Die televisionäre Nullmenge hat einen Namen: Lombardi. Ob der "Bild"-Fahrstuhl nach oben oder unten fährt, RTL II hält drauf.
Mir geht es wie vielen anderen: Alles, was ich über Sarah und Pietro Lombardi weiß, habe ich gegen meinen Willen erfahren.
Es ging nicht anders: Obwohl ich nie eine Folge ihrer Staffel von «Deutschland sucht den Superstar» oder (zumindest bewusst) einen Song von ihnen gehört habe, obwohl ich weder People-Journalismus noch die RTL-II-Dauerbeschallung des Lombardi-Alltagslebens konsumiere, war ich stets bestens informiert. Traumhochzeit, Kind – und nun: Enttäuschung, Trennung, Rosenkrieg. Ich will daran nicht teilhaben, ich will das alles nicht wissen, es interessiert mich nicht, aber ich muss ja. „Zum Regieren brauche ich Bild, BamS und Glotze“, hat Gerhard Schröder einmal gesagt. Und ich als Medienbeobachter muss mich mit Pietro und Sarah Lombardi beschäftigen, auch wenn es mir davor gruselt.
Ich habe es mir also angetan, direkt aus erster Hand, der besten Informationsquelle in Sachen Lombardi, Mittwochabend auf RTL II: «Sarah & Pietro – Die ganze Wahrheit». Das war nicht nur ein ausführlicher Bericht über den Gang der Ereignisse, das waren detailliert recherchierte Hintergründe und fachkundige Einordnungen. Wenn es irgendwo in der Welt kracht, hat die ARD ihren «Brennpunkt». Und wenn es bei Sarah & Pietro kracht, haben wir RTL II. Damit wir nicht hilflos und alleine dastehen, so ganz ohne journalistischen Halt. Den braucht man, wenn aktuelle Informationen nur in Form von Pietro Lombardis unverfälschten Facebook-Einträgen vorliegen, mit ihrer abenteuerlichen Orthographie und einer Aussagenlogik, neben der Mario Barth wie Jürgen Habermas klingt.
Es ist nichts Neues: RTL II hat aus der Präsentation von Nichtigkeiten ein Erfolgsgeschäft gemacht. Dessen Gipfel sind die Lombardis, ein Paradebeispiel für Hans Magnus Enzensbergers geflügeltes Wort von der televisionären Nullmenge: ein Medium, das sich nur mit sich selbst beschäftigt, mit Leuten als Gegenstand, die aus der Selbstvermarktung nicht nur eine einträgliche Einnahmequelle, sondern ein Perpetuum Mobile gemacht haben. Ganz gleich, ob der „Bild“-Fahrstuhl gerade nach oben oder nach unten fährt – RTL II hält drauf.
Das Publikum findet’s klasse.
Aber gut, ich muss jetzt aufhören mit dieser Lombardi-Analyse.
Sonst ende ich noch wie Jo Groebel. Führt man sich dessen Auftritte vor Augen, können Sarah & Pietros Reality-Shows mit «True Detective» mithalten. Der ersten Staffel.
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