Der Saisonauftakt verlief beileibe nicht für alle Sender sonderlich erfreulich: Einzig VOX kann sich als glasklarer Gewinner bezeichnen. Problematisch war vor allem das einstellige Ergebnis von ProSieben, während RTL zwar schwächer als im Vorjahres-Monat dasteht - aber eben auch deutlich besser als in der jüngeren Vergangenheit.
Lange Zeit sprach viel dafür, dass der September ohne die ganz großen Quotenstars über die Bühne gehen würde - bis am letzten Sonntagabend des Monats einmal mehr der Münsteraner «Tatort» mit spektakulären 13,31 Millionen Zuschauern und 38,1 Prozent Marktanteil aufwartete. Dank König Fußball platzierte sich diesmal RTL direkt dahinter, denn der zweite Durchgang des WM-Qualifikationsspiels zwischen Norwegen und Deutschland wusste immerhin noch 9,07 Millionen Menschen zu begeistern. Von besagter Übertragung einmal abgesehen waren die ganz hohen Zuschauerzahlen jedoch einmal mehr ARD- und ZDF-Domäne - das Singapur-Rennen der Formel 1 kam als stärkstes weiteres privates Angebot bereits nicht über 4,92 Millionen hinaus. Sat.1 hatte im Bestfall 3,18 Millionen mit «Julia Leischik sucht: Bitte melde dich» zu bieten, ProSieben hievte überhaupt keine Ausstrahlung über die Drei-Millionenmarke - ganz im Gegensatz zu VOX, das mit seinem Superhit «Die Höhle der Löwen» gleich zweimal auf 3,08 Millionen gelangte.
Besagter Münsteraner «Tatort» hatte derweil sogar in der Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen mit 4,43 Millionen weitaus mehr zu bieten und kam somit auf unglaubliche 34,2 Prozent. Dahinter klaffte eine große Lücke, die erst bei knapp drei Millionen RTL mit der Nationalmannschaft zu füllen wusste. Als stärkste sendereigene Formate stellten sich «Das Jenke-Experiment» mit zum Staffelstart 2,44 Millionen Zuschauer bzw. 24,8 Prozent sowie «Das Supertalent» heraus, das auf bis zu 2,42 Millionen und noch stärkere 28,3 Prozent Marktanteil kam. Das ZDF durfte sich glücklich schätzen, am letzten Mittwoch des Monats das Champions-League-Spiel des FC Bayern ausgestrahlt zu haben, sodass man zumindest an einem Abend mit 2,45 Millionen und 22,9 Prozent noch weit oben mitspielte. Ein spannendes Duell lieferten sich derweil «Die Höhle der Löwen» als stärkster Vertreter von VOX und «The Big Bang Theory» als ProSieben-Pendant - mit bis zu 1,96 Millionen und in der Spitze 19,4 Prozent für die Gründershow und maximal 1,89 Millionen, dafür aber sogar im Bestfall 19,9 Prozent war in diesem Duell kein eindeutiger Sieger auszumachen.
Und wie lief es sonst so für die "Kleineren"? Nunja, VOX punktete nicht nur am Dienstag, sondern auch donnerstagabends mit zahlreichen bekannten Spielfilmen: Mit 10,5 bis 13,0 Prozent der Zielgruppe lief es für vier der fünf Blockbuster uneingeschränkt hervorragend, einzig «Ted» hatte sich zum Monatsausklang hin mit deutlich moderateren 7,0 Prozent zu begnügen. RTL II war derweil am Mittwoch dank seiner «Teenie-Mütter» am stärksten gefragt und erreichte hier mehrfach die Zweistelligkeit bei rund einer Million junger Zuschauer. Und das kleine kabel eins stellte einmal mehr unter Beweis, dass sein Markenkern aus Spielfilmen besteht - jedenfalls war hiermit noch am meisten zu reißen für den einmal mehr eher unspektakulär performenden Privatsender.
Alle Zuschauer (September 2016)
ALLE ZUSCHAUER (SEPTEMBER)
11,0
14,0
11,9
14,2
10,1
8,3
3,5
3,3
5,6
5,0
7,8
7,0
4,8
4,7
3,8
3,6
Marktanteile in % | September 2016 ggü. August 2016
Es überrascht nur in Maßen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihr tolles Ergebnis von über 14 Prozent aus dem August nicht wiederholen konnten, wurden diese Werte doch maßgeblich von der umfangreichen Olympia-Berichterstattung getragen. Dass sich das Zweite als einmal mehr stärkster Akteur auf dem Fernsehmarkt allerdings mit gerade einmal 11,9 Prozent begnügen musste, überraschte dann aber doch ein wenig - schließlich hatten die Mainzer seit September 2012 stets die Marke von zwölf Prozent erreicht. Auch der ewige Konkurrent und Mitstreiter das Erste hatte sich wohl etwas mehr als nur 11,0 Prozent ausgerechnet, hier wurde nämlich der schwächste Wert seit dem Vorjahres-Monat (10,9 Prozent) verbucht. Von diesem leichten Durchgänger profitierte der zugkräftigste private Akteur erheblich: RTL gelangte nach drei sehr mauen Sommermonaten mit gerade einmal 8,3 bis 9,0 Prozent auf überraschend gute 10,1 Prozent. Damit lag man zwar ein gutes Stück unterhalb der 10,6 Prozent des Septembers 2015, nahm aber erstmals seit April wieder die Zehn-Prozenthürde.
In der zweiten Reihe war Sat.1 Gewinner und Verlierer zugleich: Einerseits erreichte man mit immerhin 7,8 Prozent einen Marktanteil, der seit Dezember vergangenen Jahres beinahe schon illusorisch schien, auf der anderen Seite enttäuschte mit «Promi Big Brother» aber ein Format, in das man nach den beiden starken Vorjahren erhebliche Hoffnungen gesetzt hatte und das bei seiner Vorjahres-Staffel auch maßgeblich dazu beitrug, dass Sat.1 im August auf knackige 8,4 Prozent gelangt war. So jedoch musste man sogar leichte Verluste im Vergleich zum «Promi BB»-freien Vorjahres-September einstecken, der es immerhin noch auf 8,1 Prozent gebracht hatte.
Noch deutlicher unter die Räder kam allerdings ProSieben, das mit 4,8 Prozent nur leicht gegenüber dem August zuzulegen wusste und anders als in der gesamten vergangenen Kernsaison (September bis Mai) weniger als fünf Prozent verzeichnete. Das Ergebnis liest sich auch dahingehend sehr bitter, dass VOX zur gleichen Zeit auf spektakuläre 5,6 Prozent zu verweisen hatte und damit so stark performte wie seit fast zwei Jahren nicht mehr. Insbesondere «Die Höhle der Löwen», aber auch die alles in allem sehr solide Gesamt-Performance zur Primetime sind hier die Väter des Erfolges. In Unterföhring testete man hingegen vor allem im Show- und Serien-Bereich vieles aus, stieß dabei aber beinahe ausnahmslos auf verhaltene bis ablehnende Publikumsresonanz. Ganz hinten tat sich dagegen wenig, denn kabel eins wusste RTL II wieder einmal auf Distanz zu halten, ohne dass einer der beiden Sender signifikant mehr oder weniger erreichte, als man von ihm erwartet hätte.
Alles in allem kamen die acht größten TV-Stationen auf einen kumulierten Marktanteil in Höhe von 58,5 Prozent, womit sie sich gleich mal zum Saisonauftakt wieder deutlich von der 60-Prozent-Marke entfernten und den schwächsten Wert seit Dezember erzielten (58,1 Prozent). Dass sich die Marktfragmentierung ungebrochen fortsetzt, zeigt insbesondere der Vergleich mit den September-Werten aus den Vorjahren sehr deutlich auf: Vor Jahresfrist waren die "Big Eight" noch auf 59,4 Prozent gelangt, im September 2014 hatten 61,5 Prozent auf dem Papier gestanden und ein weiteres Jahr zuvor waren es sogar noch 63,6 Prozent aller Konsumenten, die sich für die großen Plattformen entschieden hatten.
14- bis 49-Jährige (September 2016)
14- BIS 49-JÄHRIGE (SEPTEMBER)
5,9
8,9
5,6
8,3
13,3
11,2
5,7
5,4
7,7
6,8
9,1
8,4
9,7
10,1
5,0
5,0
Marktanteile in % | September 2016 ggü. August 2016
It's lonely at the top - und geht es nach RTL, könnte es dort oben gerne in Zukunft wieder öfter umso einsamer zugehen. Mit durchschnittlich 13,3 Prozent der klassischen werberelevanten Zielgruppe erwischten die Kölner einen Blitzstart in die neue Fernsehsaison und erreichten ihr bestes Ergebnis seit Februar - seither war man dagegen nie mehr über 12,8 Prozent hinaus gekommen. ProSieben wiederum legte einen echten Schlotter-Start hin und hatte sich mit erschreckend schwachen 9,7 Prozent zu begnügen, was dem ersten einstelligen Wert innerhalb einer Hauptsaison überhaupt seit 2004/05 (seither liegen uns konkrete Monats-Marktanteile vor) entsprach.
Diese plötzlich wieder aufklaffende Schere der beiden stärksten Sender, die sich zuletzt eher in einem Annäherungsprozess befunden hatten, wird umso interessanter, wenn man sie im Kontext der programmpolitischen Ausrichtung betrachtet: RTL hat sein respektables Abschneiden nämlich in erster Linie Dauerbrennern zu verdanken, während ProSieben eine durchaus ansehnliche Zahl an Neustarts auf den Weg brachte, die jedoch kaum griffen. Im Vergleich mit dem Vorjahresmonat dagegen ging es für RTL wie ProSieben bergab: Im September 2015 hatte ersterer Sender 13,8 Prozent und letzterer 10,8 Prozent generiert.
Dahinter fand sich einmal mehr Sat.1 ein, das mit 9,1 Prozent wieder ziemlich exakt auf dem Niveau rangierte, auf dem es sich auch schon im vorherigen TV-Jahr befand. Im «Promi Big Brother»-geprägten August 2015 hatte man allerdings noch deutlich bessere 9,8 Prozent erzielt, weshalb das Ergebnis tendenziell eher eine Enttäuschung darstellt. Ganz anders verhält es sich bei VOX, das nicht nur dank der «Löwen» eine exzellente Figur machte und sich auf herausragend starke 7,7 Prozent vorarbeitete. Bedenkt man, dass der Sender zuletzt meist weniger als sieben Prozent generierte, liest sich diese Zahl umso besser - ähnlich stark war man letztmals vor genau drei Jahren mit 7,6 Prozent unterwegs.
In der unteren Hälfte der Rangliste konnte derweil kein einziger Sender wirklich zufrieden mit seinem Ergebnis sein: Das Erste hatte sich mit gerade einmal 5,9 Prozent zu begnügen, in diesem Kalenderjahr stand zuvor kein einziges Mal weniger als 6,5 Prozent auf dem Papier. Das ZDF fiel mit 5,6 Prozent sogar noch ein Stück tiefer und wird deutlich zulegen müssen, möchte man nicht ein weiteres Mal mit einer Saison-Gesamtbilanz abgespeist werden, die weniger als sechs Prozent der 14- bis 49-Jährigen ausweist. RTL II kämpfte sich mit 5,7 Prozent immerhin vor die Mainzer, lieferte aber auch nicht gerade eine Glanzleistung ab. Und kabel eins bleibt mit 5,0 Prozent weiterhin relativ deutlich das Schlusslicht des Sender-Rankings. Insgesamt erreichten die acht großen Sender einen Marktanteil von 62,0 Prozent, was auch hier einer deutlichen Reduktion im Jahresvergleich entsprach, wo noch 63,2 Prozent auf dem Papier gestanden hatten. Öffnet man den Blick für noch längere Fristen, verschärft sich parallel zum Abschneiden beim Gesamtpublikum der Abwärtstrend sogar noch erheblich.
Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,0
11,6
11,9
12,4
10,1
10,2
3,5
3,5
5,6
5,2
7,8
7,6
4,8
5,3
3,8
3,8
Marktanteile in % | Sep. 2016 ggü. Sep. 2015 – Mai 2016
Naturgemäß sind die Saison-Durchschnittswerte nach gerade einmal einem von neun in die Gesamtrechnung eingehenden Monaten noch nicht allzu valide, geben aber zumindest eine erste Tendenz an. Die Öffentlich-Rechtlichen müssen demnach beide noch deutlich zulegen, wenn sie das Niveau der Vorsaison zumindest wiederholen möchten: Sowohl die ARD als auch das ZDF haben erst einmal einen Rückstand von einem halben Prozentpunkt aufzuholen. RTL dagegen nähert sich als stärkster Privatsender den beiden Hauptkonkurrenten zumindest wieder ein wenig an - und kann sich zunächst einmal berechtigte Hoffnungen darauf machen, die Zweistelligkeit zumindest fernab der Sommermonate aufrecht zu erhalten.
Weit entfernt ist der Begriff Zweistelligkeit längst für Sat.1, das letztmals 2011/12 derart hohe Werte generierte. Nach vier verlustreichen Jahren in Folge macht der September aber zumindest dahingehend Mut, dass man seine 7,6 Prozent aufrecht erhalten könnte. ProSieben überraschte in den vergangenen Jahren gegenüber den privaten Mitbewerbern mit weitgehender Konstanz, muss nun aber umso mehr darauf schauen, nach dem verkorksten Saisonstart schnell wieder in die Spur zu finden, während VOX nach zuletzt drei Saisons in Folge mit 5,2 bis 5,3 Prozent sogar wieder schüchtern nach oben schielen kann. Für RTL II lautet die Hauptaufgabe, nach dramatischen Abstürzen von 4,2 auf 3,5 Prozent binnen dreier Jahre nicht schon wieder an Relevanz einzubüßen, während kabel eins recht entspannt in etwa dort startet, wo man sich schon in den vergangenen Jahren aufhielt.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
5,9
6,7
5,6
5,8
13,3
13,2
5,7
5,8
7,7
6,7
9,1
9,0
9,7
10,9
5,0
5,2
Marktanteile in % | Sep. 2016 ggü. Sep. 2015 – Mai 2016
Wie beim Gesamtpublikum gilt natürlich auch hier, dass man die Vergleichswerte nicht an die allergrößte Glocke hängen sollte, da die aktuelle Saison noch viele Höhen und Tiefen für alle Akteure kennen wird. ProSieben allerdings schöpfte die Basis für sein Saisontief bereits zu Saisonbeginn aus und liegt zum aktuellen Zeitpunkt dramatisch hinter den 10,9 Prozent aus dem vergangenen TV-Jahr, während der Konkurrent RTL ebenso den Status Quo zu manifestieren weiß wie Schwestersender Sat.1. Der Gegenpol zu ProSieben ist derweil VOX, das nach dem Startschuss im Sauseschritt die erste Runde nahm und nun vor allem schauen muss, sich die eigenen Kräfte bestmöglich einzuteilen, damit die Puste nicht allzu schnell wieder ausgeht.
Das hintere Quartett kommt sich derweil ein bisschen näher, da Das Erste etwas überraschend unter die Marke von sechs Prozent rutschte und damit nur noch leicht stärker unterwegs war als RTL II - das übrigens noch im Mai 2014 mit tollen 6,7 Prozent die Saison abgeschlossen hatte, seither aber einen steilen Sinkflug hinlegte. Davon kann auch das ZDF ein Lied singen, das anders als beim Gesamtpublikum zuletzt kaum Mittel fand, um die Erosion seiner Marktanteile zu zügeln: Vor drei Jahren hatte man noch 6,6 Prozent der 14- bis 49-Jährigen unterhalten und informieren können, zuletzt waren es nur noch 5,8 Prozent - und schaut man auf den Saisonstart, scheint die Talsohle noch nicht erreicht zu sein. Ganz hinten platziert sich einmal mehr kabel eins, das sogar unter die Hürde von fünf Prozent fallen könnte.
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