RTL hat noch lange nicht genug: Trotz «Dschungelcamp» und «Big Brother» sowie unzähligen anderen C-Promi-Paraden erfreut man uns ab heute mit einem weiteren Format. 7 Promipaare 13 Tage lang in einem Haus in Portugal. Für wen es wohl schlimmer wird? Die Stars oder die Zuschauer? Die Antwort jetzt hier in der Live-Kritik.
Irgendwo zwischen Autohauseröffnung, «Promidinner», Dokusoap und der letzten Ausfahrt «Dschungelcamp» liegt heutzutage die Wahrheit deutscher C- bis Z-Prominenz. Dem einen oder anderen kann das durchaus einen kleinen Karriereschub verleihen und für eine gewisse Zeit Interesse sichern. Danach folgt jedoch meist das nächste Loch – oder die nächste letzte Ausfahrt.
Dachte man sich auch bei RTL, als ein Ersatz für das letztjährige (einmalige) und leicht verunglückte «Sommer-Dschungelcamp» gesucht wurde. Sommer blieb Sommer, der Dschungel wurde zu einer Villa in Portugal und das irreführende Label
Stars durfte natürlich ebenfalls nicht fehlen – fertig war die Erfolgsformel für vier Wochen Fremdschämen in praller Sonne. Genau hier liegt übrigens auch der einzige Kniff gegenüber dem Versuch aus 2015: Statt deutscher Wettertristesse darf man sich zumindest im Fernsehen am Sommer erfreuen. Ob das zieht? Und wer weiß: Vielleicht qualifiziert sich ja auch ohne offiziellen Contest jemand für die Reise nach Australien…
Das Horrorhaus im Ferienparadies
Eine Villa in Portugal – klingt erstmal gar nicht verkehrt. Leider verzichtete RTL jedoch auf jeglichen Luxus und setzte eher auf rustikalen Charme, Möbel aus Großmutters Zeiten und Hochbetten. Achja: Ungeziefer darf bei RTL natürlich im Kontext mit Stars auch nicht fehlen.
Auch das Reglement macht einiges zunichte. Den Stars fehlen Rückzugsmöglichkeiten, einige Paare müssen sich gar ein Zimmer teilen. Von Intimität also keine Spur. Handys, Fernseher oder Computer sparte man sich ganz und übergab die Führung des Haushalts direkt in die kompetenten Hände der Stars – eine Mutter der Kompanie würde sich doch sicher finden lassen?
Dass das Geschehen rund um die Uhr von Kameras beobachtet wird ist Ehrensache. Und wenn mal Langeweile einkehrt, stehen spannende Spiele an, die die Beziehungen untereinander und auch der einzelnen Paare auf die Probe stellen sollen.
Am Ende darf sich ein Paar mit dem Titel „DAS Promipaar 2016“ schmücken und bis zu 100.000 Euro mit nach Hause nehmen. Bis es soweit ist muss pro Sendung ein Paar die Show verlassen (Nominierungen inklusive). Soweit die Theorie. Die Sendung wurde übrigens bereits vergangenen Monat aufgezeichnet und wird den Zuschauern nun in vier Happen als Ministaffel serviert.
Von kleinen und großen Kindern
In Sachen Moderation ließ man ausnahmsweise mal Daniel Hartwich pausieren – und auch Sonja Zietlow ist weit und breit nicht zu sehen. Dafür wählte man den sympathischen und eher unverbrauchten 36jährigen Malte Arkona, der vielen besonders durch seine Moderation des «Tigerentenclub» (2002-2008, seit 2014) bekannt sein dürfte. Doch ist der gebürtige Hannoveraner und Sohn eines Musikers auch Kinderbuchautor, Musical- und Theaterdarsteller, Synchron- und Hörspielsprecher sowie Moderator oder Gastgeber für Events, Musikveranstaltungen oder Interviews. Arkona ist definitiv ein Multitalent und darf sich hier nun einem größeren Publikum präsentieren. Mit der Kombination liebenswerter Schwiegersohn trifft auf Trash TV trafen sowohl RTL wie auch er sicherlich eine riskante Entscheidung. Arkona wird die Show jedoch durchaus als Chance verstehen - und im Zweifel kennt er sich mit Kindsköpfen ja auch bestens aus.
Kasalla, Klunker, Tragik & Theater
Man kann RTL sicher so Einiges vorwerfen – ganz sicher aber nicht, dass man dort keine explosiven Charaktere casten würde. Und da es dem Format in fast jeder Hinsicht an Alleinstellungsmerkmalen mangelt, ging man zumindest bei den Teilnehmern in die vollen und ergänzte die Stars durch ihre aktuellen Lebenspartner. «Promi-Big Brother» mit Gatten also.
Mit Kult-Fußballtrainer Thorsten Legat und seiner Frau Alexandra ging man direkt auf Nummer sicher, hatte Legat doch maßgeblich zum Gelingen des letzten «Dschungelcamps» beigetragen und wird auch jetzt sicher noch weitere Stilblüten in petto haben. In Boxlegende René Weller samt Frau Rosemarie holte man gleich noch den nächsten meinungsstarken Kopf dazu. Ob es zwischen Legat und Weller krachen wird?
Aufgrund der guten Erfahrungen im Konkurrenzformat «Big Brother» lud man
Sternenhimmel-Sänger Hubert Kah und seine Partnerin Ilona Magyar zur Show ein. Vielleicht reicht es ja diesmal für den Sieg?
Aus dem Bereich
Schöngeister, die mit den schwierigen Bedingungen hadern werden verpflichtete man Schauspieler Rocco Stark und Ex-«Bachelor»-Kandidatin Angelina Heger (die auch schon am Dschungel verzweifelt war), den hippen TV-Makler Alexander Posth und seine Ehefrau Angelina sowie für den Glamourfaktor noch Xenia Prinzessin von Sachsen und ihren Freund Rajab Hassan. Als kleine Geste gegenüber VOX durfte schließlich auch noch der aus «Goodbye Deutschland» bekannte
Currywurstmann Chris Töpperwien mit seiner Frau Magdalena Kalley teilnehmen.
Hin und her, es ist nicht schwer
Nach einem kleinen Vorgeschmack in Form verschiedener Szenen ging es erstmal an die Präsentation der Paare. Zuhause, bei Anreise und bei Ankunft in der Villa. Die sympathisch-herben Legats (aus dem Stand unzufrieden mit der Gesamtsituation und auf Kasalla gebürstet), die kauzigen Kahs (mit einer einleuchtenden Rollenverteilung), die selbstbewussten Wellers (Boxen und Botox klingt ja sogar recht ähnlich), Sunnyboy und Sunnygirl Rocco und Angelina (die Herrn Posth zufolge eigentlich gar kein Paar sind), sowie die eher unscheinbaren Duos Töpperwien/Kalley (unfassbar verliebt und bestens eingespielt), die Posths ("Ich bin wirklich Immobilienmakler!") und die Prinzessin samt Freund (überraschend bodenständig und unaufgeregt). Klare Sache: Hier zeigten sich schon früh eindeutige Favoriten. Kalkül? Bestimmt.
Mitten im Kennenlernen wechselte man dann abrupt zum ersten Spiel - und nach gut einer Stunde somit auch erstmals zu Moderator (oder wie RTL ihn nennt: Spielleiter) Malte Arkona. Etwas verwirrend, dass man den Paaren nicht erstmal die Chance zum Beschnuppern und Einleben gab und aus dem distanzierten Beobachten mitten in den Gameshowmodus wechselte.
Der Rest der ersten Ausgabe bot die ganze Palette dessen, was man erwarten durfte: Abendliche Streitereien, großes Laientheater (herzliche Grüße an Rocco und Angelina), Drohgebärden (natürlich Legat), Friedenspfeifen, Missverständnisse und noch viel mehr Gameshowfieber. Hierbei fiel auf, dass einiges doch eindeutig vom «Dschungelcamp» inspiriert war - nur in weniger spaßig und nicht so epischer Form. Auch hier also keine Überraschungen.
Wirklich entscheiden konnte sich das Format zudem nicht, was es eigentlich sein will. Vermutlich irgendwie alles. Schade nur, wenn dann nichts davon wirklich zuende gedacht ist und alles nur als Mittel zum Zweck existiert ohne einen größeren Zusammenhang zu bedienen.
Malte Arkona machte seine Sache übrigens so weit möglich gut - zwischen all den Stars auf der Suche nach der nächsten Chance, sich ins rechte Licht zu rücken, wirkte der Moderator aber fast schon exotisch normal - und in den engen Fesseln seiner Jobbeschreibung leider auch mehr als austauschbar und blass. Vielleicht aber auch hier reines Kalkül, um die Extravaganzen der Hauptdarsteller nur noch mehr zu betonen? In jedem Fall erklärt seine nur dezente Einbeziehung in die Show die Titulierung Spielleiter - Stichwortgeber wäre sonst aber auch eine treffende Möglichkeit gewesen. Auch die Kandidaten lieferten, was man von ihnen erwartete. Hier ein wenig Drama, da heiße Küsse trotz Kameras, hier martialische Gesten, da Gezicke. Kasalla allerorten. Gut gemacht, RTL.
Fastfood-Alarm
Eigentlich ein starkes Stück: Mit «Das Sommerhaus der Stars» schlachtet RTL die ganze Palette vergleichbarer Formate aus - genau genommen jedes, das entweder RTL selbst im Portfolio hat oder diejenigen, bei denen keiner schnell genug eine Unterlassungsklage anstrengen konnte. In Stichpunkten: Eigene Ideen? Mangelware. Inszenierung? Routiniert. Promipaare? Kompetent gewählt. Vorhersehbarkeit? Hoch! Unterhaltungswert? Gerade noch vorhanden.
Wer seine Dosis Promischau mit Bauerntheater benötigt, macht vermutlich wenig falsch. Wer jedoch nicht immer wieder die gleiche vorhersehbare (Selbst-)Inszenierung sehen möchte, findet ganz sicher eine Alternative für die nächsten drei Mittwochabende.
Die erste Ausgabe aus dem Sommerhaus ist gelaufen - wie lautet das Urteil?
«Das Sommerhaus der Stars» läuft noch dreimal Mittwochabend jeweils ab 20.15 Uhr bei RTL.
Es gibt 6 Kommentare zum Artikel
14.07.2016 10:43 Uhr 4
Nein, es hat mich nicht unterhalten. Irgendwie scheint es bei diesen Formaten immer unheimlich wichtig zu sein, dass sich irgendwer fetzt. Und wenn man da nach 5 Minuten schon merkt, dass es nicht authentisch ist, weil entweder die Darsteller zu offensichtlich ihren Job machen, oder der Schneideraum sich die Finger wundgeschnibbelt hat, dann bin ich, als jemand der sowieso schon voreingenommen an so eine Sendung heran geht, recht fix auf einem anderen Kanal.
Heißt aber nicht, dass ich nicht ab und an mal wieder für ein paar Minuten in der Sendung hängen bleiben werde, um mein falsches Überlegenheitsgefühl zu kultivieren. :mrgreen:
14.07.2016 14:52 Uhr 5
14.07.2016 15:04 Uhr 6
Besonders das zweite Spiel, wo die Männer ran mussten, war so genial - Legat, Hubi oder Weller, ich lieg schon wieder am Boden wenn ich an deren Antworten bzw. die allgemeine Begeisterung für das Spiel denke
Schade das Rocco und diese Angie schon raus sind, die hätten die 3 weiteren Folgen noch enorm für indirekte Bespassung gesorgt, so ein Stresspotenzial was die beide verbreiten. Dafür hätten gern diese Currywurst-Schnarchnase oder der Hinterhof-Makler verschwinden können.