Popcorn und Rollenwechsel: 10 Sätze über Weihnachtsmedien, die ich nicht mehr hören kann
Es gibt weihnachtliche Film- und Fernsehthemen, die bekommt unser Kolumnist so oft zu Ohren, dass sie ihm bereits zu denselbigen wieder rauskommen. Hier sind zehn davon ...
#1„Lasst mich in Ruhe mit eurem besinnlichen Schwachsinn! Ich bin Weihnachten anti – ich gucke «Stirb langsam»! Das ist auch ein Weihnachtsfilm, weißte?“ – Ich mag «Stirb langsam». Sehr sogar. Ich mag auch zwei seiner vier Fortsetzungen. Ich würde niemandem seine Lust, diesen Actionklassiker noch einmal zu gucken, mies reden wollen. Aber wenn heute, im Jahr 2016, noch immer jemand meint, sich als Anti-Mainstream zu verkaufen, indem er «Stirb langsam» als unerwartetes Weihnachtsprogramm anpreist, drehe ich durch. Leute. Wir alle wissen, dass «Stirb langsam» in vielen Haushalten als Weihnachtstradition herhält. Daran ist nichts mehr besonders, edgy oder mutig. Es ist nicht „«Dinner For One» an Silvester“ alltäglich, aber längst mindestens so weihnachtlich wie «Der kleine Lord». Also mal schön die blanken, blutenden Füße auf dem Boden halten!
#2«Tatsächlich … Liebe»-Zynismus – Ich war einst selber im Camp jener, die den britischen Weihnachtsepisodenfilm nicht mochten. Einfach, weil mir der Off-Kommentar in der Eröffnungsszene und manche der Randfiguren sauer aufgestoßen sind. Und ich nicht genug von meinen Lieblingsfiguren bekam. Nicht, weil ich einer bittersüßen Romantikkomödie vorgeworfen hätte, dass sie … naja, bittersüß und lustig-überzeichnet ist. Über die Jahre habe ich den Film lieben gelernt. Das kann man nicht von jedem erwarten. Aber was soll der jährliche Sturm an Essays der Marke „Der unromantischste Film aller Zeiten!“, „Weshalb das «Tatsächlich … Liebe»-Universum abgefucked ist“ und Co.? Schnauze!
#3Jegliche Diskussion darüber, wie gut die «Tatsächlich … Liebe»-Figuren im Bett sind – Die Debatte über das Sexleben der Figuren aus Richard Curtis‘ Episodenfilmklassiker ist glücklicherweise (noch?!) kein Weihnachtsklischee. Aber die Kollegen von 'Pajiba' haben das Thema angeschnitten und es kotzt mich schon jetzt an. Es sind fiktionale Figuren aus einem schönen, liebenswerten Film – mich geht nur das was an, worüber sie im Film reden. Ja, sie sind wegen der zahlreichen Rewatches Teil unseres Lebens – aber ich mutmaße auch nicht, welche Standbetreiber des lokalen Weihnachtsmarkts besonders gut beim Oralsex sind. Oder?!
(Außerdem wissen wir seit unserem postfaktischen Sensationsinterview eh, wer aus dem Cast am besten ist!)
#4„Diese ganzen Weihnachtshorrorfilme, darf das sein?“ – Ja. Das darf. Wer sich dadurch in seinem Glauben verletzt fühlt, kann ja was anderes gucken. So einfach ist das.
#5„Gehen dir die zigtausend Versionen von Charles Dickens Weihnachtsgeschichte nicht auch auf den Keks?“ – Der Luxus, in unserer heutigen medialen Zeit zu leben, ist, dass wir alle freie Wahl haben. Free-TV-Sender, Pay-TV-Sender, VoD, DVD, Blu-ray. Wer einen Film gucken will und bei RTL auf eine Weihnachtsgeschichte stößt, obwohl er am Tag davor schon auf anderen Sendern vier andere Versionen gesehen hat, kann auf eine Vielzahl an Alternativen zurückgreifen. Also: Wen juckt’s? Mit «Die Geister, die ich rief», der Micky-Maus-Version und der «Muppet-Weihnachtsgeschichte» habe ich genau die drei Versionen, die ich brauche. Und ihr?
#6„Was soll das, erklär mir das mal! Wieso schiebt das ZDF Helene Fischer unseren Rundfunkbeitrag in den süßen Hintern? Die hat doch schon genug Kohle!“ – Eine Frage, die den Medieninteressierten unter uns vielleicht öfter an der Festtafel gestellt wird. Meine Antwort: „Jetzt stell dir mal vor, das ZDF zeigt an Weihnachten rund um die Uhr chinesische Tragödien mit russischen Untertiteln. Weil … Bildungsauftrag! Dann würdest du dich aufregen, dass die unser Geld für Mist ausgeben, den keiner sehen will. Nun gibt das ZDF Geld für etwas aus, dass ein großes Publikum erreicht, und das ist falsch, weil ..?“ So. Ende der Diskussion.
#7„Immer dieser imperialistische, vom Ami aufgedrückte Kitschkommerzweihnachtsscheiß wie «Die Muppets-Weihnachtsgeschichte»! Warum läuft an Weihnachten nichts anständig-deutsches mehr? Wie «Drei Nüsse für Aschenbrödel»!“ – Tiiiiief durchatmen. Also: Die «Muppets-Weihnachtsgeschichte» ist zwar eine US-Produktion, letztlich kommen sowohl die Muppets als auch die Vorlage zu diesem Film aus Großbritannien. «Drei Nüsse für Aschenbrödel» ist eine tschechisch-ostdeutsche Koproduktion, also nur in diskutablem Maße deutsch. Da muss man schon auf die Familie Heinz Becker oder die Familie Hoppenstedt zurückgreifen, um „rein“ zu bleiben. Was bei einem Fest wie Weihnachten aber ein recht an den Haaren herbeigezogener Wunsch ist. Ist es doch einer der Eckpfeiler einer Religion, die im Nahen Osten begründet wurde, die erst vom Römischen Reich unterdrückt, dann adaptiert und dann von den Römern den Germanen hübsch untergejubelt wurde. Wer ein echtes deutsches Weihnachten feiern möchte, sollte eher Waldgeistern huldigen. Oder vielleicht «Thor» gucken, wenn er sich ganz doll progressiv fühlt.
#8„Hey, du magst doch «Star Wars», oder? Kennst du das Video, wo dieser Wolfshundmensch oder was das ist 'Stille Nacht' singt?“ – Das Vieh heißt Chewbacca, ist ein Wookie, und ja, ich war die letzten Tage online, also, ja, man hat mir das Video bereits fünfundsechzig Mal geschickt. Aber: Danke für den Hinweis.
#9„Ach, ich weiß nicht, zählt «Gremlins» als Weihnachtsfilm?“ – Das Weihnachtsfest wird in Joe Dantes wundervoll-fieser Horrorkomödie expliziter thematisiert als in «Stirb langsam», den ja jeder zweite für seine ganz eigene, hochoriginelle Weihnachtstradition hält. Also: Ja. Stellt mir nicht mehr alle zwölf Monate dieselbe Frage!
#10„Diese ganzen Weihnachtsmänner in Hollywood-Filmen sehen entweder unausstehlich fake-glücklich oder gruselig aus.“ – Das stimmt nicht! Tim Allen in «Santa Clause» ist der ultimative, rundum perfekte Weihnachtsmann! Basta. Und nun reicht mir bitte die Schüssel mit Spekulatius und den Teller mit Stollen!
Und was sind die medienbezogenen Weihnachtsmeckereien und -Fragen, die ihr über habt?
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel