller
Malou Mott als Sophie Fettèr
Petra Mott als Sarah Fettèr
Hinter der Kamera:
Produktion: SWR
Treatment: Sönke Andresen
Regie: Axel Ranisch
Kamera: Stefan SommerFür Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) sollte es ein angenehmer Abend im titelgebenden Laientheater „Babbeldasch“ werden. Doch plötzlich wird die Vorstellung abgebrochen, die Gäste werden nach Hause geschickt und am nächsten Morgen erfährt sie aus der Zeitung, dass die Theaterleiterin während der Aufführung verstorben ist. Schon nach kurzer Zeit steht für Odenthal und ihre Kollegen fest: Es war Mord. Der offensichtlichste Hinweis: Odenthal wird in ihren Träumen von der toten Theaterleiterin heimgesucht, die ihr in pathetisch vorgetragenem Pfälzisch befiehlt, die Hintergründe ihres gewaltsamen Todes aufzuklären.
Der Fall entwickelt sich ohne größere Überraschungen: Odenthal schleust sich auf eigene Faust undercover in die Laienspieltruppe ein, die von langen, schwelenden Konflikten innerlich zerrissen ist. Selbstverständlich stand die Tote zwischen zwei Männern, und die Grundlage ihres Lebenszwecks, das pfälzische Mundarttheater, war ebenso wenig gesichert. Intrigen, alte Fehden, familiäre Zwiste bestimmen das Gewirr, aus dem sich dieser Plot entspinnt.
„Babbeldasch“ will ein Experiment sein: Der Film entstand ohne Drehbuch, sondern allein auf der Basis eines Treatments, gedreht mit einer gelenkten Improvisation des Regisseurs. Die Episodenrollen sind mit Laiendarstellern besetzt. Das soll authentisch wirken.
In Zeiten von «Berlin – Tag und Nacht» weiß man, wo das enden kann. Freilich will sich dieser «Tatort» nicht in die Niederungen der fröhlichen Zurschaustellung einer (fiktiven) Präkariatsunterschicht begeben. Doch die Methoden und die Denkfehler von „Babbeldasch“ sind dieselben: die Vorstellung, Engagement könne Kompetenz ersetzen, noch erweitert um den fehlerhaften Ansatz, Laiendarsteller und jahrelange Profis könnten ernsthaft vor der Kamera miteinander harmonieren.
Dieser Film führt uns stattdessen das Gegenteil vor Augen: Die gelenkte Improvisation und die Notwendigkeit, ohne ein Drehbuch mit ausformulierten Dialogen auskommen müssen, führen zu einer knallharten Selektion. In „Babbeldasch“ zeigt sich schnell, wer die guten Schauspieler sind: Lisa Bitter überzeugt mit ihrem zurückhaltenden, ihrer Rolle entsprechenden Spiel, während Ulrike Folkerts gleichsam angenehm unauffällig ihre Szenen lenkt.
Dieser Film ist – ob man das so wollte oder nicht – umgeben von der Aura der Volksbühne, und entfaltet hinsichtlich seiner dramaturgischen Raffinesse und des darstellerischen Geschicks seiner Schauspieler das Flair von «Peter Steiners Theaterstadl», was schon vor zwei Jahrzehnten ein altbackenes Relikt war.
Nun könnte man angesichts der ausbleibenden Glanzleistungen des Normalzustands im Ludwigshafener «Tatort» mit böser Zunge sagen, dass „Babbeldasch“ so anders gar nicht ist. Vertritt man ferner noch die Auffassung, dass künstlerische Experimente dann am krachendsten scheitern, wenn der ganze (pseudo-)innovative Bohei zum selben Ergebnis führt wie ein ambitionsloser Gebrauchsstoff, kann es keine größere Enttäuschung als diesen Film geben.
Überspitzt gesagt, ist „Babbeldasch“ ein Werbefilm für Drehbuchautoren und Schauspielschulen, weil er verdeutlicht, was für ein stinklangweiliges Machwerk entstehen kann, wenn man auf beides (weitgehend) verzichten will. Beim Ersten dagegen scheint man Feuer und Flamme für die hier gezeigte Herangehensweise zu sein und hat im festen Glauben an einen Erfolg schon vor der Ausstrahlung dieser Folge eine zweite, genauso konzipierte, bestellt. Fehlt nur noch, dass Netflix den «Stanglwirt» zurück bringt.
Das Erste zeigt «Tatort – Babbeldasch» am Sonntag, den 26. Februar um 20.15 Uhr.
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