Fast 20 Minuten früher als geplant endete am Sonntag «Der große RTL II-Promi-Kegelabend» - und das war noch der cleverste Schachzug einer zähen, belanglosen und künstlich aufgeblähten Live-Show, die sich in der Vita von Brainpool wohl eher als Schandfleck denn als Vorzeigewerk lesen wird.
Die Teams im Überblick
- Sarah Lombardi, Pietro Lombardi & Konny Reimann
- Mauro, Otto & Sükrü (aus «Der Trödeltrupp»)
- Eva, John & Matti (aus «Zuhause im Glück»)
- Carmen Geiss, Robert Geiss & Gregor Glanz (Schlagersänger)
- Roxi («RTL II You»), Felix («Extrem schwer») & Cyndie («Grip»)
- Alex, Diego & Jan (aus «Köln 50667»)
Die Lage von Brainpool war sicherlich schon einmal komfortabler als in diesem Jahr, wo man mit den diversen Raab-Events etliche große Fische verloren hat und die Neuauflage von «Popstars» zwar inhaltlich durchaus angenehm daherkam, jedoch völlig an den Bedürfnissen des Publikums vorbeiging. Das Produktionsunternehmen ist längst nicht mehr in der Position, sich seine TV-Projekte wirklich aussuchen zu können - womit bereits ein Erklärungsansatz gefunden wäre, warum man sich für den
«Großen RTL II-Promi-Kegelabend» hergab. Dieser erinnerte von der Grundkonzeption an die «TV total»-Events der Marke Stock Car, Turmspringen oder WOK-WM, aber eben wie eine in vielerlei Hinsicht hochnotpeinliche Billigversion derartiger Kult-Events. Nicht nur, dass man sich bei der Promi-Auswahl komplett auf die gewohnten Sendernasen verließ (siehe Infobox) - viel schwerer wog eigentlich, dass man für eine nominell auf beinahe vier Stunden Laufzeit ausgerichtete Show ein Konzept entwickelte, das auf einen Bierdeckel passt und ebenso dröge klingt, wie es sich in seiner finalen Umsetzung dann auch anfühlte.
Zunächst müssen die sechs Dreierteams in drei Einzeldisziplinen Punkte sammeln, wobei jeder Spieler in genau einer Runde an den Start geht. Die Herausforderungen lauten "Hohe Hausnummer", "Ansagen" und "Niedrige Hausnummer", in denen der jeweilige Promi immer dreimal kegeln muss und sich Punkte für das zweigeteilte große Finale angelt. Jenes "Grande Finale" besteht dann daraus, dass in zwei Spielrunden jedes der Sendergesichter nochmal je einmal versuchen darf, möglichst viele Kegel umzuhauen. Wer am Ende die meisten Punkte hat, gewinnt den Abend. Im Prinzip war es das.
Und so wahnsinnig viel mehr ist den Machern dann auch schon nicht mehr eingefallen, um dieses simple Konzept derart aufzufrischen, dass es annähernd genug Stoff für eine fast vierstündige Show hergibt. Das netteste Gimmick ist hier schon ein ein kleines "Tabu"-Spielchen mit Pietro und Sarah Lombardi mit (im weitesten Sinne) Kegelbegriffen, das jedoch derart inflationär eingestreut wird, dass es beim sechsten oder siebten Einsatz auch eher störend daherkommt. Und wenn ein Spieler keinen einzigen Kegel abräumt, muss er sich einer Strafe stellen. Kostprobe gefällig, in welche Richtung diese Bestrafungen gehen? Die Geissens und Gregor Glanz müssen drei Gegenstände auf ihren Tisch ablecken, was das Team "Köln 50667" auf den Plan ruft, sich selbst mit dem Tisch zu verbinden - in der Hoffnung, dass Carmen sie doch abschlecken möge. Angesichts dessen sammelt Frau Geiss alleine schon dadurch Sympathiepunkte, dass sie die Testosteronbomben abblitzen lässt und ihre "Bestrafung" so lustlos und fix wie möglich hinter sich bringt.
Dass sich die drei Spielrunden vor dem Finale beinahe über drei Stunden Sendezeit erstrecken, erstaunt trotz derartiger Unsinnigkeiten dann schon. Möglich macht dies zum einen die Idee, einfach nach jedem Wurf die Teams zu wechseln und den jeweiligen Wurf mit sinnentleertem Geplapper über... nunja, mehr oder minder überhaupt nichts zu "zelebrieren". Vor Wurf eins eines jeden Spielers gibt es überdies noch einen rund anderthalbminütigen Vorstellungsclip des jeweiligen Kandidaten zu bestaunen - was bei vielen auch dringend nötig erscheint bei jedem Zuschauer, der sich das Programm von RTL II nicht 24/7 zu Gemüte führt. Für Dynamik oder Abwechslungsreichtum sorgt dies aber natürlich nicht.
Wie sehr die Verantwortlichen beim Spannungsaufbau versagen, lässt sich ganz gut am Verhalten des Publikums ablesen, das dieses Martyrium in Winterberg im Sauerland über Stunden hinweg über sich ergehen ließ. Ist es in der Anfangszeit noch sehr lebendig und euphorisch, muss es sich zum Ende hin jeden kleinen Applaus aus seinen erschlafften Gliedern quälen und hockt überwiegend lethargisch dem Ende entgegen sehnend auf den Stühlen. Als der Spielablauf im Finale dann ein wenig flotter - wenngleich konzeptionell noch belangloser, da man nun ohne jede "Challenge" einfach nur noch drauf los kegelt - wird, ist der Zug schon abgefahren und die Sehnsucht nach einem Ende nicht mehr zu bändigen. Dem kommt man dann auch um kurz nach 23:50 Uhr überfrüht nach. Auch so etwas, was es unter einem Stefan Raab nicht gegeben hätte.
Dabei muss man die Raab-Events gar nicht in besonderem Maße glorifizieren: Ja, sie hatten am Ende ihre besten Zeiten schon lange hinter sich und versprühten kaum noch Charme, da sie nach all den Jahren zunehmend zur vorhersehbaren Routine verkommen waren. Aber so blutleer und arm an Höhepunkten waren die Raab-Formate dann eben doch nie - und wenn große Musikstars oder Raab selbst mit bombastischen Show-Einlagen für Auflockerung sorgen mussten, es tat eben irgendwer. Beim Promikegeln dagegen müssen 18 maximal durchschnittlich relevante Fernsehgesichter, ein solide, aber auch etwas gelangweilt wirkender Giovanni Zarrella und der sichtlich um irgendeine Form von Euphorie bemühte Kommentator Ron Ringguth ausreichen, um das Publikum durch den am härtesten umkämpften Abend der Woche zu führen. Ganz schön wenig irgendwie, zumal parallel dazu «Grill den Henssler» regelmäßig zeigt, wie man mit liebevoller und abwechslungsreicher Unterhaltung ein Millionenpublikum begeistern kann.
Wie hat Ihnen der «RTL II-Promi-Kegelabend» gefallen?
Im Vergleich dazu ist «Der große RTL II-Promi-Kegelabend» nicht mehr als der verzweifelte Versuch eines am Sonntagabend konzeptlosen Senders, in Zusammenarbeit mit einem im wirtschaftlichen Herbst befindlichen Produktionsunternehmen ein Konzept zu reproduzieren, das vornehmlich ProSieben kultiviert hat - und das stets ambitionierter, wenngleich nicht unbedingt immer inhaltlich gelungener. Zu dieser billigen, schlecht durchdachten und somit letztlich ebenso herz- wie kopflos wirkenden Liveshow-Kreation passt es dann wie die Faust aufs Auge, dass die Beteiligten fast ausschließlich aus sendereigenen Dokusoaps und Scripted Realitys stammen - die in der Mehrzahl auch nicht unbedingt im Verdacht stehen, ihrem Publikum besonders geistreiche und liebevolle Unterhaltung anzubieten. Ob es eingedenk dessen also traurig wäre, wenn es bei einem «Kegelabend» dieser Couleur bleiben sollte? Nein, das wäre es sicherlich nicht.
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
01.08.2016 10:25 Uhr 1
01.08.2016 14:03 Uhr 2
01.08.2016 16:07 Uhr 3
Die Quoten kannte ich ja heute Nacht noch nicht. Mal davon abgesehen, dass ich Quoten generell für nur mäßig aussagekräftig hinsichtlich inhaltlicher Aspekte halte.
Und ja, aber bei Raab wars doch eine etwas vielfältigere Auswahl statt eines reinen Schaulaufens der Senderprominenz.
Fohlen