Mit dem vierten Berliner-«Tatort» wird der rote Faden dieser Krimireihe endlich abgeschlossen. Ein Spannungshöhepunkt ist diese Auflösung jedoch nicht geworden.
Cast & Crew
- Regie: Christian von Castelberg
- Darsteller: Meret Becker, Mark Waschke, Carolyn Genzkow, Holger Handtke, Ursina Lardi, Gerdy Zint, Marc Bischoff, Aleksandar Tesla, Tim Seyfi,, Luc Feit
- Drehbuch: Stefan Kolditz
- Kamera: Björn Knechtel
- Schnitt: Julia Karg
- Produktionsfirma: EIKON Media
Die öffentlich-rechtlichen Fernsehstationen müssen sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, Gefälligkeitsprogramm abzuspielen. Insbesondere das große Aufgebot an ähnlich strukturierten Krimis sorgt für so manches Stirnrunzeln – der Punkt, an dem sämtliche Serien, Reihen und Subreihen klar zu differenzieren waren, liegt schon lange hinter uns
und rückt mit jeder neuen, konformistischen Produktion weiter in Ferne. Insofern hat die Berliner «Tatort»-Reihe zumindest grundlegenden Respekt verdient – dieser gehört zu den am stärksten polarisierenden der «Tatort»-Dachmarke.
Und Cooky Ziesche, Leiterin der rbb-Filmabteilung zeigt keinerlei Interesse daran, dies zu ändern. In Anlehnung an den ehemaligen Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit gibt sie in einem Pressestatement kund: „Der Berliner «Tatort» polarisiert, wie die Stadt, in der er spielt, und das ist gut so.“ In der Tat. Bei der rauen Masse an «Tatort»-Reihen braucht es, unabhängig von der Qualität der jeweiligen Neunzigminüter, mehr Varianz. Mehr Individualität, wie sie das blödelnde Münster-Team, die schießwütigen Hamburger oder die anspruchsvollen Wiesbadener vorleben. Oder halt das Berliner Serial, in dem von Ausgabe zu Ausgabe der „Fall der Stunde“ ins Hintertreffen gerät, weil sich alle viel stärker dafür interessieren, wie Gregor Maihack ums Leben kam, der ehemalige Ermittlungspartner von Kommissar Karow (Mark Waschke).
Ausgabe vier verspricht endlich, den Fokus primär auf die vor zwei Jahren aufgeworfene Frage zu legen, Antworten zu geben und somit ein Kapitel «Tatort»-Geschichte zu schließen. Wie jedoch schon diverse US-Premiumserien vorlebten: Das Ende der Reise ist gerne mal der unbefriedigendste Part (hier darf nun jeder Serienfan seine eigenen drei Lieblingsbeispiele einsetzen). Die „Wer hat Maihack erschossen?“-Tetralogie folgt diesem Beispiel – mit einer Auflösung, die durch Zufälle, leichtsinnigem Verhalten des Schuldigen und einem plötzlich als solchen enttarnten, gefälschten Obduktionsbericht vorangetrieben wird.
Dass die finalen 90 Minuten dieses Sechs-Fernsehstunden-Falls obendrein durch allerlei Wiederholungen (die Lösung ist zum Greifen nah, oh nein, auch dieser Kronzeuge wird plötzlich niedergeschossen!) sowie einem monologisierenden Antagonisten ausgedehnt wird, sorgt letztlich für etwas Desillusionierung: Der rbb hat ein eher schlichtes Komplott, das in anderen «Tatort»-Städten innerhalb eines einzelnen Films gelüftet worden wäre, durch Schall, Rauch und Hinhaltetaktik auf einen Vierteiler gestreckt. Die ungewohnte Begriffsstutzigkeit von Meret Beckers Kommissarin Nina Rubin und Robert Karows immer wieder den Verdacht auf sich lenkenden, abgewrackten Ermittler Robert Karow hemmt den Spannungsfaktor umso mehr.
Ursina Lardi bringt als verruchte Maihack-Witwe jedoch etwas Leben ins Spiel – ihre Figur mag zwar direkt aus dem Lehrbuch für Film-noir-Rollen entsprungen sein, allerdings spielt sie den Part mit einer dem geschundenen Aussehen entgegenwirkenden Würde. Becker sticht mit einem emotional vielschichtigen Spiel ebenfalls hervor, und Regisseur Christian von Castelberg versteht es, Berlins hässlichste Seite authentisch einzufangen. Über das bemühte Storytelling tröstet das aber kaum hinweg.
«Tatort: Dunkelfeld» ist am 11. Dezember 2016 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
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