Infotainment geht auch in intellektuell. Das glauben Sie nicht? Unser Kolumnist hätte da ein Beispiel aus Amerika - noch dazu aus einer seriösen Nachrichtensendung.
Vergessen Sie einmal alles, was Sie über das politische System der Vereinigten Staaten wissen, und sehen Sie sich dieses Video an, ein Zusammenschnitt der Höhepunkte des republikanischen Vorwahlkampfs aus der «Rachel Maddow Show»:
Großartig, oder? Also das Ergebnis des politischen Prozesses (Donald Trump als Präsidentschaftskandidat) eher nicht, aber das komödiantischen Potential doch allemal. Wie Ben Carson versucht, Homosexuelle und Pädophile gleichzusetzen, sich aber nicht so richtig traut, weil ihn das sogar an weiten Teilen des rechten Randes unmöglich machen würde. Wie Lindsey Graham den Stand-up-Komiker gibt, aus dessen Vortrag die ehrliche Perplexität durchschimmert, gegen jemanden wie Ben Carson verloren zu haben. Und natürlich die Slapstick-Einlage des Jahres: der Versuch der ersten Garde der Republikanischen Partei, unfallfrei die Debattenbühne zu betreten.
Ich habe diesen Ausschnitt seit seinem Erscheinen vor ein paar Wochen bestimmt schon ein halbes Dutzend Mal gesehen. Immer wieder. Weil er gut unterhält und die amerikanische Reaktion auf den bisherigen Wahlkampf auf republikanischer Seite so grandios zusammenfasst: Diese Mischung aus Erstaunen und Entsetzen, aus Kopfschütteln und Kaputtlachen. Eine Late-Night-Show hätte keinen komödiantisch treffenderen Einspieler produzieren können, und eine Nachrichtensendung wahrscheinlich keinen informativeren. Infotainment geht auch in intellektuell. Quod erat demonstrandum.
17.06.2016 15:10 Uhr
Kurz-URL: qmde.de/86283
Julian Miller
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel