Elton auf Abwegen: Der moppelige Moderator kooperiert dieses Mal mit dem NDR und präsentiert eine Quizshow, die in etwa so viele Überraschungen bietet wie eine Schulstunde und leider auch eine halbe Stunde länger geht.
Nach dem Abtreten Stefan Raabs aus dem Fernsehgeschäft und seinem Eintreten in den Ruhestand hat sich ein großes Vakuum in der deutschen Fernsehlandschaft aufgetan, in dem Fernsehmacher wie Zuschauer immer noch blind umherirren, in der Hoffnung, einen geeigneten Ersatz zu ertasten. Ob „Dauerpraktikant Elton“, gebürtig Alexander Duszat, diese Rolle füllen kann, muss sich noch zeigen. Die Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht. Schließlich war er einer der Monde, die den Raab Jupiter seit 2001 umkreiste (oder welche Metapher man auch immer für diese spezielle Arbeitsbeziehung verwenden möchte). Somit hat er eigentlich seine Schuldigkeit getan, um in den Moderatoren-Olymp aufzusteigen.
Trotz einiger Solo-Auftritte, bleibt es weiterhin schwer, sich den etwas übergewichtigen, schlurfenden Moderator mit dem verschmitztem Lächeln außerhalb des Raab-Universums vorzustellen. Wer ist dieser Mann? Wird er in Zukunft eigene Ideen entwickeln, die in ihrer Simplizität ähnlich erfolgreich und gewinnbringend sind, wie es Raab einst getan hat? Oder besitzt er diese Art von Ehrgeiz gar nicht? Und noch viel wichtiger: Was möchte er von uns? Unser Lachen? Unsere Anerkennung? Unsere Liebe? Unsere Seelen? Fragen, die er vor allem außerhalb von Hinterlassenschaften wie «Schlag den Star» oder die «Poker-Nacht» beantworten muss, um dauerhaft aus dem Schatten der Entertainment-Ikone heraustreten zu können.
Prominente vs. Lehrer, Elton vs. vitaler Moderationsstil
Wie jede Show, die heutzutage etwas auf sich hält, werden natürlich auch bei den «Superpaukern» Prominente eingeladen - Gestern Abend waren es die Schauspieler Christian Berkel, Stefanie Stumph, Wanja Mues und Florian Martens. Diese werden in den Schulfächern deutsche Sprache, Literatur, Erdkunde, Geschichte und Naturwissenschaften auf Herz und Nieren geprüft und gegen hochintelligente und wahrscheinlich hoch-integre Lehrer antreten. Das gewonnene Geld wird für einen guten Zweck gespendet. Ob diese Prämisse viel Neues in der Quiz- und Fernsehlandschaft bietet, ist eher zu bezweifeln und das ein oder andere Vorurteil sowie mangelnde Spannung auf das Gezeigte wäre nur zu verständlich.
Der Verlauf der Quiz-Sendung ist simpel und es geht zumindest zu Anfang zügig voran. Souverän (oder vielleicht auch gelangweilt) trägt Elton die Regeln des ersten Spieles vor, in dem einer der Kandidaten, der von der Gruppe gewählte Klassensprecher 30 Fragen in 90 Sekunden beantworten muss. Wanja Mues, der lebhafteste unter den Vieren, darf sich der Herausforderung stellen, an die Tafel gehen und sich von der 1. bis zur 13. Klasse vorarbeiten. Der Schwierigkeitsgrad der jeweiligen Frage ist auf das entsprechende Niveau der Schulklassen ausgerichtet, so ist eine Frage in der 1. Klasse natürlich einfacher zu beantworten als die Frage in der 13. Klasse. Dementsprechend gibt es für eine richtige Antwort in der 1. Klasse 100 Euro und in der 13. Klasse insgesamt 2500 Euro - wäre es doch einmal wirklich so gewesen. Bei einer falsch beantworteten bleibt der Kandidat sitzen, bei der zweiten falsch beantworten Frage noch einmal und beim dritten Mal… „Wird man Schauspieler“ unterbricht Wanja Mues den Showmaster Elton. Was schlagfertige Antworten angeht, schon einmal nicht die schlechteste.
Mues gewinnt tatsächlich 2500 Euro für seine Gruppe, von denen in den Folgerunden immer unterschiedliche Beträge gesetzt werden dürfen. Im folgenden werden Lehrer vorgestellt, gegen die die Kandidaten antreten dürfen: Ein Geschichtslehrer und Bundesvorsitzender des Bundesverbands der Geschichtslehrer Deutschlands, eine junge Grundschullehrerin für die Fächer Deutsch und Literatur, ein typischer Sportlehrer und ein Naturwissenschaftslehrer, den Elton wunderlicherweise Komplimente aufgrund seines Aussehens macht. Der Quizteil der Sendung bleibt relativ behäbig und alles hängt von der Dynamik und vom Charisma der Kandidaten ab. In diesem Falle handelt es sich um eine recht durchwachsene Gruppe: Während Wanja Mues und Florian Martens aufblühen, bleiben Stephanie Stumph und insbesondere Christian Berkel zumindest zu Beginn noch relativ zurückhaltend. Bei Berkel kann man sich vorstellen, dass er sich das ein oder andere Mal fragt, was er hier macht und wie er hier hin gekommen ist.
Von Schulnostalgie keine Spur
Für Abwechslung sorgen sollen die verschiedensten Intermezzos und Schulanekdoten mit und über die Kandidaten: Elton zaubert eines von Florian Martens Zeugnissen hervor, der zwar begabt sei, diese Begabung allerdings nie richtig eingesetzt habe, lieber 183 Mal verspätet zum Unterricht kam oder gar nicht erst erschien und 131 Mal keine Hausaufgaben vorzuzeigen hatte, in einem Schuljahr wohlgemerkt. Fotos von Stephanie Stumphs und Wanja Mues ersten Schultag mit kleinen Kindern und übergroße Schultüten werden gezeigt und sollen für weitere Erheiterung sorgen. Außerdem kramen die Showmacher ein Lehrerehepaar aus Christian Berkels Vergangenheit hervor, die nette Anekdoten von einer Klassenfahrt nach London und Zwiebelsuppen in Bierkrügen (!?) erzählen. Ein braves Quizvergnügen, das niemanden wehtut, aber sicherlich auch keine Fernsehrevolution anstrebt. Auch wenn man es als Kind nicht glauben wollte, und die Sportstunden mitten am Tag und völlig aus dem Kontext gerissen für unsinnig hielt, sorgt ein Sportsegment für etwas Schwung: Ein Sportlehrer muss in einem Klimmzugwettbewerb gegen einen Kandidaten antreten und wird letztendlich von Christian Berkel in seine Schranken gewiesen. Und tatsächlich wird allein dadurch die Sendung mit etwas Vitalität versorgt, die sich sogar auf den stilleren Berkel überträgt.
Eltons Moderation ist durchaus souverän, sein Programm führt er mit einem relativ straffen Regime. Selten versucht er jedoch auf die Quatschereien seiner Kandidaten einzugehen, und wenn er es tut, wirkt er ungelenk, wie ein Lehrer eben, der versucht witzig zu sein. Oftmals kann man sich als Zuschauer schwer entscheiden, ob er sich in der Gegenwart seiner prominenten Gäste einfach nur entspannt fühlt oder gelangweilt von dem Prozedere ist. Gelegentlich starrt er einfach nur mit dem halben Körper auf seinem Pult gelehnt und dem Blick nach unten gerichtet seine Fragen an. Wer auf der nächsten Dinnerparty mit trivialen Antworten zu Fragen glänzen möchte wie: „Die Quersumme welcher geschichtlich bedeutenden Jahreszahl ergibt 11?“ oder „Was war der Auslöser der Meuterei auf der Bounty?“ wird hier immerhin mit reichlich Munition versorgt. Nostalgische Gefühle für die Schulzeit wollten trotz aller Bemühungen gestern damit allerdings nicht wieder hochkommen. Die Sendung ist insgesamt so spannend wie ein Klassenbuch, obwohl auch das gelegentlich den ein oder anderen kuriosen Eintrag zu bieten hatte.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
31.07.2016 16:03 Uhr 1
31.07.2016 16:08 Uhr 2
Die Show war/ist übrigens wesentlich besser, als uns dieser seltsame Kommentar weismachen will!