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US-Wahlsinn: Trump vs. Clinton hält auch Deutschland im Atem

Streckenweise bis zu fünf Millionen Menschen interessierten sich für die zahlreichen Sondersendungen, die das deutsche Fernsehen anlässlich Trumps Überraschungssieges ausstrahlte. Wir haben uns um einen ebenso kompakten wie informativen Überblick rund um die Quoten zur US-Wahl bemüht.

Die Mehrheit war für Trump? Nicht ganz.

Wenngleich Donald Trump in der Mehrzahl der Bundesstaaten die Mehrzahl der Stimme erreichte, wurden unterm Strich knapp mehr Stimmen für Hillary Clinton abgegeben: Gut 59,9 Millionen gegenüber knapp 59,7 Millionen Trump-Wählern. Ein ähnliches Phänomen gab es bereits 2000, als Al Gore trotz des Mehrs an Stimmen der Einzug ins Weiße Haus verwehrt geblieben war.
Kaum jemand hätte es hierzulande im Vorfeld gedacht, aber die Bürger in 30 der 50 US-amerikanischen Bundesstaaten haben bei der Präsidentschaftswahl tatsächlich mehrheitlich für Donald Trump votiert und den schillernden Reality-Star und Unternehmer somit zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Allen Demoskopien zum Trotz endet somit also die demokratische Vorherrschaft im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nach acht Jahren endgültig - zumal die Republikaner auch in beiden Kammern des Kongresses ihre Mehrheit behalten. Anlässlich der Wahl sowie ihres unerwarteten und für viele Menschen auch beängstigenden Ausgangs haben die deutschen Sender in den vergangenen Tagen zahlreiche Sondersendungen auf die Mattscheibe gebracht, die zum Teil eine wahrlich beachtliche Publikumsresonanz erfuhren.


Die große Wahlnacht: Trump bezwingt Obama, die ARD den restlichen TV-Markt


Den Ruf des Senders mit der höchsten Nachrichten-Kompetenz hat sich Das Erste in den vergangenen Jahrzehnten mühsam erarbeitet und aufrecht erhalten. Somit überraschte es nur bedingt, dass der öffentlich-rechtliche Kanal auch in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wieder den mit Abstand höchsten Zuschauerzuspruch generierte: Durchschnittlich 1,27 Millionen Menschen sahen den ersten ersten Teil der langen Wahlnacht zwischen 22:50 Uhr und drei Uhr nachts, wo traditionell ein jeder Fernsehtag endet. Damit einher gingen schon vor der wirklich heißen Phase sehr gute 14,0 Prozent des Gesamtpublikums, bei den 14- bis 49-Jährigen standen 10,7 Prozent bei 0,37 Millionen auf dem Papier. Im sogar noch weniger zuschauerfreundlichen Zeitfenster zwischen drei und neun Uhr langten dann sogar bereits 1,07 Millionen Interessenten, um dem Sender spektakuläre 21,7 Prozent Marktanteil einzubringen.

Einen soliden Job verrichtete derweil das ZDF, das erst ab 0:15 Uhr die eigentliche Wahl-Berichterstattung startete, zuvor ab 23 Uhr allerdings bereits bereits bei «Markus Lanz» darauf Bezug nahm. Bei immerhin 1,71 Millionen Interessenten kamen ganz ordentliche 12,1 Prozent zustande, bis sieben Uhr morgens wurden dann eher unspektakuläre 11,5 und 11,3 Prozent gemessen. Erst danach kam das bis 10:30 Uhr verlängerte «Morgenmagazin» auf wirklich starke 11,6 Prozent bei 1,19 Millionen Fernsehenden. Auch RTL und Sat.1 bemühten sich zumindest temporär um ein informatives Programm rund um die US-Wahl, wurden für ihre Halbherzigkeit jedoch mit überwiegend nur einstelligen Werten beim Gesamtpublikum und in der werberelevanten Zielgruppe bestraft. Die Nachrichtensender N24 und n-tv waren zwar weit entfernt von neuen Rekorden, hatten aber mit in der Spitze bis zu drei bis fünf Prozent deutlich mehr zu melden als an normalen Tagen.

Verglichen mit den vorherigen Präsidentschaftswahlen lässt sich ohne jede Frage von einem gestiegenen Interesse sprechen: Schon in der Zeitspanne bis drei Uhr nachts war selbst die große ARD am 6. November 2012 lediglich auf mittelprächtige 10,8 Prozent bei 0,90 Millionen gelangt, das ZDF hatte sich sogar mit äußerst mauen 9,3 Prozent bei 0,53 Millionen zu begnügen. Vor allem aber am Morgen trennte sich die Spreu vom Weizen, wenngleich die Öffentlich-Rechtlichen hier mit jeweils knapp 13 Prozent immerhin den Senderschnitt überboten hatten.

Zur besseren Einordnung der Zahlen sollte allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass beim Zweikampf zwischen Barack Obama und Mitt Romney ziemlich schnell eine sehr deutliche Tendenz pro Obama abzusehen waren und ARD und ZDF im Zuge dessen die ganz großen Bemühungen rund um die Präsidentschaftswahl bereits nach acht Uhr weitgehend eingestellt hatten. RTL profitierte damals sogar von der überschaubaren Nachrichtenlage insofern, dass man nur bis 6:10 Uhr berichtete - und damit angesichts von tollen 15,1 Prozent bei 0,39 Millionen alles richtig machte.


Die großen Nachwehen am Mittwoch: Viele Erfolge, kaum Enttäuschungen


Angespornt vom unerwarteten Sieg des republikanischen Populisten berichtete vor allem das Erste Deutsche Fernsehen auch am Tag nach der Wahl noch umfassend hiervon. Das Herzstück dieses breiten Engagements war ohne Frage die über dreistündige Programmschiene ab 20 Uhr, die in der Spitze mit der «Tagesschau» auf bis zu 4,79 Millionen Zuschauer und starke 15,3 Prozent Marktanteil gelangte. Doch auch der anschließende «Brennpunkt» wusste mit 4,48 Millionen sowie 13,6 Prozent noch zu überzeugen und war vor allem bei den 14- bis 49-Jährigen angesichts von 12,6 Prozent bei 1,47 Millionen sogar noch etwas gefragter als das Nachrichten-Flaggschiff.

Auch «Maischberger», die «Tagesthemen» und «Plusminus» kamen nach 21 Uhr noch auf zufriedenstellende 11,1 bis 12,5 Prozent aller sowie sehr gute 7,3 bis 9,5 Prozent der jüngeren Konsumenten. Ein 75 Minuten langes «Tagesschau»-Extra hatte um 16 Uhr dagegen deutlich kleinere Brötchen zu backen, kam mit 1,47 Millionen Zuschauer und 10,3 bzw. 6,1 Prozent Marktanteil aber immerhin über die Werte hinaus, die man sonst zu dieser Zeit im Normalfall zu verbuchen weiß.

Das ZDF gelangte derweil mit seinen Nachrichten-Sendungen «heute» und «heute-journal» auf sehr gute 4,66 bzw. 4,42 Millionen Fernsehende und wusste überdies auch mit der Sonderprogrammierung «Amerika hat gewählt» um 19:30 Uhr zu überzeugen, die 4,53 Millionen Interessenten mobilisierte. Mit 15,3 bis 18,2 Prozent fielen die Gesamt-Marktanteile sogar noch etwas höher aus als beim öffentlich-rechtlichen Mitbewerber, bei den Jüngeren allerdings hatte man sich mit etwas weniger spektakulären 7,1 bis 9,8 Prozent zu begnügen. «Markus Lanz» schloss den Tag schließlich ab 23:25 Uhr mit 1,51 Millionen und guten 13,5 Prozent insgesamt ab, blieb bei den 14- bis 49-Jährigen aber angesichts von 5,7 Prozent ein wenig hinter den Erwartungen zurück. RTL beschränkte sich von einigen kurzen News-Specials abgesehen zu prominenterer Stunde auf «RTL Aktuell», das zur gewohnten Zeit auf 3,75 Millionen Zuschauer und sehr gute 15,5 Prozent gelangte. In der werberelevanten Zielgruppe war man mit 18,8 Prozent bei 1,34 Millionen sogar ganz weit vorne mit dabei.

Wie viel mehr Gewicht die großen Sender der diesjährigen Präsidentschaftswahl im Vergleich zu jener von vor vier Jahren beimessen, lässt sich übrigens auch daran erkennen, dass am Tag danach 2012 lediglich ein viertelstündiger «Brennpunkt» im Ersten und ein gut halbstündiges Special im ZDF ausgestrahlt worden waren - von kleineren News-Häppchen in der Daytime einmal abgesehen. Auf einen ganzen Abend voller Formate zur US-Wahl hatte die ARD zuletzt 2008 nach dem triumphalen Erfolg Obamas gegen John McCain gesetzt, dabei allerdings im Schnitt bei weitem nicht so viele Menschen erreicht wie diesmal.


Beruhigung am Donnerstag: Illner und Lanz profitieren massiv


An Tag zwei nach der Wahl beruhigte sich das deutsche Fernsehen deutlich, vor allem Das Erste fuhr seine Berichterstattung deutlich zurück und verzichtete sogar vollständig auf eine weitere Thematisierung der Wahl fernab des üblichen Programmrahmens. Selbiges galt prinzipiell auch für das ZDF, allerdings mit dem großen Unterschied, dass man hier am späteren Abend mit «Maybrit Illner» und «Markus Lanz» ohnehin zwei Talk-Formate in petto hatte, die noch einmal auf das Geschehen und dessen Auswirkungen in den USA Bezug nehmen konnten. Dieses weitgehende Alleinstellungsmerkmal half den Gesprächsrunden massiv: Illner gelangte ab 22:15 Uhr auf 3,36 Millionen Zuschauer und sehr gute 16,1 Prozent Marktanteil, was den zweitbesten Werten in diesem Kalenderjahr überhaupt entsprach - einzig die Folge unmittelbar nach dem Putschversuch in der Türkei Mitte Juli war mit 3,82 Millionen und 18,4 Prozent noch besser gelaufen. Bei den Jüngeren standen starke 7,2 Prozent bei 0,54 Millionen zu Buche.

Noch besser schlug sich allerdings Kollege Lanz ab 23:20 Uhr, der noch immer 2,39 Millionen Menschen bei der Stange hielt und entsprechend herausragende 20,2 bzw. 9,7 Prozent verzeichnete. Einmal abgesehen von den Abenden, an denen Lanz im Anschluss an Fußball-Livespielen auf Sendung gehen durfte, lief es seit Ewigkeiten nicht mehr so gut wie an diesem Donnerstag. Es dürfte also auch in den kommenden Tagen und Wochen noch viel Diskussionsbedarf herrschen, zumal das Phänomen des Rechtspopulismus' keines ist, das an den US-amerikanischen Grenzen Halt macht und die europäische Politik völlig kalt lässt.
12.11.2016 15:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/89307
Manuel Nunez Sanchez

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