Das diesjährige «Tatort»-Weihnachtsspecial kommt aus München. Ein besonders tragisches Ereignis sucht Batic und Leitmayr zu den Feiertagen heim.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Udo Wachtveitl als Franz Leitmayr
Miroslav Nemec als Ivo Batic
Mathilde Bundschuh als Tida Dablika
Cosmina Stratan als Anuscha Dablika
Florin Piersic jr. als Radu Stelica
Florian Karlheim als Klaus Bernauer
André Szymanski als Alexander Gastner
Hinter der Kamera:
Produktion: Bavaria Fernsehproduktion
Drehbuch: Dinah Marte Golch
Regie: Markus Imboden
Kamera: Peter von Haller
Produzent: Ronald MühlfellnerDie rumänischen Bettelclans haben in München Hochkonjunktur. Unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt, unter Drogen gesetzt, bedroht, misshandelt und bei geringstem Widerstand zügig aus dem Weg geräumt, haben besonders die jungen osteuropäischen Frauen ein schweres Schicksal. Tida Dablika (Mathilde Bundschuh) ist noch dazu hochschwanger, und nachdem ihr der finstere Ausbeuter Radu (Florin Piersic jr.) ein paar Schläge verpasst hat, setzen bei ihr die Wehen ein.
Mithilfe ihrer Schwester Anuscha (Cosmina Stratan) kann sie sich absetzen und in einem heruntergekommenen Kapuff entbinden. Als Tida kurz darauf auf offener Straße zusammenklappt, schreiten Passanten ein und lassen sie vom Notarzt abtransportieren. Anuscha will derweil mit dem Baby einen Arzt aufsuchen und es vor Radu und seinen Schergen in Sicherheit bringen.
Wenig später findet ein Pfarrer das Kind tot in einer Kirche, neben ihm die in gebrochenem Deutsch formulierte Bitte, es beisetzen zu lassen. Da es, wie der Gerichtsmediziner schnell feststellt, eines gewaltsamen Todes gestorben ist, werden Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) mit den Ermittlungen betraut. Vor Weihnachten natürlich ein besonders grauseliger Fall, der den vergleichsweise banalen Privatproblemen der beiden Herren (Einsamkeit an den Feiertagen) eine entsprechende Perspektive verleiht.
Zum Weihnachtsfest ausgestrahlte «Tatort»-Folgen sind gerne extrem – nicht selten schon penetrant – symbolisch. Allegorien müssen her: Mütter, die unter widrigen Umständen entbinden, und von der Gesellschaft aufs Mitleiderregendste vernachlässigt wurden. Gescheiterte Herbergssuchen. Und finstere Gesellen, die ihnen nachstellen.
Trotz dieses besonders tragischen Falls will der Duktus auch die gewohnten bayerisch-komödiantischen Töne anschlagen: Leitmayr palavert sich durch Adventstelefonate mit seiner Mutter und freundet sich mit zwei Pennern an. Der Gerichtsmediziner will sich vom hohen Arbeitsaufkommen ja nicht den Urlaub auf den Kanaren vermasseln lassen, um nicht in seiner Winter-Weihnachtsdepression zu enden. Und der junge Neuling malträtiert die alten Hasen auf dem Revier mit Kaffee mit Spekulatiusgeschmack.
Diese tonale Dissonanz funktioniert im Film zwar besser als in dieser Beschreibung: Trotzdem wirkt dieses Sammelsurium aus Weihnachtsversatzstücken nicht selten unangenehm schräg, wie unauflösliche Widersprüche, die eben unaufgelöst bleiben.
So wird aus „Klingelingeling“ ein weihnachtlicher Betroffenheitsfilm, der ein bisschen so wirkt wie all die Spendengalas am Jahresende, die ihren Zuschauern die Möglichkeit zu ein bisschen Abbitte in Form von ein paar Euro bieten, nachdem sie das ganze Jahr vor hungernden Kindern in Afrika oder – etwas näher an der unmittelbaren deutschen Lebensrealität – ausgebeuteten, misshandelten osteuropäischen Bettlern in reichen Innenstädten die Augen verschlossen haben. Das mag man nun zynisch oder perfide nennen – oder, etwas pragmatischer eben: besser als gar nichts.
Das Erste zeigt «Tatort – Klingelingeling» am Montag, den 26. Dezember um 20.15 Uhr.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel