_wige-Chef Peter Lauterbach will automatisierte Kameras im Amateur-Sportbereich etablieren und hat dafür die Plattform Sporttotal gelauncht. Welche Pläne er hat, verrät er im Interview.
Zur Person: Peter Lauterbach
Der heute 40-Jährige begann seine Karriere Darmstädter Echo, für Reuters im Politik-Ressort und später bei Leo Kirchs Sport-Dienstleistungszentrum. Zwischen 2000 und 2011 war er in der Formel 1 aktiv, unter anderem als Moderator für Premiere/Sky. Seit 2011 ist Peter Lauterbach Vorstand des Mediendienstleisters WIGE Media AG mit Sitz in Köln.Viele kennen Sie noch als Formel 1-Moderator bei Premiere und Sky. Vermissen Sie den Rennzirkus eigentlich?
Ehrlich? Gar nicht. Wobei ich so wirklich aber auch gar nicht raus bin und immer noch viel mit der Formel 1 zu tun habe. Ich habe einige Freunde dort, darüber hinaus ist _wige ja auch weiterhin als Produzent für RTL tätig. Ich bin froh, dass ich andere Aufgaben gefunden habe, die mich sogar noch mehr ausfüllen als das Moderieren von Sportsendungen. Und vielleicht geht mir ja auch die nötige Portion Narzissmus ab, die man als Moderator in dem Bereich möglichweise haben muss.
Es sind ja spannende Zeiten, die der Sportrechtemarkt momentan erlebt. Sind sie spannend wie nie?
Ich tue mich immer schwer, solche Überschriften zu finden. Spannend wie nie? Ich denke, man kann in jedem Fall sagen, dass sich einiges tut. Ich schaue dabei vor allem auf die Bereiche, in denen Luft nach oben ist. Dort, wo jetzt schon die Milliarden fließen, wird alles so bleiben wie es ist. Aber der Streaming-Bereich, der steht noch weit am Anfang und beginnt erst, unsere Welt zu verändern. Da liegen große Potenziale, und darauf zielen unsere Überlegungen ab. Das ist im Moment vergleichbar mit der Situation vor 30 Jahren, als das Privat-Fernsehen in Deutschland seinen Siegeszug angetreten hat.
Bleiben wir nochmal kurz beim Spitzensport: Ihre _wige macht ja nicht nur Formel 1, sondern unter anderem auch die Handball-Übertragungen für Sky. Ein wichtiges Feld für Sie?
Wir selbst sind hier noch als Generalunternehmer aktiv, operieren dieses Thema aber nicht mehr. Die _wige BROADCAST gmbh (TV-Produktion; die Red.) wurde an Wolfgang Reeh und die Assets der _wige SOLUTIONS gmbh (Medientechnik; d. Red.) an die von Thomas Riedel mit einem Partner neu gegründete wige SOLUTIONS GmbH & Co. KG veräußert. _wige selbst konzentriert sich nun im Schwerpunkt auf internationales Projektgeschäft, Live-Rechte, große Event-Reihen wie die Porsche Driving Experience und zum Beispiel den Aufbau von digitalen Reichweiten mit Marktführer-Portalen wie Formel1.de oder sporttotal.tv, auf das wir extrem große Lust haben.
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Unser Grundansatz war und ist, dass es in Deutschland etliche Ligen alleine im Fußball gibt, die nicht abgebildet werden. Das war bisher nicht möglich, weil kleine Vereine nicht das Geld, das Personal und auch nicht die Technik hatten, um ihre Spiele zu zeigen.
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Peter Lauterbach, Vorstand von _wige
Man kann sagen: _wige verschreibt sich jetzt dem Amateursport.
Als sehr kurze Headline wäre das in Teilen okay. Das Thema Amateursport und Livestreaming ist aber natürlich sehr komplex. Sehen Sie: Unser Grundansatz war und ist, dass es in Deutschland etliche Ligen alleine im Fußball gibt, die nicht abgebildet werden. Das war bisher nicht möglich, weil kleine Vereine nicht das Geld, das Personal und auch nicht die Technik hatten, um ihre Spiele zu zeigen. Unsere Idee basiert nun auf dem Wunsch, der natürlich sehr in die Zeit passt, eine Dokumentation dieser Partien zu ermöglichen. Das ist in den oberen Klassen sehr viel Leistungssport, und dann aber auch Breitensport, in dem sich die Aktiven nun auch selbst beobachten können.
Sie bauen also in Amateurstadien einen „Kasten“ auf, in dem sich vollautomatisierte Kameras befinden. Und diese streamen die Spiele.
Ganz genau. Dieser „Kasten“, wie Sie ihn nennen, ist ziemlich klein – 30 Zentimeter –, ziemlich rund und kann etwa prima unter das Tribünendach gehängt werden. Holen Sie sich mal unsere Sporttotal-App und schauen sich das Regionalliga-Heimspiel des SV Meppen gegen Rehden von Anfang Februar an. Das sind tolle Bilder, gestochen scharf. Und die Produktion erfolgte voll automatisch. Über LTE.
© _wige MEDIA AG
Ich bin davon überzeugt, dass wir in den kommenden Jahren immer mehr automatisch funktionierende Kameras sehen. Ob es die großen Optiken komplett ersetzt, bezweifle ich stark. _wige-Vorstand Peter Lauterbach
Sie gehen damit einen spannenden Schritt. Werden voll-automatische Kameras in Stadien in zehn Jahren Standard sein?
Ich bin davon überzeugt, dass wir in den kommenden Jahren immer mehr automatisch funktionierende Kameras sehen. Ob es die großen Optiken komplett ersetzt, bezweifle ich stark. Sport ist, gerade in der Spitze, in der Übertragung eng mit Emotionen gekoppelt. Man braucht Close-Ups der Spieler, um diese Emotion einzufangen. Da liegt der Unterschied. Uns geht es ja um die reine Dokumentation des Spiels. Ich glaube aber schon, dass in Multifunktionsarenen bald sehr viele solcher automatischer Kameras hängen werden – die dann eben neben den großen Kameras, die noch von Menschen gesteuert werden, die Bilder liefern.
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Es gibt in Deutschland alleine 25 Millionen Amateursportler, 18 Millionen davon abseits des Fußballs. Wir haben rund 90.000 Vereine. Das ist eine riesige Zielgruppe.
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Peter Lauterbach, Vorstand von _wige
Welche Zielgruppe haben Sie im Blick?
Nun ja: Es gibt in Deutschland alleine 25 Millionen Amateursportler, 18 Millionen davon abseits des Fußballs. Wir haben rund 90.000 Vereine. Das ist eine riesige Zielgruppe. Wir fangen jetzt mal im Fußball an, haben da erst mal die höheren Ligen im Blick. So werden wir das Nutzerverhalten genauer kennenlernen und auch die Werbeindustrie aufmerksam machen. Wir setzen in diesem Bereich klar auf eine Regionalisierung und ermöglichen auch lokaleren Unternehmen eine perfekte Produktplatzierung. Wir werden mit unseren einzelnen Spielen zwar nicht so viele Zuschauer erreichen, wie ein Bundesliga-Spiel im Fernsehen. Aber ich glaube, wenn wir alle Übertragungen von uns addieren, dass wir dann auch mit den ganz Großen mithalten werden.
Auch Aufstellen und Installieren solcher Kameras an den Sportstätten kostet erstmal 20.000 Euro…
Wir entwickeln da momentan Modelle, wie auch Vereine, die die Kosten nicht unbedingt über den Traffic wieder hereinholen können, sich das leisten können. Wir sind ja noch ganz am Anfang. Wir wollen als Roll-Out erst einmal 200 Systeme in den Oberligen anbringen und uns dann in den kommenden Jahren nach unten arbeiten. Wir haben den Verbänden und Vereinen schon erklärt, dass die Geräte absolut unkompliziert sind. Einmal installiert, laufen sie hoffentlich drei bis fünf Jahre lang wartungsfrei. Sie sind von der Allianz versichert, die Internetleitung hat die Telekom gelegt, verschickt wurden sie mit der Deutschen Post. Sie sehen: Wir haben starke Partner an unserer Seite.
Das Projekt ist nicht nur für den Fußball gedacht?
Deshalb ist Dr. Michael Vesper, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes, von Anfang an mit im Boot. Natürlich wird man diese Technik künftig auch bei anderen Sportarten einsetzen können.
Vielen Dank für das Gespräch.
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