Es gibt Serien, ohne die wären andere Formate gar nicht denkbar gewesen. Serien, die eine neue Sprache, eine bisher unbekannte Art des Ausdrucks gefunden und etabliert haben. Drei dieser Perlen stellen wir euch in dieser Reihe vor.
Warum?
Manuel Weis: Crime-Serials gibt es inzwischen zu Hauf: «Murder in the First», «American Crime Story», «American Crime» und und und. Wodurch hebt sich «True Detective» ab?
Darum!
Björn Sülter: Da muss ich gleich mit einer grundsätzlichen Feststellung reingrätschen: «True Detective» ist kein einfaches Crime-Serial.
Selbst wenn wir den Anthologie-Charakter der Serie mal außen vor lassen und uns hier explizit nur auf die erste Staffel beziehen, ist Crime zwar ein vorhandenes und durchaus relevantes, aber für die Staffel an sich doch nur untergeordnetes Element. Die erste Staffel von «True Detective» ist in erster Linie pures Charakterdrama. Nic Pizzolatto seziert seine Figuren scheibchenweise und mit einer schleichend-peniblen Faszination und Präzision, dass man sich dem Sog dieser im Kern vollkommen zerstörten Seelen nicht entreißen kann. Der Aufbau der Staffel, die verschachtelte Erzählweise, die wortgewaltigen Zitate, der unerwartete Bruch im letzten Drittel und viele provokante und denkwürdige Entscheidungen abseits und vor der Kamera machen die acht Episoden der ersten Staffel zu so viel mehr als purem Crime.
Warum?
Manuel Weis: Die zweite Staffel, die auf durchschnittlich 2,6 Millionen Zuschauer kam, war erfolgreicher als die erste, die rund 0,3 Millionen weniger hatte. Und dennoch wurde die zweite Staffel mitunter kritisiert. Auch was User-Scores angeht, liegt Staffel zwei weit unter den Werten von Staffel eins. Kann man also sagen, dass die besseren Quoten vom guten Ruf herrühren und die Steigerung eigentlich gar nicht verdient war?
Darum!
Björn Sülter: Da hast du exakt den Nagel auf den Kopf getroffen. Übrigens ist das ja auch kein ganz unbekanntes Phänomen, dass ein schwächerer Nachklapp dank eines umjubelten Vorgängers zum größeren Erfolg mutiert. Die erste Staffel hat derart hohe Wellen bei Fans und Krtikern geschlagen und für eine so immense Weiterempfehlung gesorgt, dass die nur moderate Steigerung fast schon schwächlich anmutet.
Was bisher geschah...
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ersten Teil unserer Serien, die man einfach kennen muss.
Und schaut man sich die genauen Verläufe bei den Zuschauerzahlen an, fällt auch direkt etwas auf. Die erste Staffel steigerte sich von der ersten Hälfte zur zweiten, die zweite Staffel verlor im gleichen Vergleichszeitraum. Somit hat schon innerhalb der Ausstrahlung die Mundpropaganda und die Qualität klar eine Rolle gespielt. Eine potentielle dritte Staffel wird zeigen müssen, wie viele Zuschauer man im zweiten Jahr wirklich verprellt hat.
Warum?
Manuel Weis: Die Serie lebt auch von ihren namhaften Darstellern. Wenn wir sie ins Duell schicken – wer würde beim Kampf McConaughey vs. Farrell gewinnen?
Darum!
Björn Sülter: Alleine die Frage ist fast eine Frechheit. Matthew McConaughey spielt den Rust Cohle der ersten Staffel mit einer Präzision und Hingabe, dass es beim Zusehen physisch Schmerzen verursacht.
Hier haben wir einen Schauspieler, der derart in seiner Rolle aufgeht und die wunderbaren Dialoge nicht nur vorträgt sondern ganz tief in seiner Seele nachempfindet und in Mimik, Gestik und Sprache freisetzt. Methodacting der feinsten Art und schauspielerisch das Beste was ich auf dem kleinen und großen Schirm seit einer gefühlten Ewigkeit gesehen habe. Doch auch Woody Harrelson als Martin Hart an seiner Seite darf zu keinem Zeitpunkt vergessen werden. Er ist der kongeniale Gegenpol zum irrlichternden Cohle. Mindestens genau so abgründig und kaputt, aber irgendwie mit einem Bein mehr in der Realität verblieben. Gegen dieses Doppel kommen die Herren Farrell und Vaughn im zweiten Jahr nur blass und langweilig rüber.
Warum?
Manuel Weis: Die Zukunft der Serie ist offen. Nic Pizzolatto hat zur Zeit aber wenig Zeit, weshalb HBO sich umschaut und auch die Möglichkeit offen lässt, dass jemand anderes eine dritte Staffel schreibt und von Pizzolatto nur „überwacht“ wird. Wie soll man dem als Fan gegenüber stehen? Wär’s nicht gut, wenn man es einfach bei diesen zwei Staffeln belässt?
Darum!
Björn Sülter: Es wäre gut gewesen, es bei der ersten Staffel zu belassen. Nic Pizzolatto hatte bereits im zweiten Jahr keine vergleichbare Vision mehr, die Figuren waren Schemen ihrer Vorgänger und der Plot tuckerte zunehmend in ausgetretenen Pfaden daher. Somit ist aus Fan-Sicht keine Fortsetzung mehr notwendig. Manchmal darf man gerne etwas Wunderschönes und Perfektes auch einfach mal als das stehen, was es war: Einmalig.
Fazit: «True Detective» ist mit der ersten Staffel eine denkwürdige, stilprägende und vollkommen unerwartet-frische Herangehensweise an ein vom Plot hinlänglich bekanntes TV-Format gelungen, dessen Figuren lange nachhallen und sich in nur acht Episoden tief in die Herzen der Zuschauer gespielt haben.
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
05.01.2017 12:11 Uhr 1
Rachel McAdams, Colin Ferrell und Tayler Kitsch haben Ihre Sache auch ganz gut gemacht....