Im Vereinigten Königreich ist die Brit-Comedy über eine Gruppe hormongesteuerter Jugendlicher Kult. Erst acht Jahre nach Veröffentlichung startet das Format nun in Deutschland. Warum?
«The Inbetweeners»: Facts zum Format
- Deutscher Titel: «The Inbetweeners – Unsere jungfräulichen Jahre»
- Premiere: 1. Mai 2008 auf E4 (Großbritannien)
- Staffeln: 3 (2008-2010)
- Produktionsfirma: Bwark Productions & Young Films
- Episodenlänge: 21 Minuten
- Genre: Sitcom
- Titelmusik: „Gone Up in Flames“ von Morning Runner
- Idee: Damon Beesley & Iain Morris
- Zog zwei Kinofilme nach sich: «Sex on the Beach» & «Sex on the Beach 2»
- Darsteller: Simon Bird, James Buckley, Blake Harrison, Joe Thomas uvm.
Fans leicht bekömmlicher Kinokomödien werden sich im Jahr 2012 nicht viel dabei gedacht haben, als einer von scheinbar zahlreichen Teenie-Streifen um eine Gruppe Jugendlicher erschien, die beim Partyurlaub mal ordentlich die Sau rauslassen und allerhand verrückter Geschichten erleben. Titel des 90-Minüters:
«Sex on the Beach» und damit ein generischer Name, den man noch so vielen anderen Party-Comedys auf's Auge hätte drücken können. Tatsächlich wird der Filmtitel der Idee, die dahintersteht, jedoch bei Weitem nicht gerecht.
Was deutsche Kinogänger, ausgenommen die eingefleischten Liebhaber von Serien aus Übersee, nicht ahnen konnten: «Sex on the Beach» basierte auf der außerordentlich erfolgreichen und hochgelobten britischen Comedy-Serie
«The Inbetweeners» und führte die Geschichte des Formats mit diesem und einem weiteren Filmableger im Jahr 2014 («Sex on the Beach 2») fort. Am 5. Oktober, mehr als acht Jahre nach der Premiere von «The Inbetweeners» auf dem britischen Kanal E4, feiert das Format nun seine Deutschlandpremiere – allerdings nur im Bezahlfernsehen bei ProSieben Fun.
«The Inbetweeners»? Wie konnten wir das verpassen?
Sieht man sich die Prämisse der Serie genauer an, fallen auf Anhieb mehrere Merkmale auf, die schon so viele andere Serien und Filme erfolgreich gemacht haben und so auch auf einen möglichen Erfolg in deutschen Landen hinweisen: Der intelligente, aber sozial ungeschickte Will ist neu an der Rudge Park Comprehensive School. Als vorrangig notenfixierter Schüler, der sich fest vornimmt, seine Bildungslaufbahn auf einem guten College fortzusetzen, rutscht er dort gleich in die Rolle des Außenseiters und ins Fadenkreuz der Schulrüpel. Immerhin findet er schnell Anschluss zu einer Gruppe Klassenkameraden, die ebenfalls weit vom populären Kreis der Schülerschaft entfernt ist und sich mehr schlecht als recht durch den Schulalltag schlägt. Dazu gehören der schüchterne Simon, der mental langsame Neil und Großmaul Jay. Die vier Jungs beschäftigt in ihrem Kleinstadtleben genau das, was so viele andere Teenager in diesem Alter umtreibt: Die ersten Erfahrungen mit Sex und Alkohol, der Umgang mit den peinlichen Eltern, die Versuche, den Schul-‚Bullies‘ aus dem Weg zu gehen - und die unvermeidbaren Eskapaden beim Scheitern in diesen Bereichen.
Werden Fans des Films nun auf das Originalformat aufmerksam, sorgen gleich mehrere Details für Stirnrunzeln, die als Reaktion allesamt eine Frage hervorrufen: Wie konnte die Serie eigentlich an deutschen Serienfans vorübergehen? Hinweise auf die Qualität des Formats von Damon Beesley und Iain Morris geben die Reaktionen, die «The Inbetweeners» in seinem Mutterland hervorrief. Unter den Augen von 238.000 Zuschauern gestartet, kam das E4-Format nach Staffel eins auf einen Zuschauerschnitt von 459.000 Personen. Der Start der zweiten Season interessierte ein Jahr später bereits 958.000 Live-Zuschauer und 234.000 weitere Personen im Laufe der 24 Stunden nach Erstausstrahlung – die höchste Einschaltquote für E4 im Jahr 2009.
Zwar erklärte das Duo Beesley und Morris die Serie schon nach drei Staffeln für beendet, 2010 kündigten die beiden jedoch Filme und Specials an, die die Geschichte um die chaotische Jungsgruppe weiterzählen sollte. Dass auf deren Umsetzung nicht wenige Briten sehnlichst warteten, zeigten die Preise, die «The Inbetweeners» in seinem kurzen Bestehen einheimste: Zwei Auszeichnungen bei den British Comedy Awards 2008, unter anderem als „Best New British Television Comedy“, eine weitere Nominierung als beste Sitcom bei den British Academy Television Awards 2009 und den Publikumspreis bei der Verleihung 2010.
It's too british
Es wäre an dieser Stelle leicht, den deutschen Programmverantwortlichen vorzuwerfen, die Zeichen der Zeit nicht erkannt und ein Format mit großem Potenzial sich und dem deutschen Publikum lange vorenthalten zu haben. Und tatsächlich mutet der Umstand kurios an, dass man sich beim Verkauf der Serien-DVDs hierzulande auf die Kinofilme von 2012 und 2014 beruft, die erst deutlich später erschienen und außerdem als Sequel zur Serienhandlung fungieren. Zwar sind «The Inbetweeners» im Vereinigten Königreich lange Kult, außerhalb der Landesgrenzen fasste die Comedy allerdings nie richtig Fuß.
Paradoxerweise hat dies mit einer der großen Qualitäten des Formats zu tun, nämlich mit der Authentizität, über die die Serie verfügt. Die Themen, die in «The Inbetweeners» aufgegriffen werden sind dabei nicht neu, ja geradezu universal: Eine Gruppe Jugendlicher, deren Gedanken und Eskapaden sich vorrangig um Sex, den sie nicht haben und Alkohol, den sie nicht kaufen können, drehen - das war bereits das Erfolgsrezept von Teenie-Komödien wie «Superbad» oder der US-Highschool-Serie «Voll daneben, voll im Leben». Sehr viel facettenreicher und realitätsnäher schafft es «The Inbetweeners» aber obendrein das trostlose Vorstadt-Leben britischer Schüler abzubilden sowie die Sorgen und Problemchen, die in diesem Milieu auftreten. Teilweise werden die Situationen und vor allem das Vokabular so „british“, dass man tatsächlich davon ausgehen muss, dass sich ein internationales Publikum, dazu zählen auch deutsche Zuschauer, mit den Geschichten nur wenig identifizieren können.
Aufgrund des Erfolgs in Großbritannien versuchte sich MTV schon 2012 an einer US-Version der «Inbetweeners». Bereits mit «Skins», einem weiteren E4-Format mit deutlich dramatischer Note, gelang nach dem Erfolg in Großbritannien keine inhaltlich ansprechende US-Adaption. Auch die MTV-Version der «Inbetweeners» sollte ein Jahr später nach vernichtenden Kritiken und indiskutablem Zuschauerinteresse ein jähes Ende finden - ein Beleg dafür, dass der Reiz des Mutterformats zu sehr in der britischen Kultur verhaftet ist, als dass die Serie zum internationalen Hit avancieren könnte.
Dies liegt nicht zuletzt am sehr expliziten britischen Humor. In «The Inbetweeners» wird sich nicht vor Witzen über Behinderte oder Homosexuelle gescheut, die die zuweilen sehr vulgären Jugendlichen hemmungslos vom Stapel lassen. Gerade in den USA würde diese Witze kein Produzent unzensiert durchwinken, auch in Deutschland schreien der teilweise staubtrockene Humor und die expliziten Formulierungen nach Nachtprogramm oder Pay-TV. Gerade dieser kompromisslose und oft erfrischend andere Ansatz hebt «The Inbetweeners» vom US-Einheitsbrei ab. Trotzdem muss der Köder nach wie vor dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Auch das deutsche Publikum hat sich mittlerweile an seine US-Sitcoms gewöhnt, sodass «The Inbetweeners» wohl auch nach ihrer Deutschlandpremiere im kleinen Rahmen Inselfernsehen bleiben wird.
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