«Professor T.»-Produzent Sam Davis und Regisseur Thomas Jahn sprechen bei Quotenmeter.de über die grenzüberschreitenden Dreharbeiten ihrer neuen ZDF-Krimiserie.
Über die Personen
- Sam Davis wurde in New York City geboren und kam 1992 für den BBC-/WDR-Dokumentarfilm «Warum wir hier sind» nach Deutschland. Es übernahm kurz darauf bei RTL die Leitung der Fernsehfilm-Abteilung, 1998 wechselte er zu Zeitsprung, 2004 zu Endemol Deutschland. Seit 2010 leitet er die Geschäfte der Rowboat Film- und Fernsehproduktion, welche er zusammen mit Jan Mojtos Beta Film gründete
- Thomas Jahn wurde in Hückelhoven geboren und legte 1997 mit seinem professionellen Debüt «Knockin’ on Heaven’s Door» prompt einen Hit hin. Mittlerweile ist er primär als TV-Regisseur tätig, unter anderem für die Serien «Balko», «Der Kriminalist» und «Einstein».
Die vier Episoden von «Professor T.» wurden von Ende September bis Anfang Dezember gedreht – verglichen damit, wie lange die Dreharbeiten anderer deutscher Serien dauern, scheint mir, dass für das Format überdurchschnittlich viel Zeit genommen wurde?
Thomas Jahn: Wir sind definitiv komfortabel gestartet, das stimmt schon. Wir hatten elf Drehtage pro Folge, das ist für eine sechzigminütige Serie allerdings mittlerweile nahezu normal. Wir haben von Anfang an gesagt: Wir drehen erstmal vier Folgen, und die behandeln wir wie einen Piloten – wir haben nicht eine Pilotfolge und drei weitere Episoden gedreht, sondern vier Piloten, oder, wenn man so will, eine Pilotstaffel. So wollten wir testen, ob das Format beim Publikum ankommt, spätere Staffeln würden wir gern umfangreicher machen. Dieses Mal hatten wir zwischendurch neun Tage Pause, damit wir die ersten zwei Folgen fertig machen können, weil es hieß, dass sie vor Weihnachten fertig werden müssen, damit die an die Presse gehen können. Also war zwischendurch Drehstopp, damit ich in den Schnitt kann. Darum sieht es, wenn man den Zeitraum der Dreharbeiten betrachtet, etwas länger aus – letztlich hatten wir während des Drehzeitraums aber nur 44 Drehtage.
War es vielleicht sogar hilfreich, nach zwei Folgen erstmal einen Break zu haben und sich das Material im Schnitt anzusehen, bevor die anderen zwei Episoden anstanden?
Thomas Jahn: Geht so. Einerseits hilft es natürlich, wenn man sich vor Augen führt: Das kann man so machen, das kann man so machen, das vielleicht doch eher weniger. Es hat schon Sinn, wenn man reflektieren kann. Andererseits fährt man sich damit auch herunter, was bedauerlich ist. Da hat man sich so richtig eingearbeitet und wird dann aus dem Arbeitsfluss rausgeholt ... Für alle Anderen war die Pause gut und wichtig, denn es war ein anstrengender Dreh. Aber ich hätte lieber ohne Pause gedreht. Ich ziehe meine Aufgaben lieber sofort durch, statt zwischendurch runterzuschalten. Es ist ja nicht so, dass man die ganze Zeit dreht und nicht sieht, was man da macht und erst im Schnitt erkennt: Ach, das habe ich also gefilmt …
Sam Davis: Außerdem ist Thomas ja sein eigener Kameramann, also sieht er eh mehr von dem endgültigen Material als die meisten Regisseure.
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Für alle Anderen war die Pause gut und wichtig, denn es war ein anstrengender Dreh. Aber ich hätte lieber ohne Pause gedreht. Ich ziehe meine Aufgaben lieber sofort durch, statt zwischendurch runterzuschalten. Es ist ja nicht so, dass man die ganze Zeit dreht und nicht sieht, was man da macht und erst im Schnitt erkennt: Ach, das habe ich also gefilmt …
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Regisseur Thomas Jahn
Wann haben Sie entschieden, dass belgische Original adaptieren zu wollen?
Sam Davis:Sofort. Ich habe das Drehbuch zur ersten Folge gelesen, noch bevor sie mit dem Drehen angefangen haben, und ich war von der Hauptfigur begeistert. Also habe ich mir alle Bücher, die es zum Original schon gab, vom belgischen Produzenten schicken lassen und versucht, diese in Deutschland umzusetzen, noch bevor die Kollegen in Belgien so weit sind. Das hat von der Schnelligkeit nicht ganz so hingehauen. Letztendlich haben wir angefangen, als die erste Staffel des Originals schon fertig war. So konnte man auch konkret sehen, wie das Format letztendlich wirken könnte.
War es schwer, eine Adaption eines belgischen Krimis an den Mann zu bringen? Da Deutschland ja eine Synchronkultur hat, könnten die Sender ja auch sagen: Statt selber zudrehen, kaufen wir das Original und lassen es vertonen …
Sam Davis: Schwer zu sagen. Natürlich gibt es Formate, die die Sender importieren wollen, dann gibt es aber genauso Ideen, die sie lieber selber adaptieren möchten. Belgien hat, genauso wie Deutschland, seine eigene Krimikultur – Drehbuchautoren werden ja nicht geboren, sondern heranerzogen, und so unterscheidet sich ein belgischer Krimi nun einmal von einem deutschen. Im Fall von «Professor T.» war da unser Gedanke: Die haben eine gute Idee, die wir für Deutschland umsetzen wollen. Wir betrachten die Serie daher nicht als Remake der belgischen Version, sondern als unsere eigene Interpretation der Titelfigur. Und das finde ich legitim, im Theater werden Stoffe ja auch mehrmals aufgeführt und unterscheiden sich immer – zumal wir längere Geschichten erzählen als die Belgier, wo die Serie eine kürzere Episodenlaufzeit hat.
Thomas Jahn: Und bei zwei Episoden in Staffel eins haben wir uns inhaltlich weit von der belgischen Vorlage entfernt, weil deren Verlauf gar nicht mehr zu unserem Verständnis der Figuren gepasst hätte-
Während Staffel eins ja in Köln und Antwerpen gedreht wurde, planen Sie, eine etwaige Staffel zwei nur noch in Köln zu drehen …
Sam Davis: Wir haben nun unter den Umständen gedreht, dass das Studio der Originalserie in Antwerpen zur Verfügung stand und wir es unter geringem Aufwand unseren Vorstellungen anpassen konnten. Die Außenaufnahmen entstanden aber fast alle in Köln – der Anteil an belgischen Impressionen war so gering und hat sich so gut eingefügt, dass die Leute vom Sender immer wieder gefragt haben: „Die Ecke kenne ich nicht – ist das das belgische Viertel in Köln oder Antwerpen?“ (lacht)
Thomas Jahn: Wir haben an elf der 44 Tage in Köln gedreht. In Antwerpen haben wir aber nur zwei, drei Shots außen gedreht. Die Uni-Hörsäle und praktisch alle Außenaufnahmen entstanden alle in Köln, in Antwerpen haben wir dagegen Wohnungen und ähnliche Sets aufgebaut. Das war ein guter Mix vom produktionstechnischen Standpunkt her. Wir hätten sicherlich auch alles in Köln drehen können, weshalb wir überlegen, ob wir das für Staffel zwei ins Auge fassen, da es so logistisch doch einfacher für uns wäre.
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Ein Grund, dass wir uns für diese Produktionsaufteilung entschieden haben, war derweil, dass die Studios in Köln in meine Augen viel zu teuer sind. Ich glaube, dass werden die auch noch zu spüren bekommen, denn es ist nicht so, dass wir in Köln für den höheren Preis eine höhere Leistung bekommen würden.
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Produzent Sam Davis darüber, weshalb «Professor T.» in Köln und Antwerpen gedreht wurde
Sam Davis: Ein Grund, dass wir uns für diese Produktionsaufteilung entschieden haben, war derweil, dass die Studios in Köln in meine Augen viel zu teuer sind. Ich glaube, dass werden die auch noch zu spüren bekommen, denn es ist nicht so, dass wir in Köln für den höheren Preis eine höhere Leistung bekommen würden. Kein Mensch wird es der Serie ansehen, dass wir in Antwerpener Studios gedreht haben. Daher: Wir überlegen, ganz nach Köln zu ziehen, weil es etwas weniger Fahrerei ist. Andererseits: Zwei Stunden über die Grenze fahren und eine Top-Crew zu bekommen, das war eine gute Erfahrung. Wir sind also noch nicht entschlossen! Unüblich ist so ein vorgehen ja nicht, viele US-Serien entstehen auch fast durchweg in Vancouver und machen nur ein paar Außendrehs in New York oder wo auch immer das jeweilige Format spielt.
Thomas Jahn: Aber, was ich sagen muss: Ich kann gar nicht mehr aufzählen, wie oft ich in Köln gedreht habe, ohne Köln als Schauplatz zu haben. Und das ist sehr frustrierend: Da drehst du in den Studios und verkleidest diverse, unbekanntere Kölner Ecken als irgendwelche deutsche Städte, darfst aber so tolle Orte wie die Rheinbrücken und den Dom nicht filmen. Daher tat mir «Professor T.» richtig gut, als Regisseur gesprochen. Für den Film oder die Serie selbst ist sowas aber irrelevant. Polanski hat «Der Ghostwriter» ja auch in Berlin gedreht, obwohl die Handlung in London spielt. Wenn du deine Arbeit gut machst, merkt der Zuschauer nichts davon, wie die Produktion ablief oder wo sie verortet war.
Vielen Dank für das Gespräch.
«Professor T.» ist ab heute, dem 4. Februar 2017, immer samstags um 21.45 Uhr im ZDF zu sehen.
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04.02.2017 11:39 Uhr 1