Aller guten Dinge sind drei: Nach zwei nicht weiter denkwürdigen Teilen und jahrelanger Pause mutiert die Agentenreihe «xXx» zum geballten Actionspaß.
Filmfacts «xXx – Die Rückkehr des Xander Cage»
- Regie: D. J. Caruso
- Produktion: Joe Roth, Jeff Kirschenbaum, Vin Diesel, Samantha Vincent
- Drehbuch: F. Scott Frazier; basierend auf Figuren von Rich Wilkes
- Darsteller: Vin Diesel, Donnie Yen, Deepika Padukone, Kris Wu, Ruby Rose, Tony Jaa, Nina Dobrev, Toni Collette, Samuel L. Jackson, Hermione Corfield, Tony Gonzalez
- Musik: Brian Tyler, Robert Lydecker
- Kamera: Russell Carpenter
- Schnitt: Jim Page, Vince Filippone
- Laufzeit: 107 Minuten
- FSK: ab 16 Jahren
Keine Ahnung, was sich dahinter verbirgt. Aber es ist ein nennenswertes Kuriosum in der Filmhistorie, dass sich der Gang der Dinge in sogleich zwei Filmreihen wiederholt: Vin Diesel ließ den annehmbaren «The Fast and the Furious» hinter sich. In seiner Abwesenheit ging es mit dem Nachfolger steil abwärts. Diesel kehrte zurück, danach wurde das das PS-starke Actionfranchise von Teil zu Teil besser.
Ähnliches gilt für «xXx» – nur mit drastischeren Höhen und Tiefen: Der Erstling war bestenfalls so lala. Das Sequel, in dem Rapper Ice Cube in die Fußstapfen Diesels getreten ist, ging in einer Flut von Fremdschammomenten unter. Jedenfalls dann, wenn es nicht uninspiriert auf der Stelle trat. Jetzt kehrt Diesel in der Hauptrolle zurück – und die Qualitätskurve schnellt steil nach oben: Aus dem unbeeindruckenden Extremsportler-Anti-Establishment-Bond wird der rebellische Kopf einer kunterbunten „«Mission: Impossible» goes extreme“-Truppe. Diese Helden wischen mit Stallones «Expendables» den Boden auf und sind schon längst im Ziel angelangt, während der «Fast & Furious»-Clan an der Startlinie noch melodramatisch über Familienwerte salbadert!
Es gibt keine Patrioten mehr – Nur noch Rebellen und Tyrannen
2002 erkannte NSA-Agent Augustus Gibbons (Samuel L. Jackson), dass die Ära der Gentleman-Spione vorbei ist. Daher heuert er (im Film «xXx») einen Extremsportfanatiker mit rebellischem Gerechtigkeitssinn an: Xander Cage (Vin Diesel) alias xXx. Drei Jahre später wird (im Film «xXx – The Next Level») Cage nach einem terroristischen Anschlag für tot erklärt. Gibbons reagiert: Ein neuer xXx muss her. Jemand, der sich noch härter durchsetzt – ein ungehorsamer Ex-Elitesoldat, der kein Problem damit hat, Autorität zu untergraben, um etwas Faires zu tun. Die Wahl fällt auf den früheren Navy SEAL Darius Stone (Ice Cube), der seine erste Mission erfolgreich absolviert. Aber Gibbons hat nicht genug – der nächste xXx müsse noch besser werden, urteilte er 2005.
Nun, über ein Jahrzehnt später, wird das xXx-Programm einer neuen Führung unterstellt: Die strenge Jane Marke (Toni Collette) macht Xander Cage in seinem Exil ausfindig. Das durchtrainierte Sportass soll ihr helfen, ein Team von agilen Gangstern zu stellen, die eine Gerätschaft gestohlen haben, mit der sich Satelliten durch kontrollierte Abstürze als Waffen zweckentfremden lassen. Marke appelliert an Xanders Patriotismus, doch er glaubt, dass die Zeit der Vaterlandsliebe passé sei. Die Welt bestünde nur noch aus Rebellen und Tyrannen. Trotzdem willigt der ehemalige Pelzmantelträger ein – besteht jedoch darauf, sein eigenes Team zusammenzustellen. Mit einer Bande eigensinniger Persönlichkeiten um sich herum macht sich der reaktivierte xXx auf eine den Globus umspannende Hatz …
Drehbuchautor F. Scott Frazier führt einmal mehr vor, dass er versteht, welche Filmgattung er bedient: Schon sein Autodiebstahl-Glanzstück «Collide» hielt den Alibiplot so dünn wie möglich, so dynamisch und launig wie nötig. Auch die Handlung von «xXx – Die Rückkehr des Xander Cage» ist denkbar simpel, ohne völlig unbedeutend zu werden. Wie «About a Boy»-Nebendarstellerin Toni Collette herrlich-trocken und mit leicht snobistischen Unterton zusammenfasst: Diese Leute sind ganz, ganz böse böse, und der von ihnen gestohlene Apparat ist echt gefährlich. Schurken schnappen und aufhalten, los jetzt …
Schießen, springen, schlagen, treten, wirbeln, Sprüche klopfen
Der rund 105 Minuten lange Actionfilm strapaziert besagte Story aufs exakt richtige Maß: Es gibt eine klar definierte Gegenseite und einen zu ergatternden, sogenannten MacGuffin mit deutlich abgestecktem Gefährlichkeitspotential. Der Weg zum Ziel ist mit feschen Wortwechseln gespickt und dient als überaus funktionale Brücke zwischen den stylischen Action-Szenarien. Darüber hinaus mündet der Plot in kleinere, sich selbst erklärende Überraschungen, die diesen wilden Spionageritt nochmals fescher gestalten. Kenntnisse der Vorgängerfilme sind für den Genuss dieses Spektakels keinesfalls verpflichtend, einige Späße richten sich allerdings deutlich an Kenner der Reihe. Novizen ist trotzdem eine Wagenladung voll guter Laune geboten: «Disturbia»-Regisseur D.J. Caruso tauscht den angestrengt-hippen Tonfall der Vorläufer gegen süffisante Selbstironie mit lässigen Sprüchen und überlebensgroßen, augenzwinkernden Gesten anstelle pathetischer Versuche, diesem am besten bei Bier und Nachos genossenem Film zusätzlich einen Hauch Dramatik mitzugeben.
Direkt mit Xander Cages erster Actioneinlage zeigt Caruso, wo sein Weg entlangführt: Das Muskelpaket fährt (während ein unaufhaltsamer Timer runtertickt) in einem tropischen Gebirge Ski. Wer da noch nach realistischen physikalischen Gesetzen bettelnd im Publikum sitzt und sich weigert, eine abgedrehte „Je cooler, desto sinniger!“-Logik zu akzeptieren, droht, im Laufe dieses Kinobesuches einem Gehirn-Aneurysma zu erliegen. Da ist es wesentlich ergiebiger, schlicht diese abstrusen Welt hinzunehmen – was Caruso denkbar einfach macht: Auch die vorherigen «xXx»-Filme sind übertrieben, kranken aber an einer teils schludrigen Regieführung und mehreren dramaturgischen Längen. Der neue «xXx» dagegen fängt mit einem comichaften, an «Kingsman: The Secret Service» erinnernden Dialog an und schreitet dann zügig von saucooler Actionszene zu saucooler Actionszene. Die Kämpfe und Verfolgungsjagden bestehen dabei primär aus realen Stunts und arten nur gelegentlich in pointiert-unglaubwürdige Effekte aus.
In plastischem 3D gehalten, fängt Regisseur Russell Carpenter («Ant-Man») sämtliche Schießereien, Prügeleien und Stuntkapriolen in einer übersichtlichen, trotzdem stylischen Bildsprache ein: Ob auf Skiern, auf absurd modifizierten Motocrossbikes, auf Skateboards, zu Fuß oder im Auto – die Helden, Antihelden und Schurken wirbeln durch die Luft und haben ordentlich Schlagkraft. Caruso lässt sie dabei mal ihre Agilität zeigen, mal in Ultrazeitlupe ihre Badass-Ausstrahlung unter Beweis stellen, so dass sich bei aller Actiondichte nie Ermüdungserscheinungen einstellen. Wobei der stete Wechsel zwischen dem kernig-treibenden Score von Brian Tyler & Robert Lydecker sowie der querbeet gestreuten High-Tempo-Songzusammenstellung einerseits und die breit gefächerten Fähigkeiten der handelnden Figuren andererseits eh sehr effektiv etwaig drohende Monotonie verhindern.
© 2016 Paramount Pictures and Revolution Studios
Vin Diesel stürzt sich wieder als Xander Cage, der Anti-Bond mit Extremsportfaible, ins Geschehen.
Ein Schmelztiegel für Helden und Schurken
«xXx – Die Rückkehr des Xander Cage» lebt jedoch nicht nur von den abwechslungsreichen Actionszenen, die durch den knackigen Schnitt von Jim Page und Vince Filippone erst so richtig an Pepp gewinnen, sondern auch vom sehr gut aufgelegten Cast, der dankenswerterweise gewaltig gegen den monotonen Hollywoodstrich gebürstet ist: Durch diese bleihaltige, turbulent-bescheuerte Actionhatz wuseln nicht die immer gleichen, blassen Testosteron-Hünen, sondern eine progressive Besetzung, bei der es denkbar schwer fällt, nur einen einzelnen Favoriten zu wählen: «Orange is the New Black»-Mimin Ruby Rose gibt eine burschikose, humorvolle Scharfschützin, Bollywood-Superstar Deepika Padukone eine reaktionsschnelle Schurkin mit Gewissen, «Ip Man»- und «Rogue One»-Mime Donnie Yen einen Fiesling mit Idealen, der gehörig auszuteilen weiß, «Game of Thrones»-Haudege Rory McCann einen crashversessenen Dickschädel und «Vampire Diaries»-Aktrice Nina Dobrev eine tollpatschige Waffenexpertin, die ihrer mädchenhaften Art zum Trotz nicht unterschätzt werden darf.
Gewiss: Der dritte «xXx»-Film nutzt seine Darstellerriege zwar nicht bis zum Optimum. So haben Martial-Arts-Experte Tony Jaa («Ong-Bak»-Trilogie]) sowie der chinesisch-kanadische Rapper Kris Wu sehr wenig zu tun, so dass sich ihre Talente kaum zeigen. Und der Auftritt von «Stolz und Schönheit & Zombies»-Nebendarstellerin Hermione Corfield als leicht bekleidete IT-Expertin hoppelt eher in den Bereich der brüllend komischen Agentenfilmklischee-Parodie, statt zielsicher dorthin zu spurten. Trotzdem ist dieses Ensemble ebenso wie die Art, wie es die größte Zeit über eingesetzt wird, eine farbenfrohe Wonne – und es macht gehörig Bock auf einen vierten Teil!
Fazit: Rasant, extrem witzig und spektakulär: «xXx 3» bietet geballte Action, launige Sprüche und einen fetzigen Cast.
«xXx – Die Rückkehr des Xander Cage» ist ab sofort in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und umwerfendem 3D.
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