Seit zwei Wochen haben ARD und ZDF dank der Olympischen Spiele ein Abonnement auf starke Einschaltquoten. Die ganz großen Highlights jedoch sind eng verknüpft mit den Erfolgen der deutschen Sportler.
Allgemeine Info zu den Quoten
Die Erhebung der Olympia-Daten fällt nicht immer leicht, da ARD und ZDF gerne mal von Event zu Event springen. Deshalb bemüht sich die AGF darum, zeitnahe Übertragungen einer Sportart möglichst zusammenzufassen. Was dies bedeutet, sei am Beispiel von Christoph Hartings Goldwurf am Samstag kurz erläutert: Man hat hier sämtliche ZDF-Bilder von der Leichtathletik zwischen 15:15 Uhr und 18:15 Uhr zusammengefasst, was insgesamt 73 Minuten Sendematerial umfasst - und damit eben bei weitem nicht nur die Übertragung des Diskuswerfens.Ob und inwiefern die Performance der Olympischen Spiele Einfluss auf die Verhandlungen der öffentlich-rechtlichen Sender mit Discovery nehmen wird, ist bislang nicht überliefert. Die große Resonanz, die mit den nicht selten mehr als 16 Stunden umfassenden Livestrecken für ARD und ZDF in diesen Tagen einhergehen, dürften das Produkt Olympia aber gewiss nicht gerade weniger attraktiv machen. Selbst die schwächsten Übertragungen lagen nämlich konsequent weit über Senderschnitt, im Bestfall wurden sogar 30 Prozent Marktanteil und mehr erzielt - und das nicht selten in den besonders wichtigen Abendstunden, wenn traditionell die meisten Deutschen fernsehen. Ein kleiner, hoffentlich feiner Rückblick auf das mit einer gewissen Vorsicht zu genießende Quoten-Geschehen (siehe Infobox) zuletzt.
Geht es um Gold, ist Deutschland gebannt
Eine zentrale Beobachtung, die man aus dem beträchtlichen Zahlen-Wust extrahieren kann, ist die Korrelation zwischen deutschen Medaillen und besonders starken Einschaltquoten. Dies offenbarte sich insbesondere am vergangenen Dienstag, als zahlreiche aus deutscher Sicht äußerst spannende und erfolgsträchtige (Vor-)Entscheidungen anstanden. Mit Fabian Hambüchens Gold-Performance am Reck verzeichnete Das Erste angesichts von 7,38 Millionen Zuschauern bereits eine tolle Zuschauerzahl, die Finaleinzüge der Fußball-Damen (7,66 Millionen) sowie jener von Laura Ludwig und Kira Walkenhorst im Beachvolleyball (8,52 Millionen) lockten sogar noch mehr Menschen an - umso bedauerlicher für die großartig aufspielenden Mädels, dass ihr überraschend locker gewonnenes Finalmatch dann hierzulande erst um 5 Uhr nachts lief.
Mit 25,9 bis 30,5 Prozent konnten sich die Marktanteile hier schon so richtig sehen lassen, noch besser liefen aber die aus deutscher Sicht nicht minder erfolgreichen Übertragungen vom Bahnrad, Boxen und Turmspringen mit unglaublich starken 35,9 und 37,7 Prozent. Beim jüngeren Publikum begeisterten vor allem die beiden letztgenannten Events angesichts von 29,5 und 29,6 Prozent im besonderen Maße. Vergleichsweise moderat war hingegen die mit einer Gold- und einer Silber-Medaille aus sportlicher Sicht noch erfolgreichere Übertragung vom Kanu im Mittagsprogramm unterwegs, die bei 2,37 Millionen Interessenten "nur" auf 25,8 Prozent aller sowie 16,0 Prozent der jüngeren Konsumenten gelangte. Auf ähnlichem Niveau war am Donnerstag, den 11. August, auch der ebenfalls zu vergleichsweise früher Stunde gezeigte Ruderwettbewerb im Doppelvierer unterwegs, der auf 25,3 und 20,6 Prozent bei 2,83 Millionen kam - und sogar binnen kurzer Zeit dem Land gleich zweimal Gold bescherte.
Bogen- und Pistolenschießen werden zu Überraschungshits
Wie schnell sich die Nation für Sportarten begeistern lässt, konnte man in diesem Jahr ganz besonders gut am Schießen und Bogenschießen erkennen: Die deutschen Schützen ragten überraschend heraus und versammelten prompt ein üppiges Millionenpublikum für sportliche Leistungen, nach denen im Normalfall kaum ein Hahn kräht. Der erste große Schuss ins Glück gelang Monika Karsch am 9. August vor beeindruckenden 6,43 Millionen Zuschauern, womit Marktanteile von über 20 Prozent möglich waren - zwei Tage später legte Lisa Unruh mit einer weiteren Silber-Performance im Bogenschießen vor nun sogar 7,50 Millionen und gut einem Viertel des Gesamtpublikums nach. Da der Kleinkaliber-Wettbewerb, der Henri Junghänel schließlich sogar zu Gold führte, bereits ab 16 Uhr ausgestrahlt wurde, fiel die Reichweite mit 4,03 Millionen deutlich geringer aus - der Marktanteil beeindruckte mit 30,3 Prozent dafür aber umso mehr. Den letzten Schuss zu Gold gab schließlich am Samstag Christian Reitz mit der Schnellfeuerpistole ab - und erzielte damit auch die höchsten Marktanteile: Grandiose 38,5 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum sowie 30,4 Prozent der Jüngeren wurden ab 17:30 Uhr dank einer Sehbeteiligung von 5,06 Millionen erzielt.
Sehr respektabel fielen auch einmal mehr die Erfolge im Reiten aus: Gleich sechs Medaillen wurden erreicht, darunter immerhin zwei goldene von Michael Jung in der Vielseitigkeit sowie im Mannschaftsreiten der Dressur. Die ganz große Reitbegeisterung stellte sich dabei zwar nicht ein, doch in der Spitze wurden immerhin 5,08 Millionen Zuschauer erreicht, die Marktanteile lagen an guten Tagen bei etwa 20 bis 25 Prozent. Für ganz tolle Werte war auch der überraschende und anschließend sehr kontrovers diskutierte Olympiasieger im Diskuswerfen gut: Christoph Harting, Bronze-Sieger Daniel Jasinski und Co. kamen am 13. August zu recht früher Stunde ab 15:15 Uhr auf durchschnittlich 4,44 Millionen Zuschauer und herausragende 37,0 Prozent, am selben Abend gelangte Angelique Kerber noch zu später Stunde mit ihrem Finalmatch im Tennis auf 33,8 Prozent bei 5,56 Millionen Interessenten.
Golf tut sich noch schwer, Ringen läuft ordentlich
Nach satten 112 Jahren feiert in diesem Jahr Golf seine Rückkehr auf die olympische Bühne, muss aber beim deutschen Publikum ganz offensichtlich noch Überzeugungsarbeit leisten, denn trotz Martin Kaymer als deutschen Vorzeige-Golfer tat sich die Sportart noch vergleichsweise schwer: Im Bestfall sahen gut vier Millionen Menschen zu, nicht selten lagen die Marktanteile weit unter 20 Prozent - im Olympia-Kontext reicht das bereits, um eher als Enttäuschung zu gelten. Zudem erzielte man mit Golf die bis dato schwächste Zuschauerzahl, die überhaupt eine Übertragung vor Mitternacht verbuchte: Gerade einmal 1,52 Millionen sahen am vergangenen Mittwoch zu allerdings auch sehr früher Stunde um 12:40 Uhr zu, beim jungen Publikum war es die bisher einzige Übertragung mit einem nur einstelligen Marktanteil von 9,2 Prozent.
Dass es noch vor kurzem ernsthafte Bestrebungen gegeben hatte, die über eine Jahrtausende alte Tradition verfügende Sportart Ringen aus dem olympischen Programm zu werfen, lässt sich rein anhand der Einschaltquoten kaum nachvollziehen: Am Abend kamen die von ARD und ZDF gezeigten Kämpfe stets über die Marke von 20 Prozent, nachmittags waren sogar bis zu 28,2 Prozent möglich und auch beim jungen Publikum lief es mit in der Regel rund 20 Prozent zufriedenstellend. Badminton etwa tat sich da deutlich schwerer. Es sei allerdings auch darauf verwiesen, dass die Sender bisweilen auf sehr lange Sendestrecken beispielsweise beim Golf setzten, während das Ringen mit seinen kurzen Kämpfen quasi durchweg eher als kurze Randnotiz zwischen anderen Sportarten präsent war.
Die Top-Quoten: Beachvolleyball schon wieder ganz vorne
Top-Reichweiten bei Olympia
- Beachvolleyball Damen (Halbfinale, BRA-DEU): 8,52 Mio. (28,7% / 27,1%)
- Fußball Damen (Halbfinale, KAN-DEU): 7,66 Mio. (30,5 / 25,1%)
- Bogenschießen Damen: 7,50 Mio. (25,6% / 22,7%)
- Kunstturnen Herren (Reck): 7,38 Mio. (25,9% / 23,3%)
Vergleicht man die absoluten Top-Werte mit jenen der letzten olympischen Sommerspiele, tut sich eine erstaunliche Parallele auf: Zum zweiten Mal in Folge ist es (bislang) einzig dem Beachvolleyball gelungen, mehr als acht Millionen Menschen vor den heimischen Fernsehern zu versammeln - diesmal Laura Ludwig und Kira Walkenhorst im Halbfinale mit 8,52 Millionen, vor zwei Jahren Jonas Reckermann und Julius Brink im Rahmen ihres umjubelten Finalsieges mit immerhin 8,04 Millionen und etwas höheren Marktanteilen als diesmal. Auf dem ersten Blick erstaunlich: Nimmt man die Winterspiele von 2014 noch mit in die Rechnung, sind die absoluten Top-Reichweiten beinahe allesamt hier zu finden: Bis zu 9,22 Millionen (Rodeln) sahen zu und gleich mehrere Wettbewerbe lagen oberhalb oder knapp unterhalb der bei den Sommerspielen nur in absoluten Ausnahmefällen erreichten Acht-Millionenmarke. Bedenkt man aber, dass die Fernsehnutzung im Winter generell meist deutlich höher ausfällt als in den warmen Sommermonaten, lässt sich dieses Phänomen zu einem großen Teil auch darauf zurückführen.
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