Zum dreißigjährigen Bestehen des beliebten Pferdemagazins kommen die Abenteuer der gleichnamigen Heldin in «Wendy - Der Film» erstmals auf die Kinoleinwand.
Filmfacts: «Wendy - Der Film»
- Kinostart: 26. Januar 2017
- Genre: Kinderfilm/Abenteuer
- FSK: o.A.
- Laufzeit: 91 Min.
- Kamera: Gunnar Fuss
- Buch: Caroline Hecht
- Regie: Dagmar Seume
- Darsteller: Benjamin Sadler, Genriette Morawe, Jasmin Gerat, Jule Hermann, Maren Kroymann, Nadeshda Brennicke, Waldemar Kobus, Axel Siefer, Rolf Berg
- OT: Wendy - Der Film (DE 2017)
Seit nunmehr dreißig Jahren ist die «Wendy» eine feste Institution unter auf Kinder und Jugendliche zugeschnittenen Printmagazinen. Neben einem Comic, in dem es in erster Linie um die 15-jährige Springreiterin Wendy Thorsteeg geht, liegt der Schwerpunkt des mittlerweile im Dreiwochenrhythmus erscheinenden Hefts auf Lifestylethemen, Tierschutz und insbesondere allem Wissenswerten aus der Welt der Pferde. Doch damit nicht genug! Der «Wendy»-Kosmos umfasst neben dem Magazin auch noch eine eigene Hörspielserie (die nächste Folge Nummer 67 erscheint Anfang Februar), eine in Kanada produzierte TV-Soap, die von exakt denselben Sprechern vertont wurde, sowie eine deutsch-britische 3D-Animationsserie, die sich ebenfalls rund um das Gestüt Rosenborg und die bekannten Figuren dreht. Zum Jubiläum dieser Erfolgsgeschichte bekommt die «Wendy» in diesem Jahr einen eigenen Kinofilm spendiert. Doch ganz gleich, wie man zum Thema Neuninterpretation stehen mag: Gerade für ein Geburtstagsgeschenk für die Fans der Reihe hat «Wendy – Der Film» dann doch erschreckend wenig mit der Vorlage zu tun. Und das verleiht der Geschichte nicht etwa frischen Wind, sondern macht sie umso beliebiger. An die mit wesentlich mehr Passion gemachten «Ostwind»-Filme oder gar die «Bibi & Tina»-Abenteuer von Detlev Buck kommt «Wendy – Der Film» daher bei Weitem nicht heran.
Wendy kommt auf die große Leinwand
Die zwölfjährige Wendy (Jule Hermann) ist gar nicht begeistert. Sie soll mit ihren Eltern Gunnar (Benjamin Sadler) und Heike (Jasmin Gerat) die kompletten Sommerferien auf Rosenborg verbringen. Der runtergekommene Reiterhof, den Wendys Oma Herta (Maren Kroymann) nach dem Tod ihres Mannes allein betreibt, steht in direkter Konkurrenz zum modernen Reitstall St. Georg. Dieser gehört der geschäftstüchtigen Ulrike (Nadeshda Brennicke), deren Tochter Vanessa (Henriette Morawe) erst bei Turnieren gewinnen kann, seit Wendy mit dem Reiten aufgehört hat. Denn Wendy ist seit einem Reitunfall nie wieder auf ein Pferd gestiegen. Doch kaum am Ferienort angekommen, läuft ihr das verwundete Pferd Dixie über den Weg. Es ist dem Metzger Röttgers (Waldemar Kobus) ausgebüxt und scheint nun Wendys Nähe zu suchen. Zwischen den beiden Einzelgängern entwickelt sich eine Freundschaft, die nicht nur Wendys Leben für immer verändern wird, sondern auch Rosenborg vor dem Verkauf retten könnte. Doch wie lange wird es Wendy gelingen, Dixie vor den Erwachsenen und ihrer Rivalin Vanessa zu verstecken?
Die Geschichte vom traumatisierten Pferd, das einzig und allein von einem bestimmten Mädchen verstanden und gezähmt werden kann, ist so alt wie der Kinderfilm an sich, kann bei einer leidenschaftlichen Inszenierung aber durchaus auch ältere Semester überzeugen. Katja von Garniers «Ostwind»-Filme, von denen in diesem Sommer übrigens der dritte Teil erscheint, punkteten bisher mit wundervollen Bildern und ernst zu nehmenden Hauptfiguren, während die «Bibi & Tina»-Musicals vor allem von ihrem herrlich überdrehten Meta-Schabernack leben. In «Wendy – Der Film» versäumt es die Regisseurin Dagmar Seume («Hanni & Nanni 3») nun aber konsequent, ihrer „Mädchen und Pferd werden Freunde“-Geschichte irgendwelche spannenden, neuen Facetten abzugewinnen. Das wäre im Hinblick auf die offensichtlich sehr junge Zielgruppe gar nicht so schlimm, denn mit nächtlichen Ausflügen ins finstere Gruselmoor oder Verfolgungsjagden im Wald hat «Wendy» immerhin einige abenteuerlichen Einlagen zu bieten.
Eine dahinplätschernde Story, farblose Charaktere und erstaunlich wenig Pferde
Richtiges Reiterhof- oder Ferienflair kommt aber nie auf, denn einen Großteil der Laufzeit bestreitet die bereits in «Nebel im August» so großartige Jungdarstellerin Jule Hermann alleine, die in ihrer Hauptrolle hier allerdings vollkommen überfordert wirkt. Ihre Szenen mit Filmpferd Larimar (Pferdefilm-Liebhaber werden den Schimmel aus «Ostwind 2» wiedererkennen, der in «Wendy – Der Film» als Schecke herhalten muss) sind in ihrer Verspieltheit und Leichtigkeit herzerwärmend, doch die intensive Bindung zwischen Mensch und Pferd lassen die vielen (zu) genau choreographiert wirkenden Bildmontagen vermissen. Die durchgehend angespannt wirkende Hermann scheint sich darüber hinaus mehr auf die einstudierten Kunststücke zu konzentrieren, als darauf, einfach mal losgelöst mit ihrer Umwelt und dem Pferd zu interagieren.
Die eigentliche Geschichte muss indes weitestgehend ohne jedwede Höhen und Tiefen auskommen. Ein wesentlicher Fokus liegt auf dem Zusammenwachsen zwischen Wendy und ihrem Dixie. Subplots um eine drohende Schließung des Reiterhofs sowie die Jagd des Metzgers auf sein Eigentum spielen sich allenfalls am Rand ab und sorgen immer nur punktuell für einen kurzen Anzug des Tempos. Diese fehlende Dynamik in der Geschichte wirkt sich direkt auf das Sehvergnügen aus. Streckenweise plätschert «Wendy – Der Film» nämlich einfach nur vor sich hin, ohne dass genau klar wird, worum es eigentlich gehen soll. Daran ändern auch die Darsteller nichts. Neben Jule Herrmann, die sich bei aller Überforderung sichtbar Mühe gibt, die Handlung auf ihren Schultern zu tragen, fällt vor allem Jasmin Gerat («Kokowääh») in der Rolle von Wendys Mutter Heike negativ auf. So verkrampft und unnatürlich wie in «Wendy» hat man die Schauspielerin bislang noch nie zu Gesicht bekommen. Maren Kroymann («Mängelexemplar») als ebenso freigeistige wie rüstige Großmutter und Benjamin Sadler («Contergan») als besorgter Vater Gunnar wissen da schon wesentlich besser zu gefallen. Henriette Morawe («Ostwind») ist in ihrer Rolle der Vanessa dagegen einfach nur glaubhaft unausstehlich, während Nadeshda Brennicke («Banklady») nicht weiter auffällt. Übrigens: Wer sich von «Wendy – Der Film» möglichst viele Pferde erhofft, der dürfte enttäuscht werden. Für einen Film dieser Sparte gibt es bis auf Wendys Dixie nämlich überraschend wenig Vierbeiner zu sehen.
Für Fans und Kenner des Franchises dürfte «Wendy – Der Film» durch die vielen Umgestaltungen eine große Enttäuschung darstellen. Natürlich ist eine vollkommen frei von der Vorlage gesponnene Neuausrichtung des Themas in Ordnung und war im Anbetracht der vielen Möglichkeiten zur Filmfranchise-Bildung auch in gewisser Weise erwartbar. Leider wirken die vielen Änderungen von Figuren- und Pferdebeschreibungen, die Darstellungen des Guts sowie der Landschaft und der Beziehungen der Charaktere untereinander willkürlich und ergeben schlichtweg wenig Sinn, geschweige denn einen Mehrwert. Aus Dixie einen Hengst zu machen, anstatt bei der Stute aus der Vorlage zu bleiben, ist eines von vielen winzigen Details, mit dem die Macher gerade die Zielgruppe vor den Kopf stoßen könnten. Aus der in den Comics und Hörspielen zwar zickig, aber immer noch liebenswert gezeichneten Cousine Vanessa macht der Film eine gehässige Antagonistin und wie schon bei den Realfilmadaptionen der «Drei Fragezeichen»-Geschichten besitzt «Wendy – Der Film» nicht jene Zeitlosigkeit, mit der die Hörspiele und Comics auftrumpfen konnten. Mit diesem Film kann sich das Franchise sicherlich eine neue Fan-Generation heranzüchten, doch es wäre nicht verwunderlich, würde er gleichsam diejenigen verprellen, die der Reihe bisher vor allem deshalb treu waren, weil sich Groß und Klein gleichermaßen angesprochen fühlen konnten. «Wendy – Der Film» ist daher weniger eine Realfilmadaption des Comics, als vielmehr ein vollkommen für sich allein stehender (und eben nur mäßig gelungener) Pferdefilm, indem ein Teil der Figuren zufällig so heißt, wie in «Wendy».
Fazit
«Wendy – Der Film» kommt an den zeitlosen Charme der vielen Vorlagen nicht heran und ist daher nur ein x-beliebiger Pferde-Mädchen-Film, der dann auch noch mit überraschend wenig Pferden und weitestgehend farblosen Figuren bestückt ist.
«Wendy – Der Film» ist ab dem 26. Januar in den deutschen Kinos zu sehen.
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