RTL II und «InTouch» produzieren ein Stars-Styles-und-Stories-Magazin, das den Redaktionsalltag der Klatsch-und-Lifestyle-Zeitschrift begleiten soll. Ohje.
Wenn Sie zufälligerweise kürzlich den grandiosen (und zu Recht Oscar-prämierten) Film «Spotlight» gesehen haben und sich nun womöglich von Ihrem idealisierten Bild von journalistischen Arbeitsweisen und Ansprüchen kurieren wollen, das Sie in der praktizierten Realität so kaum wiederfinden, habe ich einen TV-Tipp für Sie: «InTouch» im Spätabendprogramm von RTL II.
Man mag anführen, dass es schlimmere Auswüchse des People-Journalismus gibt, Publikationen, denen Persönlichkeitsrechte und medienethische Prinzipien noch egaler sind, und deren Personal, anders als die bei RTL II gezeigte «InTouch»-Crew, nicht nur genauso jugendlich-naiv auftritt wie ihre antizipierte Leserschaft, sondern kaltblütig und bösartig.
Gleiches gilt für das wöchentliche Fernsehformat, das den Redaktionsalltag des Hamburger Stars-Styles-und-Stories-Magazins abbilden will: Man hätte es sich schlimmer vorstellen können, und auch wenn einem das dick aufgetragene, schmierige Getue dieser
Society-Reporter wieder einmal vor Augen führt, warum man um diese Branche und ihre Vertreter lieber einen großen Bogen macht, verheddern sie sich wenigstens nicht in diffuser Papparazzi-Apologetik oder der ekligen Vorstellung zahlreicher anderer Yellow-Press-Redakteure, ihre Leser hätten ein Anrecht auf private Informationen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.
Stattdessen sieht man investigativen Journalismus, wie ihn sich RTL II abseits seiner «Vice Reports» vorstellt: Zwei Redakteurinnen stellen sich mit einem Justin-Bieber-Double an den Pariser Platz und sind ernsthaft überrascht, dass der Typ von einer Meute Teenager umzingelt wird. Da könne man doch glatt verstehen, dass der echte Bieber sich hin und wieder abschottet, reflektiert hinterher der Chefredakteur. Ach was!
Aber dann geht es auch schon weiter. Irgendwohin, wo «InTouch» und RTL II Glitzer und Glamour, Stars, Styles und Stories vermuten. Zu Reality-Show-Personal, das sich mit imposanten medizinischen Geräten das Körperfett verflüssigen lässt, oder zur Modenschau von Guido Maria Kretschmer, wo die Redaktion anhand der Sitzposition der Gäste Mutmaßungen anstellt, wer von ihnen zum engen Zirkel um Kretschmer gehört, mit einem Engagement, mit dem ansonsten Rachel Maddow die komplexen Machtverhältnisse im amerikanischen Verteidigungsministerium auseinanderklamüsert. Zum Schießen.
Aber gut: Es gibt eindeutig Überschneidungen zwischen den Themen und antizipierten Rezipientengruppen, die „In Touch“ und RTL II bedienen wollen. Vor diesem Hintergrund macht die Zusammenarbeit sicherlich Sinn. Und medienethisch ist sie zumindest nicht so bedenklich wie RTL IIs verantwortungslose «Traumfrau-gesucht»-Bespaßung.
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