Das Wagnis, zur «Perfekten Dinner»-Zeit um 19 Uhr eine neue Kochshow etablieren zu wollen, kann dem Privatsender den nächsten bösen Flop einbringen - oder die wankende Konkurrenz endgültig brechen. Inhaltlich ist man nach Folge eins noch ein wenig ratlos, was man von der neuen Vorabend-Show mit Alexander Herrmann halten soll: Flott kommt sie daher, aber auch bisweilen sehr hektisch.
Nein, als saniert kann man den Sendeplatz um 19 Uhr bei Sat.1 nun wahrlich noch immer nicht wirklich bezeichnen: Zwar gelang es zuletzt mit dem vergleichsweise ambitionierten und live ausgestrahlten «Fahndung Deutschland», dem Senderschnitt zumindest einigermaßen nahe zu kommen, doch ein nachhaltiger Aufwärtstrend wollte sich auch nach mehreren Monaten nicht wirklich ausfindig machen. Und so ging man wieder auf die Suche nach dem einen großen Ding, mit dem das Daytime-Quotenglück endlich komplettiert wird - und glaubt nun, bei
«Kampf der Köche» fündig geworden zu sein. Das bitterböse Kalkül hinter diesem Schritt: Die Altersschwäche des «Perfekten Dinners» gnadenlos ausnutzen und das hinkende VOX-Wild reißen, bevor es sich doch noch einmal für seinen vielleicht finalen Überlebenskampf wappnen kann. Ob allerdings der zunächst auf fünf Wochen angelegte Jungräuber stark genug ist, um es mit dem Platzhirsch aufzunehmen, darf nach Sichtung der Auftaktfolge zumindest einmal in Frage gestellt werden.
Die Idee: Ein ambitionierter Hobbykoch stellt sich gleich drei Duellen mit ausgewiesenen Profis, darf sich dabei allerdings insofern in seine kulinarische Wohlfühlzone begeben, dass er die zu kochenden Gerichte vorgibt. Nach einer ebenfalls vom Amateur bestimmten Kochzeit, in der die beiden Duellanten in einer zweistöckigen Kocharena ihre Kompetenzen am Herd unter Beweis zu stellen haben, bewertet schließlich eine fünfköpfige Zuschauer-Jury das ihnen dargebotene Essen und kürt mit ihrem Votum letztlich auch den Gewinner des Duells. Gewinnt der Hobbykoch, kommt er in den zweiten (monetär höherwertigen) 1:1-Wettstreit, anderenfalls scheidet er aus. Obsiegt der Laie gleich gegen alle Profis, kann er sich binnen eines Abends über immerhin 6.000 Euro Gewinn freuen.
Der beste Freund der Show: Das Gaspedal
Ein besonders auffälliges Element gegenüber den meisten bekannten Kochshows, die gerne auch mit ähnlichen Duell-Konzepten aufwarten, ist das enorme Tempo bei «Kampf der Köche»: Schon zu Beginn reißt Herrmann die auch wahrlich selbsterklärenden Regeln der Show lediglich kurz und oberflächlich an, bevor er bereits nach nicht einmal einer Minute Laufzeit den eigentlichen Protagonisten auf die Bühne holt: Den Hobbykoch dieses Abends. Im ähnlich rasanten Eiltempo betritt wenig später auch dessen erster Widersacher die Bühne, sodass es ohne viel Geplapper gleich zur Sache geht - schließlich muss man in gerade einmal rund 45 Minuten Netto-Sendezeit drei Kochgänge mit einer Gesamtdauer von fast zwei Stunden und drei Jury-Urteile unterbringen. Der rasche Start bringt den Vorteil mit sich, dass der Zuschauer gar nicht erst Gefahr läuft, an die in unmittelbarer Nähe befindliche Fernbedienung zu denken - hat gleichwohl aber auch den Nachteil, dass er schnell mit Eindrücken überladen wird und keine echte Bindung zu den Köchen aufbauen kann.
Im Prinzip setzt sich dieser Ersteindruck über die gesamte weitere Laufzeit fort, denn da man wirklich viel Material in vergleichsweise wenig Sendezeit unterbringen muss, bleibt das Tempo sehr hoch. Herrmann wuselt zwischen den beiden Antagonisten hin und her und versucht sich daran, die beiden in Laberstimmung zu halten, immer wieder werden auch Kommentare der Köche aus dem Backstage eingespielt, die nach dem Kochprozess aufgenommen wurden und eben jenen reflektieren. Und dann wird natürlich gezwungenermaßen auch sehr viel aus dem Kochvorgang gar nicht erst gezeigt, da es den zeitlichen Rahmen komplett sprengen würde. Wozu das führt, kann man sich eventuell denken: Gezeigt werden natürlich nur die besonders dynamischen und wortreichen Sequenzen, sodass einem die Macher zu quasi keinem Zeitpunkt so etwas wie eine Ruhepause gönnen - ständig wird geredet, geschnippelt und gerannt, was auf Dauer ein wenig anstrengend anmutet. Gerade auch im Vergleich zu
dem privaten Hit-Format im Kochshow-Genre «Grill den Henssler», das zwar auch laut und actionreich daherkommt, aber immer wieder auch ruhigere Passagen einbaut.
Verschwendete Zuschauer-Jury, bildhübsches Studio
Eine dieser eher ruhigen Passagen ist bei besagter VOX-Show die Verkostung durch die Jury, die dort durch drei bekannte TV-Persönlichkeiten geschieht, im Falle der Sat.1-Neustarts hingegen von fünf kulinarisch interessierten Normalos übernommen wird. Ein für viele Zuschauer, die der Allgegenwärtigkeit von Promis im deutschen Fernsehen überdrüssig sind, wahrlich erfreuliches und Interesse weckendes Element, das man aber leider völlig verschenkt: Die Verkostung und die damit verbundenen Eindrücke des Jury-Quintetts wird in der finalen TV-Version auf wenige Sekunden zusammengestaucht, sodass man am Fernseher kaum mehr Impressionen geboten bekommt als nichtssagende "mhm, das schmeckt aber lecker"-Phrasen von der Stange.
Ein großes Lob ist Sat.1 aber für das Design seines Studios zu machen, das nicht nur dank seiner mehreren Etagen für Vorabend-Verhältnisse bemerkenswert edel ausschaut und den Eindruck erweckt, dass hier ein Privatsender tatsächlich mal so etwas wie Geld, Liebe und Expertise in sein Daytime-Programm gesteckt hat, das oft genug eher den Charme eines billig hingerotzten Praktikanten-Pflichtprojekts zum Erreichen der nötigen Credit Points für die Uni versprüht. Sogar für ein kleines, aber feines Studiopublikum hat es gereicht - also fast so wie im "richtigen Fernsehen", das für die Privaten immer öfter erst nach 20 Uhr beginnt.
Wie hat euch der Auftakt von «Kampf der Köche» gefallen?
Fazit: Etwas Entschleunigung täte gut, die Basis stimmt aber
Unterm Strich ist «Kampf der Köche» nun beileibe kein Selbstläufer, der gänzlich neue inhaltliche Maßstäbe setzt oder bei dem ein Erfolg aus sonstigen Gründen nahezu garantiert wäre. Die Showidee an sich ist nicht wirklich neu, hier aber alles in allem stimmig umgesetzt und durchaus spannend. Allerdings hat man nach Sichtung der ersten Folge nicht nur aufgrund des überraschend liebevollen Studio-Designs und der mit Alexander Herrmann und Cornelia Poletto (die zum letzten Duell des Abends als Profi antrat, Foto) recht namhaften Akteure das Gefühl, als sei die Sendung eigentlich eher für die Primetime bestimmt gewesen: Das Tempo fällt schon äußerst knackig aus und dürfte am ansonsten eher phlegmatischen Vorabend den einen oder anderen Zuschauer erstaunen. Ja, die durchaus für Dynamik und Kurzweil garantierende Schnelligkeit lässt das Format bisweilen etwas gar oberflächlich wirken und versprüht einen nicht immer zuträglichen Touch der Hektik und der Gestresstheit. Fünf Wochen lang bleibt nun zunächst einmal Zeit, sich daran zu gewöhnen - und dem «Perfekten Dinner» ein weiteres Hinkebein zu verschaffen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel