Weihnachten. Heiligabend. Keine Zeit für Filme? Wenn der Tag wie bei der Familie dieses Kolumnisten läuft, solltet ihr euch vielleicht doch Zeit für meine drei Tipps nehmen.
Ich gebe zu: Die Auswahl meiner Lieblingsweihnachtsfilme zeichnet den Verlauf eines typischen Familienfestes im Hause Sülter an Heiligabend durchaus nach. Selbstverständlich steckt aber auch ein großer Schuss Zynismus und Übertreibung darin. Doch wer kennt es nicht? Man plant den Verlauf des Tages nahezu in Perfektion durch: Bespaßung für die Kleinen, Vorfreude auf den festlichen Teil und muss dann später mit ansehen, wie das stille, friedliche Fest den schwarzen Schafen oder unvorhersehbaren Dramen innerhalb und außerhalb der Familie zum Opfer fällt. Kennt ihr nicht? Glück gehabt. Dennoch gibt es hier den ultimativen Ablaufplan für euer optimales Weihnachtserlebnis - nach Sülter-Art.
11:00 Uhr: Familienfreude mit den Kleinen
Welcher Film? «Die Muppets Weihnachtsgeschichte» («The Muppet Christmas Carol») von 1992
Wer ist dabei? Die wunderbaren Muppets natürlich! Kermit, Piggy, Fozzie, Gonzo, Rizzo & Co. Und obendrauf der ebenso wunderbare Michael Caine als Scrooge.
Was passiert? Die Story ist altbekannt und schnell erzählt: Der verbitterte Einzelgänger Scrooge scheffelt Unmengen an Geld und beutet seine Mitmenschen lieber aus, als ihnen Gutes zu tun. Durch den Besuch der Geister der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Weihnacht geläutert, wird er jedoch bekehrt und zu einem guten Menschen...
Warum muss der Film sein? In Sachen Handlung bietet die Muppets-Version des Klassikers zwar nicht unbedingt Neues, punktet aber dafür mit liebenswertem Humor und verrückten Einfällen, die alles aus den bekannt-beliebten Puppencharakteren herausholen. Dass zudem die Songs Laune machen und die Geschichte rund um Buchhalter Bob Cratchit auch noch ans Herz geht, gibt Bonuspunkte. Ein Must-see für Groß und Klein.
15:00 Uhr: Das Zynismusradar justieren
Welcher Film? «Die Geister, die ich rief» («Scrooged») von 1988
Wer ist dabei? Bill Murray in einer überkandidelten Glanzrolle, John Glover, Karen Allen, John Forsythe, Bobcat Goldthwait, Alfre Woodard und sogar Robert Mitchum!
Was passiert? Francis Cross ist Chef eines Fernsehsenders und ein echtes Ekelpaket. Sogar an Weihnachten besteht sein Lebensinhalt nur aus Demütigung, Angst und Boshaftigkeit. Durch den Besuch dreier Geister jedoch, findet er schließlich doch noch den guten Menschen tief in sich wieder...
Warum muss der Film sein? Zugegeben: Der Film ist angestaubt, teils ist die Kalauerdichte schwer zu ertragen und die größtenteils angestrengt chargierenden Mimen haben mit subtilem Spiel aber auch gar nichts am Hut. Dennoch überrascht das treffend zynische Drehbuch auch heute noch mit Weitsicht und einem spannenden Blick auf die Medien. Der Dreh, Scrooge derartig zu verlagern, ist zudem äußerst gelungen. Einzig auf den Schlußmonolog an die Filmzuschauer hätte ich damals wie heute verzichten können - so gut gemeint er auch gewesen sein mag.
22.00 Uhr: Den Abend noch irgendwie Revue passieren lassen
Welcher Film? «No Panic - Gute Geiseln sind selten» («The Ref») von 1994
Wer ist dabei? Denis Leary, Denis Leary. Denis Leary. Der unterschätze Mime dreht hier voll auf und liefert an der Seite vom ebenso grandiosen Kevin Spacey eine Mordsperformance ab.
Was passiert? Die Chasseurs sind schon eine komplizierte Familie: Die Eltern streiten unentwegt, der Sohn versucht sich als Erpresser, die Schwiegermama regiert mit eiserner Hand und die restliche Familie ist schlicht zum Abgewöhnen - und geht aus Angst vor den Kochkünsten der Gastgeberin vorher gepflegt in einem ranzigen Diner essen. Zu allem Überfluss dringt dann auch noch der Kleinkriminelle Gus nach einem mißglückten Raubzug bei der Horrorfamilie ein und landet damit ungewollt auf einem Pulverfass...
Warum muss der Film sein? Es gibt schlicht keinen amüsanteren Weihnachtsfilm. Zumindest wenn man es sprachlich derbe verträgt, manchmal den Humor auch tiefergelegt mag und ganz nebenbei das Sezieren einer ganzen Familie samt umgebener Gesellschaft unterhaltsam findet. Wenn dabei dann noch groß aufgespielt wird, wie hier von Leary und Spacey, kann nichts mehr schiefgehen. Highlights: Vorm Weihnachtsessen zum Diner, Abendessen nach schwedischer Art mit Kopfkerzen, streitende Geiseln im Auto und ein nicht jugendfreier Weihnachtsmann. Anschauen!
Conclusio
Steckbrief
Björn Sülter ist bei Quotenmeter seit 2015 zuständig für
Rezensionen,
Interviews &
Schwerpunkte. Zudem lieferte er die Kolumne
Sülters Sendepause und schrieb für
Die Experten und
Der Sportcheck.
Der Autor, Journalist, Podcaster, Moderator und Hörbuchsprecher ist Fachmann in Sachen
Star Trek und schreibt seit 25 Jahren über das langlebige Franchise. Für sein Buch
Es lebe Star Trek gewann er 2019 den
Deutschen Phantastik Preis.
Er ist Headwriter & Experte bei
SYFY sowie freier Mitarbeiter bei
Serienjunkies, der GEEK! und dem FedCon Insider und Chefredakteur des Printmagazins
TV-Klassiker und des
Corona Magazine.
Seine Homepage erreicht ihr
hier, seine Veröffentlichungen als Autor auf seiner
Autorenseite.
Drei Filme. Drei verschiedene Stadien des Heiligen Abends. Zunächst besinnlich, beschwingt, heiter und harmlos. Dann zunehmend zynisch, dabei aber jederzeit versöhnlich humorvoll und schließlich bitterböse beobachtet und gezeichnet. Familie eben. Ja, Weihnachten ist schon eine Sache für sich. Kann ganz wunderbar sein, aber eben auch böse enden. Sollte euch ein Familiendrama wie bei den Chasseurs (unbedingt französisch aussprechen, sonst wird Schwiegermama böse!) aber erspart bleiben, erfreut euch an einem unspektakulären und friedlichen Fest. Und wer den Ton der letzten beiden Filme doch irgendwie nachvollziehen kann, darf sich zum Abschluss des Tages um Mitternacht vielleicht noch die «ALF»-Weihnachtsepisode
"Eine schöne Bescherung" ansehen, in der Willie Tanner zwar zuerst mit einem künstlichen Baum nach Hause kommt (bei dem die Farbe für den Stamm nicht mitgliefert wird und die Anleitung auf Chinesisch ist), der kleine Außerirdische am Ende aber dann noch richtigen Schnee zu sehen bekommt. Fernsehmagie. Versöhnlich. Fröhlich. Rührend. Weihnachten. Frohes Fest, ihr Lieben!
Der Sülter hat für heute Sendepause, ihr aber bitte nicht – Wie sind eure Erfahrungen? Gibt es den ultimativen Weihnachtsfilm? Schaut ihr jedes Jahr den oder die gleichen Filme? Oder ist das ein Brauch, der euch vollkommen fremd ist? Denkt darüber nach und sprecht mit anderen drüber. Gerne auch in den Kommentaren zu dieser Kolumne. Ich freue mich drauf.
«Sülters Sendepause» macht nun eine Winterpause - Eindrücke sammeln, Plätzchen essen und das Weihnachtsprogramm genießen. Bald geht es dann aber weiter mit neuen Themen. Bleibt mir gewogen!
Die Kolumne «Sülters Sendepause» erscheint in der Regel alle 14 Tage Samstags bei Quotenmeter.de und behandelt einen bunten Themenmix aus TV, Film & Medienlandschaft.
Für konkrete Themenwünsche oder -vorschläge benutzt bitte die Kommentarfunktion (siehe unten) oder wendet euch direkt per Email an bjoern.suelter@quotenmeter.de.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel