Im Vorfeld der Premiere von «Rogue One: A Star Wars Story» erklärte Lucasfilm-Präsidentin Kathleen Kennedy, dass intern mit dem Gedanken gespielt wird, nach Episode IX mehr solcher Einzelstorys zu erzählen, statt eine vierte Trilogie zu starten. Eine gute Sache?
Pro von Sidney Schering
«Star Wars»-Fans und eifrig Branchennews verschlingende Filmliebhaber haben die nächsten Tage allerhand zu tun. Nicht nur, dass sie sich die neue Big-Budget-Produktion «Rogue One: A Star Wars Story» zu Gemüte führen dürfen – es ist davon auszugehen, dass sie Gelegenheitskinogängern in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis erklären müssen, was der Unterschied zwischen diesem Blockbuster und früheren «Star Wars»-Filmen ist. In aller Kürze: Die Kernfilme der «Star Wars»-Saga, jene, die im ikonischen Vorspann mit einer Episodennummer versehen sind, erzählen vom immerwährenden Konflikt zwischen den weisen und mächtigen Jedi gegen dunkle Mächte – all dies emotional verankert in der himmelhochjauchzenden, zuweilen zu Tode betrüblichen Familiengeschichte des Skywalker-Clans. Die «A Star Wars Story»-untertitelten Filme, beginnend mit «Rogue One», betrachten andere Aspekte des riesigen «Star Wars»-Universums.
Nach drei Trilogien ist es meiner Ansicht nach Zeit, seinen Blick (zumindest für längere Zeit) exklusiv auf andere Ereignisse zu richten, statt nebenher in Episode X bis XII die tragischen Parallelen zwischen den verschiedenen Skywalker-Generationen aufzuzeigen, während im Hintergrund das stete Auf und Ab der Jedi-Ritter weitergeht. Wir werden mit Episode IX (voraussichtlicher Kinostart: Ende 2019) neun Geschichten gesehen haben, die diese zwei Handlungsfäden verknüpft haben. Drei Trilogien, die je drei Storys zu einem Gesamtkonstrukt verbunden haben. Eine große Saga, bestehend aus drei tonal unterschiedlichen, aber inhaltlich eng verknüpften Trilogien. Anders gesagt: Diese zwei Grundpfeiler des «Star Wars»-Franchises werden wir in aller Ausführlichkeit beleuchtet haben.
Wieso also nicht für Abwechslung sorgen (und so Wiederholungen sowie Übermüdungserscheinungen vorbeugen) und ganz andere Erzählungen auf die Leinwand bringen? Einen Samurai-Western über den alternden, traumatisierten, dennoch hoffnungsvollen Obi-Wan Kenobi? Einen Sci-Fi-Kopfgeldjagdthriller mit Boba Fett? Könnte ein findiger Regisseur einen packenden Film über die Podracing-Branche auf die Beine stellen? Wie wäre es mit einem «The Raid»-artigen Nonstop-Martial-Arts-Actionfilm, in dem ein ungleiches Duo aus Mensch und Rodianer imperiale Sturmtruppen niedermetzelt? Unendliche Möglichkeiten – man muss sich einfach nur mal zwei, drei Schritte vom Erbe der ersten sieben (in wenigen Jahren: neun) Filme lösen – und nur, wenn die zentrale Saga mittelfristig pausiert, kann sich Lucasfilm voll darauf konzentrieren, diese Optionen auszuschöpfen!
Contra von Stefan Turiak
Bisher wissen wir natürlich nicht viel über das in Kürze startende Spin-Off «Rogue One: A Star Wars Story» bzw. wissen wir schon eine ganze Menge über den Plot. Aber kaum einer von uns kann sagen, ob es ein schlechter, ein guter oder ein sehr guter Film sein wird. Für mich ist allerdings klar, dass die sieben «Star Wars»-Kern-Filme auch immer die Wirbelsäule des «Star Wars»-Universums sein werden (auch wenn ich versuche, die Prequels aus meinem Gedächtnis zu verbannen). Entfernt man diese, wird es letztendlich zur Lähmung kommen.
«Rogue One» hängt unmittelbar mit der Ursprungstrilogie zusammen: Die Pläne des ersten Todessterns sollen gestohlen werden. Im noch namenlosen Han-Solo-Spin-Off steht eine der beliebtesten «Star Wars»-Figuren im Mittelpunkt. Das sind für einen großen Teil der Fans und sogar für Menschen, die nur bedingt mit «Star Wars» vertraut sind, durchaus bekannte Elemente dieses Franchises. Kurzum: Das «Star Wars»-Universum ist untrennbar mit den Ursprungsfilmen verbunden, selbst jetzt, wo man Ablegerfilme einführt. Das scheint Disney und Lucasfilm auch bewusst zu sein, sonst würde man nicht Darth Vader einen mehr oder weniger großen Teil der PR-Kampagne von «Rogue One» widmen. Man wird das eine nicht von dem anderem trennen können und dafür werden weitere Fortsetzung der Ursprungstrilogie notwendig sein.
Klar, Filme über Boba Fett und Obi Wan Kenobi wären interessant, aber irgendwann hat man auch hier alle Charaktere abgegrast. Was soll man danach drehen? Einen neuen Ewok-Film? Einen Film über den Erfolg und Misserfolg der Cantina-Band, bevor sie letztendlich in Mos Eisley gelandet ist (obwohl, das eigentlich ziemlich cool wäre)? Was ich im Grunde ausdrücken möchte: Irgendwann wird auch dieser reichhaltige Brunnen an Charakteren ausgetrocknet sein und es muss frisches Material nachkommen, an dem sich die Zuschauer orientieren können. Sidney, du schreibst es selbst: Gelegenheitskinogänger sind jetzt schon verwirrt, was es mit dem «Rogue One»-Spin-Off auf sich hat und je weiter man sich von der ursprünglichen «Star Wars»-Geschichte entfernt, desto weniger Interesse wird dieses Universum generieren und desto mehr wird es zum Nischenprodukt. Das wäre sicherlich auch interessant, aber letztendlich wollen ja die meisten von uns, dass «Star Wars» erfolgreich bleibt.
Abnutzungserscheinungen werden sich automatisch einstellen. Und kreativ kann man auch innerhalb einer fortgeführten Geschichte sein. Zumal wir ja gar nicht wissen, wie oder ob es mit den Skywalkers weitergeht, ob Luke und Leia über die nächste Episode hinaus weiter Bestandteil des Universums sein werden, was mit Kylo Ren geschehen wird, oder in welcher Beziehung Rey zur Skywalker-Familie steht, wenn überhaupt eine vorhanden ist. Also haben die zukünftigen Kern-Episoden noch viel kreativen Spielraum und können auch weiterhin ein aufregender Leitfaden für die Zuschauer sein.
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11.12.2016 19:08 Uhr 1
25.12.2016 11:55 Uhr 2