In Italien ist «Der Vollposten» ein gigantischer Publikumserfolg. Doch wie sehr lässt sich der italienische Humor auch in Deutschland schätzen?
Filmfacts «Der Vollposten»
- Regie: Gennaro Nunziante
- Darsteller: Checco Zalone, Eleonora Giovanardi, Sonia Bergamasco, Ludovica Modugno, Maurizio Micheli, Ninni Bruschetta, Paolo Pierobon, Lino Banfi, Azzurra Martino
- Drehbuch: Checco Zalone, Gennaro Nunziante
- Produktion: Pietro Valsecchi
- Musik: Checco Zalone
- Kamera: Vittorio Omodei Zorini
- Schnitt: Pietro Morana
- Laufzeit: 86 Minuten
- FSK: ab 6 Jahren
Eine durch und durch alberne Komödie mit immenser Gagdichte, die vor kaum einem Klischee oder Kalauer Halt macht – und sich durch gepfefferte Seitenhiebe auf nationale Eigenheiten bei aller grellen Überzeichnung ein respektables Grundniveau erarbeitet: Solche Schenkelklopferkomödien sind in Deutschland nahezu ausgestorben – bei unseren italienischen Freunden hingegen ist Anfang des Jahres eine derartige Kinoproduktion durch die Decke geschossen. «Der Vollposten» (im Original: «Quo Vado?») ist mit rund zehn Millionen Besuchern zwar nicht der meistbesuchte italienische Film aller Zeiten, selbst wenn die Marketingkampagne diesen Irrtum befeuert. Die meistbesuchte Eigenproduktion seit über 16 Jahren zu sein, ist allerdings ebenfalls eine stattliche Leistung. Und rein an den Einnahmen bemessen ist «Der Vollposten» (ohne Berücksichtigung der Inflation) derzeit dann doch der größte Filmhit Italiens ...
Ähnlich wie vor einigen Jahren der französische Überraschungserfolg «Willkommen bei den Sch'tis», kommt «Der Vollposten» auf der Welle einer euphorischen Publikumsreaktion im eigenen Lande auch nach Deutschland – und wie schon die französische Beamtenkomödie erhält der italienische Kassenschlager eine Promisynchro: Hauptdarsteller Luca Pasquale Medici, der in diesem Film in die Rolle seiner Kunstfigur Checco Zalone schlüpft, wird in der deutschen Fassung von Bastian Pastewka eingesprochen – eine Besetzung, die wie die Faust aufs Auge passt. Nicht nur, dass der mittlerweile sehr synchronerfahrene Pastewka eine hervorragende Sprecherleistung vollbringt, er könnte auch problemlos Checco Zalones Rolle in einem deutschen Remake übernehmen. Denn der um seinen Vollposten kämpfende Protagonist dieser südländischen Komödie ist ein arbeitsscheuer Maulheld mit Hang zum Chaos – also genau der Schlag Mensch, als den sich Pastewka in seiner nach ihm benannten Sat.1-Comedyserie darstellt.
Ein egoistischer Faulenzer mit Herz
Checco Zalone führt das, was er als Traumleben bezeichnen würde: Er hat eine unbefristete Festanstellung in der Landesverwaltung für Jagd und Fischerei. Er lebt noch bei seiner heißgeliebten, ihm jeden Wunsch von den Lippen ablesenden Mama. Und er hat es bislang problemlos geschafft, sich vor der Verlobung mit seiner langjährigen Freundin zu drücken – und so auch vor der Verantwortung einer Ehe und etwaiger Kinder. Dann aber macht ihm die Reform der italienischen Beamtenstruktur einen Strich durch die Rechnung: Ausgerechnet seine Stelle soll zwecks Einsparungen gestrichen werden. Checco wird vor die Wahl gestellt: Entweder er kündigt und nimmt eine Abfindung entgegen – oder er lässt sich versetzen.
Da Checco weiß, wie entspannt und wohlbezahlt das Beamtentum ist, lässt er sich von der eiskalten Beamtin Sironi (Sonia Bergamasci) von einem ungeliebten Posten zum nächsten durchreichen. Aber ganz gleich, wie zermürbend Sironi sich Checcos neuen Posten auch vorstellt – er ist glücklich. Als Sironi ihn beim Versuch, endlich in eine Kündigung zu drängen, weit über Italiens Grenzen hinaus versetzt, lernt er zudem mit der weltoffenen Forscherin Valeria Nobili (charismatisch: Eleonora Giovanardi) eine Frau kennen, die sein Herz wirklich in die Höhe springen lässt. Doch mit einer innigen Zuneigung kommen größere Probleme einher als mit einer Zweckbeziehung …
Luca Pasquale Medici respektive Checco Zalone ist zu Beginn der Handlung ein Taugenichts und Drückeberger, wie er im Buche steht. Dass der trotz seiner Selbstgefälligkeit als Sympathieträger taugt, liegt zu großen Teilen an der genüsslichen Spielweise des italienischen Entertainers (sowie an der kongenialen Synchronisation): Checco weiß, was für ein schmieriger Typ er ist. Mit breitem Grinsen erklärt er über seinen Schreibtisch hinweg seinen Mitbürgern, dass es ja keine Bestechung sei, wenn sie ihn aus Dank für die ausgestellten Lizenzen mit Lebensmitteln überhäufen. Er erklärt in einem fröhlichen Singsang, dass er Miete spart, weil er noch bei Mama lebt. Und wenn er von seinem ach-so-anstrengenden Fahrweg zur Arbeit spricht, dann blitzt in seiner Stimmlage Ironie auf sowie ein Hauch von Unglauben, als würde er denken: „Habe ich gerade tatsächlich über den Steinwurf von Pendelstrecke gejammert?“
Hinzu kommt, dass Checco zwar ein Egoist ist, dabei aber eine gewisse Gutmütigkeit bewahrt hat: Er ist zwar ein Verantwortungsallergiker und zuweilen unbequem, jedoch schadet er niemandem willentlich. Er ist nur auf lachhafte Weise davon besessen, es sich selbst besonders gemütlich zu machen – und verdient sich in seiner Impertinenz sogar etwas Respekt. Wenn sich die keifende Gesundschrumpfungsbeauftragte Sironi daran ergötzt, wie unmöglich und demütigend die nächste Stelle doch sei, die sie Checco aufbrummt, reagiert dieser stets entspannt und findet in jedem Posten etwas Gutes. So wandelt sich aus der grotesken Karikatur des unausstehlich faulen Beamten schnell ein Vorbild dafür, wie sich Arbeitnehmer das Beste aus ihrem Job ziehen können, während herrische Vorgesetzte einem immer neuen Steine in den Weg legen. Checcos Charakterwandel hin zum fürsorglichen und umsichtigen Zeitgenossen skizziert das Drehbuch im weiteren Handlungsverlauf derweil sprunghaft – zieht daraus aber auch wieder einen Gag: Nimm den Italiener raus aus dem heißen Süden, steck ihn in den kühlen Norden, schon wird er ein besserer Mensch.
Ein komödiantischer Rundumschlag
Die von Regisseur Gennaro Nunziante routiniert abgefilmte, teils nach 90er-Fernsehfilm aussehende Komödie feuert ihre Lachsalven im Laufe ihrer knackigen Spielzeit einmal quer in alle Richtungen. Vor allem nehmen die Filmemacher sich und ihre Landsleute auf dem Arm: Übertriebenes Temperament. Italiener sind verrückt nach ihrer Mutter. Sie sind unromantische Machos. Und Fußball kommt nicht ohne dramatische Schwalben aus. In diesen Gags steckt neben einem Hauch Selbstkritik stets auch ein freundliches Grinsen: Diese Macken haben Italiener nun einmal – und teils sind sie doch auch liebenswürdig, etwa, wenn Zalone durchdreht, nachdem er in Norwegen miese Nudeln gegessen hat.
Insofern ist der Humor von «Der Vollposten» auch universell, da die Komödie zeigt, wie man im fremden Land zu schätzen weiß, was man in der Heimat für selbstverständlich genommen oder gar gehasst hat. Nebenher werden so auch Eigenheiten anderer Nationen durch den Kakao gezogen. Subtil sind diese Pointen nie, doch sie schwanken zwischen cleverer Überzeichnung (etwa bezüglich der Obstpreise in Norwegen) oder dreist ausgelebtem Klischee (natürlich gibt es in Afrika Kannibalen, und selbstredend fasst der Held ihnen seine Lebensgeschichte zusammen). Die Logik des Ganzen sollte man als Zuschauer nicht zu sehr hinterfragen, und der eine oder andere Rohrkrepierer sorgt für kleine Durststrecken in diesem Feuerwerk aus Kalauern, Wortspielen und comichafter Situationskomik. Begleitet von einem humorvollen Soundtrack (inklusive hochironischer Lobeshymne auf Italien) und gestützt durch die erfrischend unkitschige Romanze zwischen Zalone und Eleonora Giovanardis Valeria ulkt sich «Der Vollposten» jedoch gekonnt durch seine humorigen Dürreperioden. Der Schluss ist zwar arg aufgesetzt, für höchstvergnügliche Kinomomente ist die mit manch peinlichen CG-Effekten bestückte Komödie trotzdem allemal zu haben.
Fazit: Auch wenn «Der Vollposten» nach einem verstaubten Fernsehfilm aussieht, ist der italienische Kassenschlager alles andere als dröge: Mit viel Selbstironie feuert diese Komödie ein Feuerwerk der Kalauer und Situationskomik ab – herrlich albern und mit einem Hauch von Hintersinn.
«Der Vollposten» ist ab sofort in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel