Wenn selbst ein Produzent verlauten lässt, bei seiner eigenen Arbeit nicht das Optimum abgeliefert zu haben, dann muss das Ergebnis wirklich nicht gut gewesen sein. So geschehen beim absolut austauschbaren Horror-Quatsch «Ouija», der mit «Ouija 2: Ursprung des Bösen» nun tatsächlich fortgesetzt wird.
«Ouija 2: Ursprung des Bösen»
- Kinostart: 20. Oktober 2016
- Genre: Horror
- FSK: 16
- Laufzeit: 99 Min.
- Musik: The Newton Brothers
- Kamera: Michael Fimognari
- Buch: Mike Flanagan
- Regie: Mike Flanagan, Jeff Howard
- Darsteller: Elizabeth Reaser, Lulu Wilson, Annalise Basso, Doug Jones, Henry Thomas, Parker Mack, Alexis G. Zall, Ele Keats
- OT: Ouija: Origin of Evil (USA 2016)
Von der verdichteten Inanspruchnahme sozialer Medien profitieren auch Kreative. Ob ein Film beim Publikum ankommt oder nicht, erfahren die Macher heutzutage nicht mehr erst über die Einspielergebnisse, sondern direkt über Facebook, Twitter und Co. Das bringt aber auch seine Tücken mit sich, wenn die Urheber einer weniger gelungenen Produktion dazu genötigt werden, sich zu rechtfertigen. Für Blumhouse-Pictures-Mastermind Jason Blum («The Purge 1-3») ging das soweit, dass der verkorkste Okkult-Grusler «Ouija – Spiel nicht mit dem Teufel» von vor zwei Jahren immer wieder zum Gespräch gebracht wurde, selbst wenn es eigentlich um ein ganz anderes Projekt gehen sollte. Als die Pläne zu einer «Ouija»-Fortsetzung die Runde machten, ging Blum schließlich in die Offensive und gab zu, dass der erste Teil nicht zu den besten Werken gehöre, die von den Blumhouse-Studios auf den Weg gebracht wurden. Aus der Fortsetzung ist mittlerweile ein Prequel geworden und bei den Verantwortlichen vor und hinter der Kamera wurde kräftig durchgemischt. Auch der direkte Bezug zum ersten Teil geht erst ganz zum Schluss aus der Erzählung hervor und ist so subtil, dass man hier schon fast von einem Twist sprechen möchte. Abseits dieses Überraschungseffekts hat das Studio gut daran getan, dem Regiedebütanten Stiles White nicht auch noch die Inszenierung des Nachfolgers zu überlassen. Stattdessen übernahm dieses Zepter der sich immer mehr zu einer echten Sensation entwickelnde Mike Flanagan, der bereits mit „Oculus“ einen raffinierten Genrebeitrag ablieferte und in Kürze auch mit seinem Fantasy-Filmfest-Hit «Before I Wake» eine Art kleinen Bruder des gefeierten «Babadook» auf die hiesigen Kinoleinwände entlässt.
Die Entstehung eines okkulten Phänomens
Los Angeles, 1965: Es ist inzwischen eineinhalb Jahre her, seit Alices Mann umgekommen ist – ihre finanzielle Situation sieht daher alles andere als rosig aus. Jetzt muss Alice (Elizabeth Reaser) ihre Töchter, die 15-jährige Paulina (Annalise Basso) und die neunjährige Doris (Laura Wilson), allein großziehen. Auch wenn Alice nur mit Mühe über die Runden kommt – das Okkulte hat sie im Blut. Ihre Mutter war Wahrsagerin und hat ihr die Tricks des Gewerbes beigebracht. So gelingt es Alice, ihren Kunden eine ganz besondere Show zu bieten, wenn es darum geht, Kontakt zu verstorbenen Familienmitgliedern aufzunehmen. Als die alleinerziehende Mutter die vielen unbezahlten Rechnungen nicht mehr in den Griff bekommt, erwirbt sie ein Ouija-Brett, um ihre Charaden noch mehr aufzupeppen und ihre Kunden schier zu überwältigen. Doch sobald sie das Spiel mit nach Hause bringt, geschehen plötzlich seltsame Dinge…
Ob es die beste Idee war, «Ursprung des Bösen» als Prequel zum von Kritik und Zuschauern mit miesem Feedback abgestraften „Spiel nicht mit dem Teufel“ zu vermarkten, darf vor allem deshalb gut und gern bezweifelt werden, weil beide Filme eigentlich überhaupt nichts miteinander zu tun haben und bis auf eine eigentlich naheliegende, aber erst im Schlussakt hervorstechende Brücke auch inhaltlich kaum verknüpft werden. In Erzählung, Stilistik und technischer Aufmachung könnten sich Teil eins und zwei von «Ouija» nicht extremer unterscheiden. Das beginnt schon bei der Verlagerung in ein ganz anderes Jahrzehnt. «Ouija: Spiel nicht mit dem Teufel» spielte im Hier und Jetzt, entsprechend austauschbar und ohne persönliche Note kam 2014 auch der Film daher. Für den zweiten Teil entführen uns die miteinander bestens vertrauten Drehbuchautoren Mike Flanagan und Jeff Howard (schrieben auch «Oculus» und «Before I Wake» zusammen) jetzt ins Los Angeles des Sechzigerjahre. Das man die Authentizität des Gezeigten (fast) nie infrage stellt, liegt an der visuell ziemlich ordentlich an damalige Verhältnisse angepassten Inszenierung. Dass «Ouija 2» mit dem Retro-Logo der damaligen Dekade beginnt, die Optik des Films Spuren einst noch von Hand verklebter Filmstreifen trägt und immer wieder Reminiszenzen an Horrorklassiker der frühen Siebzigerjahre wie «Der Exorzist» «Das Omen», oder «Carrie» durchklingen, macht aus «Ouija 2: Ursprung des Bösen» nicht bloß ein herrlich altmodisches Gruselfilmvergnügen, sondern eine gerade auf (Horror-)Filmliebhaber abzielende Zitatesammlung.
Eine Zitatesammlung für Horrorfans
An diesen augenscheinlichen Vorbildern orientieren sich die Macher auch innerhalb der Erzählung an sich. Nervte an «Ouija: Spiel nicht mit dem Teufel» (übrigens stellvertretend für ein Gros moderner Horrorschocker aktueller Dekade), dass die Figuren darin noch nicht einmal im Ansatz mit einem ausgereiften Profil ausgestattet waren, schaltet Mike Flanagan in seinem Film nun drei Gänge zurück und verbringt die erste Hälfte damit, die interessante Kombination aus alleinerziehender Mutter und zwei Töchtern, die nicht nur als Familie, sondern auch als Geschäftspartner zusammenhalten müssen, zu erläutern. Durch dieses spannende Konstrukt, das neben der familiären Umstände auch das erweiterte Umfeld wie etwa die Schule der Töchter miteinbezieht, entwickelt «Ouija 2» ein viel umfangreicheres Konstrukt aus Interaktionsmöglichkeiten, sodass der Schrecken innerhalb der Zander-Family die heimischen vier Wände verlassen kann. So bietet sich die Möglichkeit eines glaubhaften Einbezugs des überdeutlich als «Exorzist»-Referenz erdachten Paters Tom (Henry Thomas), genauso wie die mit der Zeit immer mehr dem Wahnsinn verfallene Doris eine ihrer besten Szenen hat, wenn sie mit perfidem Genuss den Liebhaber ihrer Schwester einschüchtert.
Überhaupt erweist sich die Figur der Doris als echte Szenendiebin. Das von der Newcomerin Lulu Wilson («Erlöse uns von dem Bösen») verkörperte Mädchen gerät im Laufe der Spielzeit immer mehr in den Mittelpunkt der Geschichte, was das Skript mit typischen Horrorfilm-Verwicklungen erklärt. Hier verlässt sich Mike Flanagan auf das klassische Potpourri des Genres; etwa wenn er die starke Empfänglichkeit für Übernatürliches im jungen Alter der Protagonistin begründet. Bei den wenigen Jump-Scares geht er indes weitaus geschickter vor, als Stiles White beim Vorgänger, indem er mit verschiedenen Kameraperspektiven experimentiert und nicht immer sofort den naheliegenden Schock sucht, um den Zuschauer aus dem Sitz zu jagen. Stattdessen sind die vereinzelten Schreckmomente sehr genau durchdacht und ordnen sich obendrein der Geschichte unter. Schade, dass die Macher diesen Stil nicht konsequent durchziehen. Das Finale, das obendrein so mutig ist, ein wichtiges Kapitel der Weltgeschichte anzureißen, was in seiner Beiläufigkeit nicht ganz geglückt ist, versucht sich an einer Aneinanderreihung möglichst ekstatischer Szenerien, was der vorab so ruhig-routiniert aufgebauten Atmosphäre ein Stück weit im Weg steht. Auch die Effekte versetzten dem Sechziger-Chic des Films einen Dämpfer; für damalige Filmverhältnisse waren sie zu ausgereift und für einen Film von 2016 sind sie nicht spektakulär genug, um darüber hinweg zu sehen. Dafür glückt Flanagan der Übergang zum Nachfolger tadellos genug, damit die Existenz des ersten Teils den zweiten nicht kaputt macht und eine inhaltliche Plausibilität dennoch gewahrt wird.
Fazit
Produzent Jason Blum sollte Recht behalten: Die Fortsetzung von «Ouija: Spiel nicht mit dem Teufel» ist in sämtlichen Belangen viel besser geraten als der miserable Vorgänger und erhält durch seine bewusst altmodische Inszenierung und die hier und da augenzwinkernde Erzählung ein ganz eigenes, rundes Profil. Wenn das keine Überraschung ist!
«Ouija 2: Ursprung des Bösen» ist ab dem 20. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel