Cast & Crew
Produktion: RBA, 343 Incorporated, MGMT, Entertainment FXP
Schöpfer: Donald Glover
Darsteller: Donald Glover, Brian Tyree Henry, Keith Stanfield, Zazie Beetz u.v.m.
Executive Producer: Donald Glover, Dianne McGuingle und Paul SimmsEs war abzusehen, dass FX langfristig versuchen würde, aus seinem durchschlagenden Avantgarde-Hit «Louie» weiteres Kapital zu schlagen, indem man ähnlich gelagerten Stoffen eine Bühne bietet. Die beiden Neustarts «Better Things» und «Atlanta», deren inhaltliche Nähe zu Louie C.K.s ambitionierter Neuerfindung der halbstündigen Serie unverkennbar ist, sind sich stilistisch dabei so ähnlich, dass
das amerikanische Fachblatt „Variety“ sie in einem Text rezensierte.
Auch wenn beide Serien nicht nur komödiantisch zu überzeugen wissen, sondern zumindest in ihren bisher gesendeten Folgen die Halbstünder-Innovationen von Louis C.K. und Aziz Ansari gekonnt weiterspinnen, scheint «Atlanta» das interessantere, relevantere Format der beiden zu sein.
In seiner Rolle als Earn Marks (eindeutig ein sprechender Name) sitzt der aus «Community» bekannte Hauptdarsteller (und Serienschöpfer) Donald Glover zwischen allen Stühlen: Marks verbrachte einige Zeit an der renommierten Princeton University, brach das Studium aber ab. Anstatt wie seine ehemaligen Kommilitonen zielstrebig Millionengehältern entgegen zu studieren, haust er bei seiner Ex-Freundin, mit der er ein Kind hat, schnorrt seine Eltern um Geld an und verbringt die Tage damit, sich bei seinem Cousin, einem rappenden Drogendealer mit hohen Zielen, Cornflakes reinzuschaufeln. Marks bleibt nicht nur ein wenig hinter den Erwartungen an seine Intelligenz und seine damit verbundenen wirtschaftlichen Möglichkeiten zurück – er steht mit einem Bein in der Obdachlosigkeit und führt ein Leben, das sich primär dadurch auszeichnet, jedweder Verantwortung konsequent aus dem Weg zu gehen.
Marks ist klar, dass fundamentale Veränderungen anstehen. Doch «Atlanta» entscheidet sich gegen den einfachen Weg, mit seiner Figur ein verspätetes Coming-of-Age-Drama zu erzählen und sie sukzessive aus ihrem verkorksten Peter-Pan-Syndrom zu führen. Stattdessen bildet die Serie weitgehend wertungsfrei, dafür aber konsequent (und stimmig) komödiantisch überspitzt das Spannungsfeld der Erwartungen ab, denen Marks ausgesetzt ist und die er entweder ablehnt oder denen er (wenn auch auf nicht selten eher verkorkste Weise) zu entsprechen versucht.
Natürlich steht diese Figur für eine ganze Gesellschaftsschicht, jene Generation Y, die
einfach nicht konsumiert, die in wirtschaftlichen Unsicherheiten existieren muss, die vorherige Generationen auf die Barrikaden getrieben hätten, und es, aus dem nicht minder sinnigen Blickwinkel der Gnade der späten Geburt, doch so gut hatte wie keine zuvor, die traditionellen Lebensformen nicht per se ablehnend, aber doch zumindest abwartend gegenübersteht.
Was diese Serie besonders gut macht: Sie will nicht mehr sein als es kein kann. «Atlanta» weiß um die gesellschaftlichen Umstände, in deren Kontext man sie lesen wird – mit ein schwarzen Südstaatlern als Hauptfiguren erweitert man diesen wohlgemerkt noch um zahlreiche Spannungsfelder, – verwehrt sich aber einer zu allegorischen, zu allgemeingültigen Erzählweise. Die spezifischen Figuren stehen narrativ im Vordergrund – und gerade dadurch werden sie exemplarisch.
Von amerikanischen Kritikern bereits als einer der besten Neustarts der Season ausgerufen, ist «Atlanta» stimmig erzählt, witzig, innovativ – und noch dazu mit dem hervorragenden Cast um Hauptdarsteller Donald Glover erstklassig besetzt. «Louie» hat würdige Line-Up-Kollegen gefunden.
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