Amy Schumer ist teil einer neuen weiblichen Comedy-Generation. Mit dem Film «Trainwreck» konnte sie internationale Erfolge feiern und mit «Inside Amy Schumer» kreiert sie regelmäßig virale Hits.
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Volle Persönlichkeits-Entfaltung in Comedy Centrals «Inside Amy Schumer»
Vor allem scheint es aber mit ihrer eigenen Comedy Central Show «Inside Amy Schumer» zusammenzuhängen. Denn tatsächlich handelt es sich um eine Sendung, die wohl am besten die Facetten ihrer Persönlichkeit einfängt und zwischen hyperbolischer Sketch-Comedy und Interview-Sequenzen hin- und her wechselt. Beim Letzteren handelt es sich um ein Segment namens „Amy goes deep“ wo sie sich mal mit einer 106-jährige Dame unterhält, dann mit einem Mädchen mit Down Syndrom, mit einem Ex-Polizisten oder mit einem Herrn mit einem sehr großen Penis. Wer Interviews kennt, die von Komödianten geführt werden, sei es von Jon Stewart oder Marc Maron bei seinem Podcast, weiß, dass diese selten Berührungsängste haben und sich oft durch überraschend tiefer gehenden Einsichten, aber auch viel Humor auszeichnen. Charakteristika, die auch Amy Schumer in ihren besten Momenten mit sich bringt.
Kritikerliebling und Preise-Abräumer «Inside Amy Schumer»
Neben Kritikern und einem Nischenpublikum bei Comedy Central lieben auch die Fernseh- und Comedy-Jurys die freche Sketch-Comedy: «Inside Amy Schumer» konnte schon in verschiedensten Kategorien diverse Prime Time Emmys einkassieren. Außerdem gewann die Sendung im letzten Jahr den prestigeträchtigen Peabody Award. Trotz guten bis sehr guten Kritiken fallen die Quoten ihrer Show ständig und lagen in den letzten Jahren zwischen durchschnittlich 500.000 bis zu einer Millionen Zuschauer. Der Dreh- und Angelpunkt sind die Sketche. Und viele von diesen werden zu viralen Videos, die immerhin viel mehr Zuschauer erreichen, wie es bei Late-Night- und Sketch Comedy-Sendungen heutzutage oftmals der Fall ist. Besonders erfolgreich in dieser Hinsicht war ein Sketch, in dem Amy Schumer, Tina Fey, Patricia Arquette die Tatsache feiern, dass Julia Lois Dreyfus den letzten Tag hinter sich hat, an dem sie in den Augen der medialen Öffentlichkeit noch begehrenswert ist. „Fuckable“ ist das unfeine Wort, das in diesem Zusammenhang immer wieder fällt. In einem anderen viralen Sketch singt eine Boyband ein Ständchen über innere Schönheit, die kein Make-Up benötigt. Als Amy Schumer sich jedoch abschminkt, stellt besagte Band jedoch fest, dass besagte innere Schönheit doch nicht so viel zählt. Folglich können sie die Komödiantin gar nicht schnell genug wieder mit Make-Up zukleistern. Bei der besonders legendären dritten Episode der dritten Staffel handelt es sich um eine Parodie des Klassikers «Die zwölf Geschworenen». Hier diskutieren Schauspieler wie Jeff Goldblum, Paul Giamatti und Komödianten wie Kumail Nanjiani angestrengt, ob Schumer noch attraktiv genug fürs TV ist. Alles konsequent in Schwarz-Weiß gehalten.
Ja, es geht oftmals um ein bestimmtes Frauenbild in den Medien aus einer weiblichen Perspektive. Und auch wenn nicht alle Gags ein Treffer sind, die Konzepte sind immer hochinteressant, was weitaus mehr ist, als viele andere Sketchshows von sich behaupten können. Schumer teilt allerdings nicht nur in eine Richtung aus: In einem anderem Sketch spielt Schumer eine Schauspielerin, die sich in einer Late-Night-Show sexuell suggestiv auf einem Sessel rekelt, mit dem Moderator flirtet und alles brühwarm auftischt, was ihr Publikum hören möchte. Eigentlich sei sie ganz auf dem Teppich geblieben und in Wirklichkeit ein Nerd. Zwei Publikumsgäste fühlen sich so sehr davon angesprochen, dass die Erleichterung und Glückseligkeit auf dem Fuße folgt, und zwar auf möglichst derbe Art und Weise. Ihre Comedy beschreibt Ansprüche, die Männer an Frauen haben, aber auch Frauen an Männer: In der Parodie der 80er Jahre Komödie «L.I.S.A. - Der helle Wahnsinn» (Originaltitel: «Weird Science») wollen sich drei Frauen - Amy Schumer selbst und die Schauspielerinnen Amber Tamblyn, America Ferrera - ihren Traummann an einem Computer erschaffen. Sie richten so viele widersprüchliche Wünsche an das Gerät, so dass letztendlich eine grotesk-entstellte Matschfigur dabei herauskommt, die kaum überlebensfähig ist.
Aber auch die Fan-Kultur bekommt ihr Fett weg: Amy Schumer gespielt von Amy Schumer möchte sich einen Kaffee bestellen. Einer ihrer Fans tritt an sie heran und möchte ein Foto mit ihr machen. Schumer lehnt höflich ab, der Fan ist sofort eingeschnappt. Schumer möchte niemanden verletzen, erlaubt das Foto doch schließlich. Immer mehr Menschen und Fans kommen auf sie zu, wollen persönliche Nachrichten für ihre Handy-Mailbox aufzeichnen, eine Dame möchte sogar ein Stück von Schumers Bein abbeißen. Sicher, es lässt sich leicht bei so etwas sagen: "Hey! Sie hätte ja keine berühmte Komödiantin werden müssen, wenn Sie solche Dinge nicht vertragen kann!" Dennoch helfen diese Sketche, neue Perspektiven einzunehmen. Sogenannte Prominente sind sicherlich narzisstisch veranlagt wie jeder andere Mensch auch, vielleicht sogar noch mehr. Aber sie sind trotzdem keine Spielpuppen oder Actionfiguren.
«Inside Amy Schumer» ist sogar ziemlich großartig darin, diese gesellschaftlichen und promi-kulturellen Widersprüche im Social-Media-Zeitalter immer wieder aufs Neue zu erforschen. Denn Comedy, zumindest gute Comedy, darf und soll durchaus doof und witzig sein, kann aber auch unseren Alltag und gesellschaftliche Konstruktionen dekonstruieren. Es gibt viele, die das an Amy Schumer mögen, sowohl Männer als auch Frauen. Es gibt viele, die das nicht mögen, sowohl Männer als auch Frauen. Und das ist okay. Denn nur die langweiligsten Comedians sind universell beliebt.
Comedy Central Deutschland strahlt «Inside Amy Schumer» ab dem 16. Oktober immer sonntags um 22 Uhr aus.
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