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Die Kritiker: «Ein Sommer auf Sizilien»

Das Herzkino verschlägt es am Sonntagabend in den Mezzogiorno. Ein Film, der dem melodramatischen Sendeplatz treu bleibt, und trotzdem angenehm kitschfrei erzählt.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Henriette Richter-Röhl als Sandra
Daniel Hoevels als Bruno
Sky du Mont als Reinhold Kerner
Giorgio Lupano als Vincenzo
Mirko Lang als Jens Brinkmann
Julia Nachtmann als Alma Brinkmann
Emilio De Marchi als Ludovico Veritas

Hinter der Kamera:
Produktion: Moviepool GmbH
Drehbuch: Michael Keusch
Regie: Michael Keusch
Kamera: János Vecsernyés
Produzentin: Bernadette Schugg
„Alles, was ich tu‘ und leiste, hat mit Wein zu tun“, fasst Hauptfigur Sandra (Henriette Richter-Röhl) ihr Leben zusammen.

Wenn Sie aus diesem Zitat und dem Filmtitel nun geschlussfolgert haben, dass das ZDF unter seiner Herzkino-Marke neuerdings Sozialdramen über süditalienische Alkoholikerinnen sendet, muss ich Sie enttäuschen. Denn Sandra hat kein gesundheitlich-soziales Problem mit Alkohol, sondern arbeitet seit vielen Jahren als Önologin. Ihre aktuelle Mission: Sie soll für den erfolgreichen internationalen Weinhändler Reinhold Kerner (Sky du Mont) einen sizilianischen Spitzenwein finden.

Leichter gesagt als getan, denn Sizilien gilt trotz eines umfangreichen Sortiments in der gehobenen Mittelklasse als Spitzenwein-Entwicklungsland. Reinhold und Sandra stehen kurz davor, den zwar sehr guten, aber bei weitem nicht exzellenten Wein des so schnöseligen wie stinkreichen Gutsbesitzers Vincenzo in ihr Sortiment aufzunehmen, als Sandra, angewidert von Vincenzos Avancen, zufällig auf dem einsamen Nachhauseweg in einem leicht heruntergekommenen Laden auf einen erstklassigen Rotwein stößt.

Um die Handlung auf eine weitere Stunde zu strecken, kommt es, wie es im Herzkino kommen muss: Bei einem Umweg über den Strand stößt Sandra auf einen heißen Schiffbrüchigen, den sie aus seiner Misere rettet und ins Krankenhaus bringt. In all dem Tumult hat sie die Flasche natürlich am Strand vergessen und kann sich nur noch so halb an das Etikett erinnern.

Während sie nun also alle Weingüter Siziliens nach dem edlen Stoff abklappert (Mit viel „Buongiorno“, „Scusa“ und „Grazie“), begibt sich der Schiffbrüchige auf die Flucht vor der Carabinieri, die ihn in ein Auffanglager stecken will. Denn der Mann spricht zwar akzentfreies Deutsch, was ihn auch für intellektuell schwerfälligere Herzkino-Cops als europäischen Staatsbürger erkenntlich machen dürfte, er kann sich aber an nichts mehr erinnern. Weder an seinen Namen noch an seinen – für Sandra später wesentlich wichtigeren – Beziehungsstatus. Er findet Zuflucht in einem alten Schuppen unweit des Strandes, wohin ihm Sandra hin und wieder ein paar Lebensmittel bringt, die sie auf dem schnuckeligen Wochenmarkt für ihn kauft. So oder so ähnlich beginnt schließlich jede große Romanze.

Sie werden erkannt haben: «Ein Sommer auf Sizilien» verströmt mit jeder Pore das Aroma des sonntäglichen ZDF-Herzkinos: einfach im Plot, schlicht im intellektuellen Anspruch. Die Prioritäten sind klar: Pittoresker Spielort geht vor Handlung, Sympathie vor Komplexität. Das kann man kritisieren: als doof, belämmert, eskapistisch, uninteressant, realitätsverzerrend.

Aber auch ein Kritiker der härteren Gangart wird diesem Film zumindest ein paar Aspekte zugutehalten können. Nämlich dass er seinen simplen melodramatischen Stoff mit einer gewissen Aufrichtigkeit erzählt, sich nicht so schmierig anbiedert. Dass er Charaktere auftreten lässt und nicht nur Stereotypen. Bei allem, was man dem Film vorwerfen kann: «Ein Sommer auf Sizilien» ist kein seelenlos heruntergekurbeltes Machwerk, sondern zeigt tatsächlich ein gewisses Maß an Herzblut, an Ambition, den schematischen Plot zumindest ohne allzu frappierenden Kitsch zu erzählen.

Wenn Henriette Richter-Röhl – was sie in diesem Film gerne tut – im Close-up ihr Näschen ins Weinglas hält, ist das auch für einen Herzkino-unaffinen Zyniker halbwegs erträglich. Die eskapistisch veranlagten Zuschauer werden es lieben. Und die, die sich über Filme wie diesen lieber lustig machen, werden ihm zumindest dafür Respekt zollen können, dass er sein Publikum ernst zu nehmen scheint und ihm immerhin einen zum größten Teil sinnigen Plot präsentiert. Mag er auch etwas fad im Abgang sein – das hier ist keine Tetra-Pak-Plörre.

Die narrativen Problemzonen kann derweil eine charmante Henriette Richter-Röhl gekonnt kaschieren, die in Rollen wie diesen wesentlich besser gefällt denn als bemüht griesgrämige Forensikerin am Vorabend. Und wer sich danach noch ein zweites Fläschen aufmachen will, dem sei mit «Sideways» das cineastische Standardwerk zu weinseligen Lebensweisheiten empfohlen.

Das ZDF zeigt «Ein Sommer auf Sizilien» am Sonntag, den 22. Mai um 20.15 Uhr.
21.05.2016 12:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/85719
Julian Miller

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Ein Sommer auf Sizilien Sideways

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Sentinel2003
21.05.2016 12:53 Uhr 1
Schade, das Henriette - Richter Röhl in der ZDF - Serie "Die Spezialisten" so eine sehr kurze Nebenrolle hatte, die dann auch schon nach 3 Folgen den Serientod sterben musste....
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