Die glorreichen 6: Kleinode der heutigen Science-Fiction (Teil IV)
Sechs Filme aus diesem Jahrtausend. Sechs Formen der Science-Fiction. Sie alle haben gemeinsam: Es sind starke Werke abseits großer Hollywood-Franchises. Dieses Mal: «The Signal».
Die Story
«The Signal»
FSK: 12
Laufzeit: 95 Min.
Kamera: David Lanzenberg
Musik: Nima Fakhrara
Autor: Carlyle Eubank, William Eubank, David Frigerio
Die Collegestudenten und Computerfreaks Nic (Brenton Thwaites) und Jonah (Beau Knapp) sind gemeinsam mit Nics Freundin Haley (Olivia Cooke) auf einem Trip durch den Südwesten der USA, als sie ein Signal ihres geheimnisvollen Hacker-Rivalen Nomad aufspüren. Ihre Suche führt sie in eine abgelegene, einsame Gegend Nevadas. In einem verfallenen Haus mitten im Nirgendwo glauben sie, Nomad gefunden zu haben, doch plötzlich wird Haley entführt und Jonah und Nic verlieren das Bewusstsein. Als Nic erwacht, befindet er sich offenbar in einem von der Außenwelt isolierten Forschungslabor. Er weiß nicht, was mit seinen Freunden passiert ist, und muss sich den unangenehmen Fragen eines mysteriösen Mannes (Laurence Fishburne) stellen. Was zuerst wie eine Verwechslung aussieht, wird für die drei Freunde schnell zu einem ausgewachsenen Albtraum.
Die Themen
«The Signal» reißt in seinen eineinhalb Stunden Lauflänge unterschiedliche Themen an, die seit dem Jahr 2014 alle an gesellschaftlicher Wertigkeit zugenommen haben oder in gewisser Weise gar Realität geworden sind. So wird die Geschichte dadurch in Gang gesetzt, dass die Dreierclique aus Freunden von einem Hacker verfolgt wird. Weltweite Vernetzung und die Gefahren selbiger waren schon immer Bestandteil des modernen Sci-Fi-Kinos; im Falle von «The Signal» stellte der Zustand der Überwachung indes kein allzu futuristisches Moment mehr dar. Auch die Herstellung hochmoderner Prothesen wird in den Handlungskontext eingebunden, als dem im Rollstuhl sitzenden Nic künstliche Beine anmontiert werden. Auch diese reichen (bis auf eine Ausnahme, die wie an dieser Stelle nicht spoilern möchten) an den Standard heran, der heute bei Prothesen verwendet wird. Die Tatsache, dass zur Herstellung selbiger jedoch nicht irdische Bestandteile verwendet wurden, bringt diesen Faktor wieder in einen Sci-Fi-Kontext, der die Existenz außerirdischer Lebensformen hinterfragt und bestätigt. Dasselbe gilt für die Hinterfragung der Realität an sich und wo die Grenze zwischen künstlicher Intelligenz und echtem Leben verläuft.
Die 6 glorreichen Aspekte von «The Signal»
Fast jeder Science-Fiction-Film baut auf das sogenannte High Contept. Es zwingt den Zuschauer dazu, sich der ihm gebotenen Prämisse anzunehmen, ohne dabei die Hintergründe genauer zu hinterfragen respektive überhaupt hinterfragen zu müssen. Man soll es nehmen, wie es kommt. Nur so offenbart sich dem Filmemacher ein viel breiteres Spektrum an Thematiken, dessen er sich bedienen kann. Vor allem das Sci-Fi-Genre bildet dafür das perfekte Beispiel. Zumeist ohne Rücksichtnahme auf physische Grundgesetze kann sich das Publikum dennoch auf das ihm vorgesetzte Szenario einlassen. Logiklöcher im Rahmen dieser sich selbst aufgestellten Regeln sollten dennoch vermieden werden. «Love»-Inszenator William Eubank dehnt in seinem zweiten Projekt «The Signal» seine sich selbst auferlegten Grundsätze munter aus. Dies beraubt seinem interessanten Werk jedoch keineswegs an Spannung; in seinem zunächst lethargisch anmutenden, zum Ende hin jedoch immer kraftvoller werdenden Low-Budget-Filmchen (zumindest an Hollywood-Standards gemessen), untermauert Eubank seinen Status als hoffnungsvoller Newcomer und lässt das Publikum ordentlich miträtseln, was es mit der Ausgangslage auf sich hat.
Dass der Regieneuling bei seiner zweiten Arbeit lediglich ein Budget von zwei Millionen US-Dollar zur Verfügung hatte, bekommt man vor allem in den ersten zwanzig Filmminuten zu spüren. Erzählerisch abwechslungsreich manövriert er seinen zum Großteil aus Youngstern bestehenden Cast durch allerhand Stimmungssequenzen, bedient sich am modernen Found-Footage-Stil und lässt visuell keine Zweifel aufkommen, dass er vor allem an der technischen Ausstattung sparen musste. Kein Hochglanz-Schnickschnack, kein CGI: Nahezu minimalistisch fängt Kameramann David Lanzenberg («Celeste & Jesse») die Szenerie ein. Der atmosphärischen Dichte tut dies keinen Abbruch, obgleich die vielen Zeitlupen, von denen «The Signal» im Laufe seiner rund 90 Minuten verdammt viele zu bieten hat, nicht zwingend hätten sein müssen. Imposant sind sie dennoch.
Nach dem stark an «Chronicle» erinnernden Opening lässt sich «The Signal» fortan in mehrere Teile splitten. Sind die drei Hauptfiguren erst einmal in der laborartigen Einrichtung gefangen, erinnert das Setting nicht mehr an die verwackelten Szenen der ersten zwanzig Minuten, sondern präsentiert sich hochstilisiert und perfekt durchdesignt. Die kahlen Räume, die Anzüge der unheimlichen Männer: Ab sofort dominieren die Farbe Weiß, klare Linien und abstrakte Formen das Geschehen. Joseph Kosinski lässt grüßen! Dies führt nicht nur dazu, dass den Figuren in dieser kargen Umgebung jeglicher Bezug zur Realität abhanden kommt, sondern auch, dass sich keinerlei Anhaltspunkte über den Sinn und Zweck dieser Einrichtung ergeben. Laurence Fishburne («Contagion») tut in seiner unnahbaren, fast mechanischen Rolle sein Übriges, um dem Zuschauer sämtliches Wohlgefühl zu rauben und seinen jugendlichen Schützlingen das Fürchten zu lehren. Zu diesen gehören Brenton Thwaites, der zuletzt in einer kleinen Rolle in «Maleficent» zu sehen war, Serienstar Olivia Cooke («Bates Motel») als dessen Freundin Haley sowie Beau Knapp, der in «Super 8» bereits in ähnlich gelagertem Stoff zu sehen war. Thwaites kommt dabei die wichtigste Rolle zu. Als gehbehinderter, stets auf Krücken angewiesener Hacker Nick, dessen Computerkenntnisse in einer tollen Eröffnungsszene eingeführt werden, kommen ihm nicht nur die meisten Sympathien zu, sondern lassen ihn auch auf Basis des Skripts den ausgefeiltesten Charakter mimen.
Im gesamten Verlauf von «The Signal» steigert sich das Tempo der Erzählung kontinuierlich und fast im Minutentakt, was schließlich auf ein Bombastfinale hinsteuert, das Fans des Genres endgültig auf seine Seite ziehen wird. Dabei bremst William Eubank das Geschehen immer wieder bewusst aus und lässt das Publikum sich an beachtlichen Slow-Motion-Sequenzen ergötzen. Dass derartige Spielereien auch unter den minimalistischsten Bedingungen funktionieren können, beweist einmal mehr David Lanzenberg. Der Kameramann versteht sein Handwerk so perfekt, dass er den nicht allzu hochwertig wirkenden Kameraaufnahmen durch geschickte Perspektiven und Lichtwechsel einen beachtlichen Pomp verleiht. Eines der besten Schlussbilder des modernen Science-Fiction-Kinos macht «The Signal» letztlich zu einem zwar ein wenig schwer in die Gänge kommenden, aber fulminant endenden Stück Sci-Fi-Geschichte. Trotz einiger, das Handeln der Jugendlichen betreffender Logiklöcher, die leider nicht mit dem eingangs erläuterten „High-Concept“-Konzept erklärt werden können, lassen sich die Ereignisse mit dem buchstäblich letzten Take rückblickend erklären. Nur ein in sich geschlossenes Skript bekommt dieses schwierige Unterfangen hin.
«The Signal» ist auf DVD und Blu-ray erhältlich. Darüber hinaus kann er via Amazon, Maxdome, Netflix, Wuaki, Videobuster, Videoload, Videocity und Sony gestreamt werden.
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