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Die Kino-Kritiker: «Dirty Cops – War on Everyone»

Der englische Regisseur John Michael McDonagh versucht sich mit dieser Gangsterfarce als neuer Quentin Tarantino – und scheitert mit Karacho.

Filmfacts «Dirty Cops - War on Everyone»

  • Regie und Drehbuch: John Michael McDonagh
  • Produktion: Chris Clark, Flora Fernandez-Marengo, Phil Hunt, Compton Ross
  • Darsteller: Alexander Skarsgård, Michael Peña, Theo James, Tessa Thompson, Caleb Landry Jones
  • Musik: Lorne Balfe
  • Kamera: Bobby Bukowski
  • Schnitt: Chris Gill
  • Laufzeit: 97 Minuten
  • FSK: ab 16 Jahren
In mattschwarzen, gut sitzenden Anzügen gekleidete Mistkerle missachten das Gesetz, latschen selbstbewusst von A nach B und unterhalten sich dabei über Gott und die Welt, über Kunst und Triviales, über Alltag und Absonderlichkeiten. Das ist der Stoff, aus dem der Quentin Tarantino der 90er-Jahre gemacht ist, insbesondere sein oft kopierter Meilenstein «Pulp Fiction». Während der Oscar-Preisträger diese „Gangster und Smalltalk“-Masche jedoch mittlerweile hinter sich gelassen und seine markante filmkünstlerische Handschrift weiterentwickelt hat, klammern sich andere Regisseure und Autoren weiterhin am Gedanken, „das nächste «Pulp Fiction»“ aus den Ärmeln schütteln zu können.

Mit «Dirty Cops – War on Everyone» fügt sich auch der englische Autorenfilmer John Michael McDonagh in die lange Reihe von Tarantino-Copycats ein. Zeigte er in den pechschwarzen Projekten «The Guard – Ein Ire sieht schwarz» und «Am Sonntag bist du tot» noch eigene Charakteristika, wirkt seine Kriminalkomödie mit Alexander Skarsgård und Michael Peña wie ein Relikt aus den mittleren und späten 90er-Jahren, als gefühlt jede dritte Low-Budget-Erwachsenenkomödie verzweifelt versucht hat, die Tarantino-Formel zu rekreieren. Und wie ein Gros eben dieser Filme ist auch «Dirty Cops – War on Everyone» eine mühselige, angestrengte Übung darin, locker und lässig aufzutreten.

Im Mittelpunkt des von McDonagh nicht für eine einzige Sekunde ernst genommenen Geschehens stehen die korrupten, rücksichtslosen Bullen Terry Monroe (Alexander Skarsgard) und Bob Bolano (Michael Pena). Egal ob Kollege oder Krimineller, alle bekommen von ihnen eine Abreibung oder zumindest einen frechen Spruch verpasst. Als sie versuchen, den aalglatten und gerissenen High-Class-Gangster James Mangan (Theo James) abzuzocken, übernehmen sie sich allerdings und werden in ein blutiges Netz aus Lügen und Tricks verwickelt, das sie unter anderem mit dem weibischen Ganoven Birdwell (Caleb Landry Jones) konfrontiert. Ganz nebenher verliebt sich Terry in eine Stripperin (Tessa Thompson) und Bob bekommt es mit den Herausforderungen des Familienlebens zu tun …

Von der stümperhaften Schnittarbeit Chris Gills abgesehen, der Szenen ohne jeglichen erzählerischen Rhythmus aneinanderreiht, ist der größte Makel von «Dirty Cops – War on Everyone», dass McDonagh den gesamten Film in fauliger Ironie ertränkt. Weder blitzen verspieltere, naivere Momente auf, in denen er mit der Erzählform munteren Spaß hat, noch hat er den leisesten Hauch von Empathie und Gravitas für seine Hauptfiguren übrig. Letzteres ist einer der eklatantesten Fehler, den Filmemacher immer und immer wieder begehen, wenn sie sich in tarantinoesken Dialogen und Szenarien versuchen: Tarantino mag zwar ein Meister des Meta-Films sein und seine aus Querverweisen und Genrekommentaren bestehenden Werke mit viel Ironie bestücken, allerdings liebt er seine (Anti-)Helden.

Wer Tarantino jemals über seine Geschichten hat reden hören, weiß das – wobei die Achtung, die er seinen Figuren gegenüber mitbringt, durch und durch seinen Filmen anzumerken ist: Er skizziert zwar überlebensgroße Macker und Fieslinge, aber sämtlichen relevanten Rollen in Tarantino-Filmen wohnt etwas menschliches inne, ein Funken, der dafür sorgt, dass ihr Schicksal von Interesse sind. «Dirty Cops – War on Everyonew» kommt indes so rüber, als könnte sich McDonagh für nichts weniger scheren als für seine Protagonisten. Sie wandern Sprüche klopfend und Westentaschenphilosophie austauschend durch die von McDonagh zusammenhaltlos und ohne jegliche Spannungskurve erschaffene Handlung. Nie werden sie zu mehr als zweibeinigen Mechanismen, die den Film irgendwie am Laufen halten und einen angestrengt gen Kultverdacht zurechtgeprügelten Dialogwechsel nach dem anderen abhalten. Die kurzen Einblicke in ihr Privatleben lassen ebenfalls kalt, stellen eher forcierte Stilübungen dar, als die Story bereichernde zwischenmenschliche Augenblicke.

Obendrein lässt McDonagh jeglichen Pepp vermissen, der dieses in verwaschener Retrooptik gehaltene Genrestück bei all seinem Sarkasmus wenigstens in eine launige Farce verwandeln würde. Der visuell ähnlich gestaltete und ebenfalls keinerlei authentische Gefühle erlaubende Blaxploitation-Trip «Black Dynamite» etwa bricht wiederholt aus seinem Oneliner-Schnellfeuerwerk und seiner Stilimitation aus, um durch gekonnte Albernheit für Stimmung zu sorgen und das Geschehen zu vitalisieren. «Dirty Cops – War on Everyone» hat zwar ebenfalls unsinnige Momente, diese sind aber mit derselben bitterironischen, schmuddeligen Attitüde wie der restliche Film verwirklicht – bei der austauschbaren Handlung und den lau definierten Hauptfiguren ein Todesurteil. Somit krepieren durch die dröge Regieführung und das mäandernde Timing selbst Szenen wie eine quatschige Verfolgungsjagd durch Island oder der für sich stehend stylische, im Kontext des Films aber versackende Versuch Terrys, saufend im Sitzen zu tanzen.

Trotz kompakter Laufzeit und einer süffisanten Doppelmoral der Figuren in Sachen politischer Korrektheit kann «Dirty Cops – War on Everyone» nicht einmal durch Michael Peñas sonst so dominierenden Charme gerettet werden: Schwach inszeniert und amateurhaft zusammengeschustert geht dieser darben Kriminalfarce schneller die Luft aus als man vergebens 110 rufen kann.

Fazit: John Michael McDonagh wildert in Gefilden, die Quentin Tarantino vor über 20 Jahren abgegrast hat – und kommt mit einem leblosen, bitteren Stück Gangsterfarce zurück.

«Dirty Cops – War on Everyone» ist ab sofort in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
18.11.2016 18:15 Uhr Kurz-URL: qmde.de/89450
Sidney Schering

super
schade


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